Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Nachrede.
Schlange im Gras, und ist offt die Gefahr da am
grösten, wo man es am wenigsten geglaubet hätte.

Bittet JEsum, daß er euere Jugend-Hertzen
zu seiner Schul-Stuben machen wolle, gewöhnet
euch an ihne, und lernet seine Stimme kennen:
Dann es ist ein sehr betrübtes Ding, mit falschen
Stimmen betrogen zu werden; als welches einem
viele Jahre nachgehen, und ängstliche Plagen ver-
ursachen kan: Werdet darum rechtschaffene Säug-
Lämmer des Heylandes; dann wo dieses fehlet, so
lernet ihr seine Stimme niemahls kennen. Hat
er dem jungen Samuel dreymahl geruffen; ach
so ruffet er manchem wohl drey tausend mahl, daß
ers nicht wahrnimmt, Jrr-Wege einschlagt, im Ne-
bel wandelt und von Jerusalem sich immer wei-
ter entfernet, zwar nicht in seiner Einbildung, wohl
aber, welches schrecklich ist, in der That. Wie
viel ihr hingegen dem ersten Ruff gehorchen, die ha-
ben schon bey ihrem Leben und dann im Himmel
einen unbeschreiblichen Nutzen davon. Samuel
ward ein Anfänger der Propheten-Schulen, und
Maria eine Mutter des Heylands: Jener sagte:
Rede HERR! dann dein Knechthöret;
und diese antwortete: Siehe/ ich bin des
HErrn Magd/ mir geschehe/ wie du ge-
saget hast/
1 Sam. 3, 10. Luc. 1, 38. Ma-
chet ihrs auch also, so wird euer Heyl und Gnade
eben so groß seyn.

Ach daß junge Leute mehr den Alten als ihren
verkehrten Paßionen glaubten, und das thäten,
was sie im Alter wünschen werden, in der Jugend
gethan zu haben! Jugend-Sünden/ Alters-

Schmer-
E e 2

Nachrede.
Schlange im Gras, und iſt offt die Gefahr da am
groͤſten, wo man es am wenigſten geglaubet haͤtte.

Bittet JEſum, daß er euere Jugend-Hertzen
zu ſeiner Schul-Stuben machen wolle, gewoͤhnet
euch an ihne, und lernet ſeine Stimme kennen:
Dann es iſt ein ſehr betruͤbtes Ding, mit falſchen
Stimmen betrogen zu werden; als welches einem
viele Jahre nachgehen, und aͤngſtliche Plagen ver-
urſachen kan: Werdet darum rechtſchaffene Saͤug-
Laͤmmer des Heylandes; dann wo dieſes fehlet, ſo
lernet ihr ſeine Stimme niemahls kennen. Hat
er dem jungen Samuel dreymahl geruffen; ach
ſo ruffet er manchem wohl drey tauſend mahl, daß
ers nicht wahrnimmt, Jrr-Wege einſchlagt, im Ne-
bel wandelt und von Jeruſalem ſich immer wei-
ter entfernet, zwar nicht in ſeiner Einbildung, wohl
aber, welches ſchrecklich iſt, in der That. Wie
viel ihr hingegen dem erſten Ruff gehorchen, die ha-
ben ſchon bey ihrem Leben und dann im Himmel
einen unbeſchreiblichen Nutzen davon. Samuel
ward ein Anfaͤnger der Propheten-Schulen, und
Maria eine Mutter des Heylands: Jener ſagte:
Rede HERR! dann dein Knechthoͤret;
und dieſe antwortete: Siehe/ ich bin des
HErrn Magd/ mir geſchehe/ wie du ge-
ſaget haſt/
1 Sam. 3, 10. Luc. 1, 38. Ma-
chet ihrs auch alſo, ſo wird euer Heyl und Gnade
eben ſo groß ſeyn.

Ach daß junge Leute mehr den Alten als ihren
verkehrten Paßionen glaubten, und das thaͤten,
was ſie im Alter wuͤnſchen werden, in der Jugend
gethan zu haben! Jugend-Suͤnden/ Alters-

Schmer-
E e 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0453" n="435"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Nachrede.</hi></fw><lb/>
Schlange im Gras, und i&#x017F;t offt die Gefahr da am<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ten, wo man es am wenig&#x017F;ten geglaubet ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>Bittet JE&#x017F;um, daß er euere Jugend-Hertzen<lb/>
zu &#x017F;einer Schul-Stuben machen wolle, gewo&#x0364;hnet<lb/>
euch an ihne, und lernet &#x017F;eine Stimme kennen:<lb/>
Dann es i&#x017F;t ein &#x017F;ehr betru&#x0364;btes Ding, mit fal&#x017F;chen<lb/>
Stimmen betrogen zu werden; als welches einem<lb/>
viele Jahre nachgehen, und a&#x0364;ng&#x017F;tliche Plagen ver-<lb/>
ur&#x017F;achen kan: Werdet darum recht&#x017F;chaffene Sa&#x0364;ug-<lb/>
La&#x0364;mmer des Heylandes; dann wo die&#x017F;es fehlet, &#x017F;o<lb/>
lernet ihr &#x017F;eine Stimme niemahls kennen. Hat<lb/>
er dem jungen <hi rendition="#fr">Samuel</hi> dreymahl geruffen; ach<lb/>
&#x017F;o ruffet er manchem wohl drey tau&#x017F;end mahl, daß<lb/>
ers nicht wahrnimmt, Jrr-Wege ein&#x017F;chlagt, im Ne-<lb/>
bel wandelt und von <hi rendition="#fr">Jeru&#x017F;alem</hi> &#x017F;ich immer wei-<lb/>
ter entfernet, zwar nicht in &#x017F;einer Einbildung, wohl<lb/>
aber, welches &#x017F;chrecklich i&#x017F;t, in der That. Wie<lb/>
viel ihr hingegen dem er&#x017F;ten Ruff gehorchen, die ha-<lb/>
ben &#x017F;chon bey ihrem Leben und dann im Himmel<lb/>
einen unbe&#x017F;chreiblichen Nutzen davon. <hi rendition="#fr">Samuel</hi><lb/>
ward ein Anfa&#x0364;nger der Propheten-Schulen, und<lb/><hi rendition="#fr">Maria</hi> eine Mutter des Heylands: Jener &#x017F;agte:<lb/><hi rendition="#fr">Rede HERR! dann dein Knechtho&#x0364;ret;</hi><lb/>
und die&#x017F;e antwortete: <hi rendition="#fr">Siehe/ ich bin des<lb/>
HErrn Magd/ mir ge&#x017F;chehe/ wie du ge-<lb/>
&#x017F;aget ha&#x017F;t/</hi> 1 Sam. 3, 10. Luc. 1, 38. Ma-<lb/>
chet ihrs auch al&#x017F;o, &#x017F;o wird euer Heyl und Gnade<lb/>
eben &#x017F;o groß &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Ach daß junge Leute mehr den Alten als ihren<lb/>
verkehrten Paßionen glaubten, und das tha&#x0364;ten,<lb/>
was &#x017F;ie im Alter wu&#x0364;n&#x017F;chen werden, in der Jugend<lb/>
gethan zu haben! <hi rendition="#fr">Jugend-Su&#x0364;nden/</hi> Alters-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Schmer-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[435/0453] Nachrede. Schlange im Gras, und iſt offt die Gefahr da am groͤſten, wo man es am wenigſten geglaubet haͤtte. Bittet JEſum, daß er euere Jugend-Hertzen zu ſeiner Schul-Stuben machen wolle, gewoͤhnet euch an ihne, und lernet ſeine Stimme kennen: Dann es iſt ein ſehr betruͤbtes Ding, mit falſchen Stimmen betrogen zu werden; als welches einem viele Jahre nachgehen, und aͤngſtliche Plagen ver- urſachen kan: Werdet darum rechtſchaffene Saͤug- Laͤmmer des Heylandes; dann wo dieſes fehlet, ſo lernet ihr ſeine Stimme niemahls kennen. Hat er dem jungen Samuel dreymahl geruffen; ach ſo ruffet er manchem wohl drey tauſend mahl, daß ers nicht wahrnimmt, Jrr-Wege einſchlagt, im Ne- bel wandelt und von Jeruſalem ſich immer wei- ter entfernet, zwar nicht in ſeiner Einbildung, wohl aber, welches ſchrecklich iſt, in der That. Wie viel ihr hingegen dem erſten Ruff gehorchen, die ha- ben ſchon bey ihrem Leben und dann im Himmel einen unbeſchreiblichen Nutzen davon. Samuel ward ein Anfaͤnger der Propheten-Schulen, und Maria eine Mutter des Heylands: Jener ſagte: Rede HERR! dann dein Knechthoͤret; und dieſe antwortete: Siehe/ ich bin des HErrn Magd/ mir geſchehe/ wie du ge- ſaget haſt/ 1 Sam. 3, 10. Luc. 1, 38. Ma- chet ihrs auch alſo, ſo wird euer Heyl und Gnade eben ſo groß ſeyn. Ach daß junge Leute mehr den Alten als ihren verkehrten Paßionen glaubten, und das thaͤten, was ſie im Alter wuͤnſchen werden, in der Jugend gethan zu haben! Jugend-Suͤnden/ Alters- Schmer- E e 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/453
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/453>, abgerufen am 24.11.2024.