5) Wann du die Singe-Vögelein so gerne sie- hest und hörest, und vor Freuden aufhüpffest, so du eins in deinen Gewalt bekommst; O so dencke, wie du auch deinen Seligmacher erfreuen wer- dest/ wann du dich von seiner Liebe auch wirst fangen/ und seiner Seligkeit theilhafftig machen lassen. Es haben auch alle Chöre seiner geschicktesten Gesang-Vögeln, die er um seinen Thron her hat, eine unsägliche Freude, wann du ihnen zu- gesellet wirst: Ja wisse, daß auch ich mich unge- mein hertzlich freuen würde, wo diß arme Büch- lein so glückhafft und gesegnet seyn sollte, dich zum Dienst und Wohlgefallen deines und meines JE- su zu fahen.
6) Ziehe den Huth ab, neige und schäme dich vor jedem Singe-Vögelein/ das in seiner Unschuld geblieben, nie wider seinen Schöpffer gesündiget, und doch um Adams Fall und der Sünde willen so vieles Ungemach leiden muß. Dencke: "Die-" ses Vögelein ist seines Lebens bald nirgends si-" cher; doch thut es nichts, als daß es den GOtt" im Himmel preiset, Morgens frühe, den Tag hin-" durch, Abends spat, auch in der finstern Nacht," und in den dickesten Wäldern, wie die Nachti-" gal, die nicht auf den Ruhm der Menschen schauet," und es nicht achtet, ob die Menschen es hören" oder nicht, wann es nur nicht gehindert wird," seines Schöpffers Willen zu thun; und ich soll-" te zu seinem Lob träge seyn, da doch GOtt mich" zu einem vernünfftigen Menschen erschaffen, durch" seines Sohnes Tod erlöset, aus der Hölle in" den Himmel versetzet, und unzehlige Verheissun-" gen gethan."
7) Solle
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der Verfuͤhrung der Jugend.
5) Wann du die Singe-Voͤgelein ſo gerne ſie- heſt und hoͤreſt, und vor Freuden aufhuͤpffeſt, ſo du eins in deinen Gewalt bekommſt; O ſo dencke, wie du auch deinen Seligmacher erfreuen wer- deſt/ wann du dich von ſeiner Liebe auch wirſt fangen/ und ſeiner Seligkeit theilhafftig machen laſſen. Es haben auch alle Choͤre ſeiner geſchickteſten Geſang-Voͤgeln, die er um ſeinen Thron her hat, eine unſaͤgliche Freude, wann du ihnen zu- geſellet wirſt: Ja wiſſe, daß auch ich mich unge- mein hertzlich freuen wuͤrde, wo diß arme Buͤch- lein ſo gluͤckhafft und geſegnet ſeyn ſollte, dich zum Dienſt und Wohlgefallen deines und meines JE- ſu zu fahen.
6) Ziehe den Huth ab, neige und ſchaͤme dich vor jedem Singe-Voͤgelein/ das in ſeiner Unſchuld geblieben, nie wider ſeinen Schoͤpffer geſuͤndiget, und doch um Adams Fall und der Suͤnde willen ſo vieles Ungemach leiden muß. Dencke: „Die-“ ſes Voͤgelein iſt ſeines Lebens bald nirgends ſi-“ cher; doch thut es nichts, als daß es den GOtt“ im Himmel preiſet, Morgens fruͤhe, den Tag hin-“ durch, Abends ſpat, auch in der finſtern Nacht,“ und in den dickeſten Waͤldern, wie die Nachti-“ gal, die nicht auf den Ruhm der Menſchen ſchauet,“ und es nicht achtet, ob die Menſchen es hoͤren“ oder nicht, wann es nur nicht gehindert wird,“ ſeines Schoͤpffers Willen zu thun; und ich ſoll-“ te zu ſeinem Lob traͤge ſeyn, da doch GOtt mich“ zu einem vernuͤnfftigen Menſchen erſchaffen, durch“ ſeines Sohnes Tod erloͤſet, aus der Hoͤlle in“ den Himmel verſetzet, und unzehlige Verheiſſun-“ gen gethan.‟
7) Solle
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der Verfuͤhrung der Jugend.
5) Wann du die Singe-Voͤgelein ſo gerne ſie-
heſt und hoͤreſt, und vor Freuden aufhuͤpffeſt, ſo du
eins in deinen Gewalt bekommſt; O ſo dencke, wie du
auch deinen Seligmacher erfreuen wer-
deſt/ wann du dich von ſeiner Liebe auch
wirſt fangen/ und ſeiner Seligkeit theilhafftig
machen laſſen. Es haben auch alle Choͤre ſeiner
geſchickteſten Geſang-Voͤgeln, die er um ſeinen Thron
her hat, eine unſaͤgliche Freude, wann du ihnen zu-
geſellet wirſt: Ja wiſſe, daß auch ich mich unge-
mein hertzlich freuen wuͤrde, wo diß arme Buͤch-
lein ſo gluͤckhafft und geſegnet ſeyn ſollte, dich zum
Dienſt und Wohlgefallen deines und meines JE-
ſu zu fahen.
6) Ziehe den Huth ab, neige und ſchaͤme dich vor
jedem Singe-Voͤgelein/ das in ſeiner Unſchuld
geblieben, nie wider ſeinen Schoͤpffer geſuͤndiget,
und doch um Adams Fall und der Suͤnde willen
ſo vieles Ungemach leiden muß. Dencke: „Die-“
ſes Voͤgelein iſt ſeines Lebens bald nirgends ſi-“
cher; doch thut es nichts, als daß es den GOtt“
im Himmel preiſet, Morgens fruͤhe, den Tag hin-“
durch, Abends ſpat, auch in der finſtern Nacht,“
und in den dickeſten Waͤldern, wie die Nachti-“
gal, die nicht auf den Ruhm der Menſchen ſchauet,“
und es nicht achtet, ob die Menſchen es hoͤren“
oder nicht, wann es nur nicht gehindert wird,“
ſeines Schoͤpffers Willen zu thun; und ich ſoll-“
te zu ſeinem Lob traͤge ſeyn, da doch GOtt mich“
zu einem vernuͤnfftigen Menſchen erſchaffen, durch“
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/391>, abgerufen am 21.11.2024.
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