Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.der Eltern in Ansehung ihrer Kinder. offt weniger eine Beschimpffung ertragen, als eingrosser Herr, und ein Bauren-Mädgen stoltziert vielmal mehr in einem neuen paar Schuhe, neuen Rock, Schurtz, Gürtel, oder in seinem rothen, grünen, blauen Haar-Band als eine Königin in ihrem königlichen Pracht. Gehet ein solches das erstemal zu des HErrn Tisch/ so ist Mutter und Groß-Mutter beschäfftiget dasselbe zu putzen, zu tüchlen, oder den Kopff-Schmuck nach Land-üblicher Kirchen-Tracht aufzusetzen, mithin das Kind zu lehren, wie es sich bey der Heiligen Communion zu geberden habe, nicht anderst, als ob die Zubereitung zum Heiligen Abendmahl nur in solchen eiteln Aeusserlichkeiten bestünde. Jst nun das Kind hübsch getüchelt, so bezeuget die Mutter grössere Freude darüber als das Kind selber, und machet sich weiß nicht was für ein Glück und Ehre daraus. Da dann die Seele des armen Kinds durch dieses läppische Bezeigen dergestalten vergiff- tet und hingerissen wird, daß es sich um den Gött- lichen Glauben, um die Sinnes-Aenderung und das rechtschaffene Wesen, das in Christo JEsu ist, we- niger als nichts bekümmert; zumalen da es aus dem gantzen Betragen seiner Eltern den falschen Wahn fasset und behält, als ob eben das vor- nehmste Stück der Zurüstung zu des HERRN Tisch in der Land-gebräuchlichen äussern Tracht bestehe, weil daran die meiste Morgen-Stunden gewendet und nichts übrig gelassen werde zum Be- ten und Flehen, Winslen und Schreyen um die wahre Seelen-Vereinigung mit Christo und Be- sprengung mit seinem Blut, um die Versieglung mit K 5
der Eltern in Anſehung ihrer Kinder. offt weniger eine Beſchimpffung ertragen, als eingroſſer Herr, und ein Bauren-Maͤdgen ſtoltziert vielmal mehr in einem neuen paar Schuhe, neuen Rock, Schurtz, Guͤrtel, oder in ſeinem rothen, gruͤnen, blauen Haar-Band als eine Koͤnigin in ihrem koͤniglichen Pracht. Gehet ein ſolches das erſtemal zu des HErrn Tiſch/ ſo iſt Mutter und Groß-Mutter beſchaͤfftiget daſſelbe zu putzen, zu tuͤchlen, oder den Kopff-Schmuck nach Land-uͤblicher Kirchen-Tracht aufzuſetzen, mithin das Kind zu lehren, wie es ſich bey der Heiligen Communion zu geberden habe, nicht anderſt, als ob die Zubereitung zum Heiligen Abendmahl nur in ſolchen eiteln Aeuſſerlichkeiten beſtuͤnde. Jſt nun das Kind huͤbſch getuͤchelt, ſo bezeuget die Mutter groͤſſere Freude daruͤber als das Kind ſelber, und machet ſich weiß nicht was fuͤr ein Gluͤck und Ehre daraus. Da dann die Seele des armen Kinds durch dieſes laͤppiſche Bezeigen dergeſtalten vergiff- tet und hingeriſſen wird, daß es ſich um den Goͤtt- lichen Glauben, um die Sinnes-Aenderung und das rechtſchaffene Weſen, das in Chriſto JEſu iſt, we- niger als nichts bekuͤmmert; zumalen da es aus dem gantzen Betragen ſeiner Eltern den falſchen Wahn faſſet und behaͤlt, als ob eben das vor- nehmſte Stuͤck der Zuruͤſtung zu des HERRN Tiſch in der Land-gebraͤuchlichen aͤuſſern Tracht beſtehe, weil daran die meiſte Morgen-Stunden gewendet und nichts uͤbrig gelaſſen werde zum Be- ten und Flehen, Winslen und Schreyen um die wahre Seelen-Vereinigung mit Chriſto und Be- ſprengung mit ſeinem Blut, um die Verſieglung mit K 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0171" n="153"/><fw place="top" type="header">der Eltern in Anſehung ihrer Kinder.</fw><lb/> offt weniger eine Beſchimpffung ertragen, als ein<lb/> groſſer Herr, und ein Bauren-Maͤdgen ſtoltziert<lb/> vielmal mehr in einem neuen paar Schuhe, neuen<lb/> Rock, Schurtz, Guͤrtel, oder in ſeinem rothen,<lb/> gruͤnen, blauen Haar-Band als eine Koͤnigin in<lb/> ihrem koͤniglichen Pracht. <hi rendition="#fr">Gehet ein ſolches<lb/> das erſtemal zu des HErrn Tiſch/</hi> ſo iſt<lb/> Mutter und Groß-Mutter beſchaͤfftiget daſſelbe zu<lb/> putzen, zu tuͤchlen, oder den Kopff-Schmuck nach<lb/> Land-uͤblicher Kirchen-Tracht aufzuſetzen, mithin<lb/> das Kind zu lehren, wie es ſich bey der Heiligen<lb/> Communion zu geberden habe, nicht anderſt, als<lb/> ob die Zubereitung zum Heiligen Abendmahl nur<lb/> in ſolchen eiteln Aeuſſerlichkeiten beſtuͤnde. Jſt nun<lb/> das Kind huͤbſch getuͤchelt, ſo bezeuget die Mutter<lb/> groͤſſere Freude daruͤber als das Kind ſelber, und<lb/> machet ſich weiß nicht was fuͤr ein Gluͤck und Ehre<lb/> daraus. Da dann die Seele des armen Kinds<lb/> durch dieſes laͤppiſche Bezeigen dergeſtalten vergiff-<lb/> tet und hingeriſſen wird, daß es ſich um den Goͤtt-<lb/> lichen Glauben, um die Sinnes-Aenderung und<lb/> das rechtſchaffene Weſen, das in Chriſto JEſu iſt, we-<lb/> niger als nichts bekuͤmmert; zumalen da es aus<lb/> dem gantzen Betragen ſeiner Eltern den falſchen<lb/> Wahn faſſet und behaͤlt, als ob eben das vor-<lb/> nehmſte Stuͤck der Zuruͤſtung zu des HERRN<lb/> Tiſch in der Land-gebraͤuchlichen aͤuſſern Tracht<lb/> beſtehe, weil daran die meiſte Morgen-Stunden<lb/> gewendet und nichts uͤbrig gelaſſen werde zum Be-<lb/> ten und Flehen, Winslen und Schreyen um die<lb/> wahre Seelen-Vereinigung mit Chriſto und Be-<lb/> ſprengung mit ſeinem Blut, um die Verſieglung<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [153/0171]
der Eltern in Anſehung ihrer Kinder.
offt weniger eine Beſchimpffung ertragen, als ein
groſſer Herr, und ein Bauren-Maͤdgen ſtoltziert
vielmal mehr in einem neuen paar Schuhe, neuen
Rock, Schurtz, Guͤrtel, oder in ſeinem rothen,
gruͤnen, blauen Haar-Band als eine Koͤnigin in
ihrem koͤniglichen Pracht. Gehet ein ſolches
das erſtemal zu des HErrn Tiſch/ ſo iſt
Mutter und Groß-Mutter beſchaͤfftiget daſſelbe zu
putzen, zu tuͤchlen, oder den Kopff-Schmuck nach
Land-uͤblicher Kirchen-Tracht aufzuſetzen, mithin
das Kind zu lehren, wie es ſich bey der Heiligen
Communion zu geberden habe, nicht anderſt, als
ob die Zubereitung zum Heiligen Abendmahl nur
in ſolchen eiteln Aeuſſerlichkeiten beſtuͤnde. Jſt nun
das Kind huͤbſch getuͤchelt, ſo bezeuget die Mutter
groͤſſere Freude daruͤber als das Kind ſelber, und
machet ſich weiß nicht was fuͤr ein Gluͤck und Ehre
daraus. Da dann die Seele des armen Kinds
durch dieſes laͤppiſche Bezeigen dergeſtalten vergiff-
tet und hingeriſſen wird, daß es ſich um den Goͤtt-
lichen Glauben, um die Sinnes-Aenderung und
das rechtſchaffene Weſen, das in Chriſto JEſu iſt, we-
niger als nichts bekuͤmmert; zumalen da es aus
dem gantzen Betragen ſeiner Eltern den falſchen
Wahn faſſet und behaͤlt, als ob eben das vor-
nehmſte Stuͤck der Zuruͤſtung zu des HERRN
Tiſch in der Land-gebraͤuchlichen aͤuſſern Tracht
beſtehe, weil daran die meiſte Morgen-Stunden
gewendet und nichts uͤbrig gelaſſen werde zum Be-
ten und Flehen, Winslen und Schreyen um die
wahre Seelen-Vereinigung mit Chriſto und Be-
ſprengung mit ſeinem Blut, um die Verſieglung
mit
K 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |