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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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der Eltern in Ansehung ihrer Kinder.
gegen, so wird es ihnen zuletzt schon erleiden."
Mein Vater sagt von deinem Vater, (meine"
Mutter von deiner Mutter) er (sie) seye in seiner"
Jugend gar ein böser Bub (eine besonders lustige"
Dirne) gewesen, und habe die Sußigkeiten der"
Fleisches-Lüsten und Welt-Ergetzlichkeiten sich"
recht wohl zu Nutzen gemachet; jetzt mögen sie"
dirs nicht gönnen, daß du auch eine so gute"
Sache habest, die sie gehabt, und muthen dir"
zu, daß du itzt schon so witzig seyn sollest als ein"
alter Mann, (eine alte Frau,) das thuts nicht;"
jung und gesund läßt sich nicht in ein Bockshorn"
hinein zwingen; was nützt uns sonst die Jugend?"
wann wir alter werden, so wird sichs schon selbsten"
geben, daß wir eingezogener leben können. Zörne es"
nicht an mir: Es ist eine gemeine Rede unter den"
Leuten, dein Vater (deine Mutter) seye, GOtt"
behüte uns darvor! ein Pietist, (eine Pietistin)"
vor diesem seyen sie die lustigsten Welt-Kinder ge-"
wesen, jetzt wollen sie einsmal in den Himmel,"
anbey tadeln, hassen und verachten sie jederman,"
und ist ihnen niemand mehr gut genug, ob es"
schon eben so ehrliche und brave Leute gibt, als"
sie, und ist mit ihnen just nicht alles so Glas-"
lauter. Du bist zudem noch allzu unverständig,"
als daß du von solch hohen und wichtigen Din-"
gen urtheilen könntest. Jch kenne vornehme und"
weise Herren, die in der Welt weit herum gerei-"
set und die klügste Regenten auch Welt-Gelehr-"
te Männer gesprochen, mithin wissen was der"
Haber gilt; welche auch glauben, daß diese Sa-"
chen nicht so angehen können. Mein liebes"

"Hän-

der Eltern in Anſehung ihrer Kinder.
gegen, ſo wird es ihnen zuletzt ſchon erleiden.“
Mein Vater ſagt von deinem Vater, (meine“
Mutter von deiner Mutter) er (ſie) ſeye in ſeiner“
Jugend gar ein boͤſer Bub (eine beſonders luſtige“
Dirne) geweſen, und habe die Sußigkeiten der“
Fleiſches-Luͤſten und Welt-Ergetzlichkeiten ſich“
recht wohl zu Nutzen gemachet; jetzt moͤgen ſie“
dirs nicht goͤnnen, daß du auch eine ſo gute“
Sache habeſt, die ſie gehabt, und muthen dir“
zu, daß du itzt ſchon ſo witzig ſeyn ſolleſt als ein“
alter Mann, (eine alte Frau,) das thuts nicht;“
jung und geſund laͤßt ſich nicht in ein Bockshorn“
hinein zwingen; was nuͤtzt uns ſonſt die Jugend?“
wann wir alter werden, ſo wird ſichs ſchon ſelbſten“
geben, daß wir eingezogener leben koͤnnen. Zoͤrne es“
nicht an mir: Es iſt eine gemeine Rede unter den“
Leuten, dein Vater (deine Mutter) ſeye, GOtt“
behuͤte uns darvor! ein Pietiſt, (eine Pietiſtin)“
vor dieſem ſeyen ſie die luſtigſten Welt-Kinder ge-“
weſen, jetzt wollen ſie einsmal in den Himmel,“
anbey tadeln, haſſen und verachten ſie jederman,“
und iſt ihnen niemand mehr gut genug, ob es“
ſchon eben ſo ehrliche und brave Leute gibt, als“
ſie, und iſt mit ihnen juſt nicht alles ſo Glas-“
lauter. Du biſt zudem noch allzu unverſtaͤndig,“
als daß du von ſolch hohen und wichtigen Din-“
gen urtheilen koͤnnteſt. Jch kenne vornehme und“
weiſe Herren, die in der Welt weit herum gerei-“
ſet und die kluͤgſte Regenten auch Welt-Gelehr-“
te Maͤnner geſprochen, mithin wiſſen was der“
Haber gilt; welche auch glauben, daß dieſe Sa-“
chen nicht ſo angehen koͤnnen. Mein liebes“

“Haͤn-
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[175/0193] der Eltern in Anſehung ihrer Kinder. gegen, ſo wird es ihnen zuletzt ſchon erleiden.“ Mein Vater ſagt von deinem Vater, (meine“ Mutter von deiner Mutter) er (ſie) ſeye in ſeiner“ Jugend gar ein boͤſer Bub (eine beſonders luſtige“ Dirne) geweſen, und habe die Sußigkeiten der“ Fleiſches-Luͤſten und Welt-Ergetzlichkeiten ſich“ recht wohl zu Nutzen gemachet; jetzt moͤgen ſie“ dirs nicht goͤnnen, daß du auch eine ſo gute“ Sache habeſt, die ſie gehabt, und muthen dir“ zu, daß du itzt ſchon ſo witzig ſeyn ſolleſt als ein“ alter Mann, (eine alte Frau,) das thuts nicht;“ jung und geſund laͤßt ſich nicht in ein Bockshorn“ hinein zwingen; was nuͤtzt uns ſonſt die Jugend?“ wann wir alter werden, ſo wird ſichs ſchon ſelbſten“ geben, daß wir eingezogener leben koͤnnen. Zoͤrne es“ nicht an mir: Es iſt eine gemeine Rede unter den“ Leuten, dein Vater (deine Mutter) ſeye, GOtt“ behuͤte uns darvor! ein Pietiſt, (eine Pietiſtin)“ vor dieſem ſeyen ſie die luſtigſten Welt-Kinder ge-“ weſen, jetzt wollen ſie einsmal in den Himmel,“ anbey tadeln, haſſen und verachten ſie jederman,“ und iſt ihnen niemand mehr gut genug, ob es“ ſchon eben ſo ehrliche und brave Leute gibt, als“ ſie, und iſt mit ihnen juſt nicht alles ſo Glas-“ lauter. Du biſt zudem noch allzu unverſtaͤndig,“ als daß du von ſolch hohen und wichtigen Din-“ gen urtheilen koͤnnteſt. Jch kenne vornehme und“ weiſe Herren, die in der Welt weit herum gerei-“ ſet und die kluͤgſte Regenten auch Welt-Gelehr-“ te Maͤnner geſprochen, mithin wiſſen was der“ Haber gilt; welche auch glauben, daß dieſe Sa-“ chen nicht ſo angehen koͤnnen. Mein liebes“ “Haͤn-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/193>, abgerufen am 12.05.2024.