Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 9. Cap.
Zierde aller Tugend-Kleinodien einzuflechten und
zusammen zu knüpffen seye. Vergesset der Wor-
ten GOttes niemahls, da er klaget, daß des
Menschen Bosheit groß/ und dem Kna-
ben
von Geburt an ans Hertz geknüpffet/
auch das Tichten und Trachten des mensch-
lichen Hertzens nur böse seye immerdar
und von Jugend auf/
1 B. Mos. 6, 5. 8,
21. Sprüchw. 22, 15. Wollet ihr vor schwerem
Fall gesichert seyn, so schreibet das Gute alle<supplied>i</supplied>n GOtt,
alles Böse aber nur euch zu. Dann ich habe vie-
le gesehen, die sich über dem Guten gekitzelt, und
nicht geeilet haben, die Lob-Kräntze dem HErrn
JEsu, dem sie allein gehören, zu Füssen zu legen;
aber eben darum auch verdorben sind, und nicht ha-
ben zurecht kommen können.

Theuerste Kinder! Jhr seyd um und um mit
aussätzigen, gehäßigen und sehr gefährlichen Feinden
umringet: Hier will euch eine listige Jael mit al-
len ersinnlichen Complimenten und mit den höflich-
sten Liebkosungen in ihr Mord-Gezelt hinein locken;
und dorten die arge, eigennützige Delila im war-
men Schoos ihrer betrügerischen Schmeicheleyen
euch einschläffern: Trauet nicht, betet vielmehr den
Hüter Jsraels, daß er euch behutsam mache; zu-
mahlen da es nur gar zu bald geschehen, daß das
Gnaden-Leben ermordet; der Crantz der Nasirer-
schafft
verlohren, und man den Leuten zum Ge-
spött, dem Teuffel und der Sünde verächtlich, mit-
hin alle Hoffnung der Vorzügen und Herrlichkei-
ten, im Himmelreich zu schanden wird. Ach die
Raub-Mörder verstecken sich im Gebüsche, und die

Schlan-

Das 9. Cap.
Zierde aller Tugend-Kleinodien einzuflechten und
zuſammen zu knuͤpffen ſeye. Vergeſſet der Wor-
ten GOttes niemahls, da er klaget, daß des
Menſchen Bosheit groß/ und dem Kna-
ben
von Geburt an ans Hertz geknuͤpffet/
auch das Tichten und Trachten des menſch-
lichen Hertzens nur boͤſe ſeye immerdar
und von Jugend auf/
1 B. Moſ. 6, 5. 8,
21. Spruͤchw. 22, 15. Wollet ihr vor ſchwerem
Fall geſichert ſeyn, ſo ſchreibet das Gute alle<supplied>i</supplied>n GOtt,
alles Boͤſe aber nur euch zu. Dann ich habe vie-
le geſehen, die ſich uͤber dem Guten gekitzelt, und
nicht geeilet haben, die Lob-Kraͤntze dem HErrn
JEſu, dem ſie allein gehoͤren, zu Fuͤſſen zu legen;
aber eben darum auch verdorben ſind, und nicht ha-
ben zurecht kommen koͤnnen.

Theuerſte Kinder! Jhr ſeyd um und um mit
auſſaͤtzigen, gehaͤßigen und ſehr gefaͤhrlichen Feinden
umringet: Hier will euch eine liſtige Jael mit al-
len erſinnlichen Complimenten und mit den hoͤflich-
ſten Liebkoſungen in ihr Mord-Gezelt hinein locken;
und dorten die arge, eigennuͤtzige Delila im war-
men Schoos ihrer betruͤgeriſchen Schmeicheleyen
euch einſchlaͤffern: Trauet nicht, betet vielmehr den
Huͤter Jſraels, daß er euch behutſam mache; zu-
mahlen da es nur gar zu bald geſchehen, daß das
Gnaden-Leben ermordet; der Crantz der Naſirer-
ſchafft
verlohren, und man den Leuten zum Ge-
ſpoͤtt, dem Teuffel und der Suͤnde veraͤchtlich, mit-
hin alle Hoffnung der Vorzuͤgen und Herrlichkei-
ten, im Himmelreich zu ſchanden wird. Ach die
Raub-Moͤrder verſtecken ſich im Gebuͤſche, und die

Schlan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0452" n="434"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 9. Cap.</hi></fw><lb/>
Zierde aller Tugend-Kleinodien einzuflechten und<lb/>
zu&#x017F;ammen zu knu&#x0364;pffen &#x017F;eye. Verge&#x017F;&#x017F;et der Wor-<lb/>
ten GOttes niemahls, da er klaget, <hi rendition="#fr">daß des<lb/>
Men&#x017F;chen Bosheit groß/ und dem Kna-<lb/>
ben</hi> von Geburt an <hi rendition="#fr">ans Hertz geknu&#x0364;pffet/</hi><lb/>
auch <hi rendition="#fr">das Tichten und Trachten des men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Hertzens nur bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;eye immerdar<lb/>
und von Jugend auf/</hi> 1 B. Mo&#x017F;. 6, 5. 8,<lb/>
21. Spru&#x0364;chw. 22, 15. Wollet ihr vor &#x017F;chwerem<lb/>
Fall ge&#x017F;ichert &#x017F;eyn, &#x017F;o &#x017F;chreibet das Gute alle&lt;supplied&gt;i&lt;/supplied&gt;n GOtt,<lb/>
alles Bo&#x0364;&#x017F;e aber nur euch zu. Dann ich habe vie-<lb/>
le ge&#x017F;ehen, die &#x017F;ich u&#x0364;ber dem Guten gekitzelt, und<lb/>
nicht geeilet haben, die Lob-Kra&#x0364;ntze dem HErrn<lb/>
JE&#x017F;u, dem &#x017F;ie allein geho&#x0364;ren, zu Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zu legen;<lb/>
aber eben darum auch verdorben &#x017F;ind, und nicht ha-<lb/>
ben zurecht kommen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Theuer&#x017F;te Kinder! Jhr &#x017F;eyd um und um mit<lb/>
au&#x017F;&#x017F;a&#x0364;tzigen, geha&#x0364;ßigen und &#x017F;ehr gefa&#x0364;hrlichen Feinden<lb/>
umringet: Hier will euch eine li&#x017F;tige <hi rendition="#fr">Jael</hi> mit al-<lb/>
len er&#x017F;innlichen Complimenten und mit den ho&#x0364;flich-<lb/>
&#x017F;ten Liebko&#x017F;ungen in ihr Mord-Gezelt hinein locken;<lb/>
und dorten die arge, eigennu&#x0364;tzige <hi rendition="#fr">Delila</hi> im war-<lb/>
men Schoos ihrer betru&#x0364;geri&#x017F;chen Schmeicheleyen<lb/>
euch ein&#x017F;chla&#x0364;ffern: Trauet nicht, betet vielmehr den<lb/>
Hu&#x0364;ter J&#x017F;raels, daß er euch behut&#x017F;am mache; zu-<lb/>
mahlen da es nur gar zu bald ge&#x017F;chehen, daß das<lb/>
Gnaden-Leben ermordet; der Crantz der <hi rendition="#fr">Na&#x017F;irer-<lb/>
&#x017F;chafft</hi> verlohren, und man den Leuten zum Ge-<lb/>
&#x017F;po&#x0364;tt, dem Teuffel und der Su&#x0364;nde vera&#x0364;chtlich, mit-<lb/>
hin alle Hoffnung der Vorzu&#x0364;gen und Herrlichkei-<lb/>
ten, im Himmelreich zu &#x017F;chanden wird. Ach die<lb/>
Raub-Mo&#x0364;rder ver&#x017F;tecken &#x017F;ich im Gebu&#x0364;&#x017F;che, und die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schlan-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0452] Das 9. Cap. Zierde aller Tugend-Kleinodien einzuflechten und zuſammen zu knuͤpffen ſeye. Vergeſſet der Wor- ten GOttes niemahls, da er klaget, daß des Menſchen Bosheit groß/ und dem Kna- ben von Geburt an ans Hertz geknuͤpffet/ auch das Tichten und Trachten des menſch- lichen Hertzens nur boͤſe ſeye immerdar und von Jugend auf/ 1 B. Moſ. 6, 5. 8, 21. Spruͤchw. 22, 15. Wollet ihr vor ſchwerem Fall geſichert ſeyn, ſo ſchreibet das Gute alle<supplied>i</supplied>n GOtt, alles Boͤſe aber nur euch zu. Dann ich habe vie- le geſehen, die ſich uͤber dem Guten gekitzelt, und nicht geeilet haben, die Lob-Kraͤntze dem HErrn JEſu, dem ſie allein gehoͤren, zu Fuͤſſen zu legen; aber eben darum auch verdorben ſind, und nicht ha- ben zurecht kommen koͤnnen. Theuerſte Kinder! Jhr ſeyd um und um mit auſſaͤtzigen, gehaͤßigen und ſehr gefaͤhrlichen Feinden umringet: Hier will euch eine liſtige Jael mit al- len erſinnlichen Complimenten und mit den hoͤflich- ſten Liebkoſungen in ihr Mord-Gezelt hinein locken; und dorten die arge, eigennuͤtzige Delila im war- men Schoos ihrer betruͤgeriſchen Schmeicheleyen euch einſchlaͤffern: Trauet nicht, betet vielmehr den Huͤter Jſraels, daß er euch behutſam mache; zu- mahlen da es nur gar zu bald geſchehen, daß das Gnaden-Leben ermordet; der Crantz der Naſirer- ſchafft verlohren, und man den Leuten zum Ge- ſpoͤtt, dem Teuffel und der Suͤnde veraͤchtlich, mit- hin alle Hoffnung der Vorzuͤgen und Herrlichkei- ten, im Himmelreich zu ſchanden wird. Ach die Raub-Moͤrder verſtecken ſich im Gebuͤſche, und die Schlan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/452
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/452>, abgerufen am 21.11.2024.