Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite


5. Er muß alle Menschen ehren, er muß dienen
jedermann, er muß seinen Nächsten lehren, und er-
bauen wie er kan, über Krancke sich erbarmen, je-
dem helffen aus der Noth, und auch williglich den
Armen theilen mit von seinem Brod.

6. Er mnß auch kein Kind betrüben, und nicht
nur die gute Freund, sondern auch die Feinde lieben,
ob sie's schon nicht würdig seynd, thut man nicht
nach seinen Willen, so muß er nicht neidisch seyn,
sondern seinen Unmuth stillen und kein Grollen las-
sen ein.

7. Er muß sich verbunden achten Maß zu hal-
ten in dem Ruhm, er muß bey der Arbeit trachten,
etwann nicht zu viel zu thun, er muß seinen Leib das
Sterben, mit Depauchen nicht zuziehn, noch mit
Wollust sich vererben, sondern solche Dinge fliehn.

8. Er muß die Affecten zwingen, Zorn, Be-
trübniß, Angst, und Freud muß er in die Schran-
cken bringen; Mißgunst, Bitterkeit, und Neid, muß
er immer von sich treiben: Muthwill, Spielen,
Narrenthey, muß er lassen von sich bleiben. Dann
es ist kein Ehr dabey.

9. Alsdann werden die Geberden, gnug polit
und höflich seyn, man wird auch versorget werden,
mit der Nothdurft insgemein; Weisheit wird auch
nicht gebrechen, GOtt wird selbsten machen klug,
und man wird so können sprechen: Wer GOTT
hat, hat alles gnug.

10. Höre dann du frohe Jugend! Dencke die-
sen Dingen nach, folge doch, und tracht nach Tu-
gend, wehle Freud für Ungemach, schau die gantze
Welt vergehet, und all ihre Lust und Freud, aber
wer fromm ist bestehet, immer und in Ewigkeit.

Mel.


5. Er muß alle Menſchen ehren, er muß dienen
jedermann, er muß ſeinen Naͤchſten lehren, und er-
bauen wie er kan, uͤber Krancke ſich erbarmen, je-
dem helffen aus der Noth, und auch williglich den
Armen theilen mit von ſeinem Brod.

6. Er mnß auch kein Kind betruͤben, und nicht
nur die gute Freund, ſondern auch die Feinde lieben,
ob ſie’s ſchon nicht wuͤrdig ſeynd, thut man nicht
nach ſeinen Willen, ſo muß er nicht neidiſch ſeyn,
ſondern ſeinen Unmuth ſtillen und kein Grollen laſ-
ſen ein.

7. Er muß ſich verbunden achten Maß zu hal-
ten in dem Ruhm, er muß bey der Arbeit trachten,
etwann nicht zu viel zu thun, er muß ſeinen Leib das
Sterben, mit Depauchen nicht zuziehn, noch mit
Wolluſt ſich vererben, ſondern ſolche Dinge fliehn.

8. Er muß die Affecten zwingen, Zorn, Be-
truͤbniß, Angſt, und Freud muß er in die Schran-
cken bringen; Mißgunſt, Bitterkeit, und Neid, muß
er immer von ſich treiben: Muthwill, Spielen,
Narrenthey, muß er laſſen von ſich bleiben. Dann
es iſt kein Ehr dabey.

9. Alsdann werden die Geberden, gnug polit
und hoͤflich ſeyn, man wird auch verſorget werden,
mit der Nothdurft insgemein; Weisheit wird auch
nicht gebrechen, GOtt wird ſelbſten machen klug,
und man wird ſo koͤnnen ſprechen: Wer GOTT
hat, hat alles gnug.

10. Hoͤre dann du frohe Jugend! Dencke die-
ſen Dingen nach, folge doch, und tracht nach Tu-
gend, wehle Freud fuͤr Ungemach, ſchau die gantze
Welt vergehet, und all ihre Luſt und Freud, aber
wer fromm iſt beſtehet, immer und in Ewigkeit.

Mel.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0478" n="460"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>5. Er muß alle Men&#x017F;chen ehren, er muß dienen<lb/>
jedermann, er muß &#x017F;einen Na&#x0364;ch&#x017F;ten lehren, und er-<lb/>
bauen wie er kan, u&#x0364;ber Krancke &#x017F;ich erbarmen, je-<lb/>
dem helffen aus der Noth, und auch williglich den<lb/>
Armen theilen mit von &#x017F;einem Brod.</p><lb/>
          <p>6. Er mnß auch kein Kind betru&#x0364;ben, und nicht<lb/>
nur die gute Freund, &#x017F;ondern auch die Feinde lieben,<lb/>
ob &#x017F;ie&#x2019;s &#x017F;chon nicht wu&#x0364;rdig &#x017F;eynd, thut man nicht<lb/>
nach &#x017F;einen Willen, &#x017F;o muß er nicht neidi&#x017F;ch &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;einen Unmuth &#x017F;tillen und kein Grollen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ein.</p><lb/>
          <p>7. Er muß &#x017F;ich verbunden achten Maß zu hal-<lb/>
ten in dem Ruhm, er muß bey der Arbeit trachten,<lb/>
etwann nicht zu viel zu thun, er muß &#x017F;einen Leib das<lb/>
Sterben, mit Depauchen nicht zuziehn, noch mit<lb/>
Wollu&#x017F;t &#x017F;ich vererben, &#x017F;ondern &#x017F;olche Dinge fliehn.</p><lb/>
          <p>8. Er muß die Affecten zwingen, Zorn, Be-<lb/>
tru&#x0364;bniß, Ang&#x017F;t, und Freud muß er in die Schran-<lb/>
cken bringen; Mißgun&#x017F;t, Bitterkeit, und Neid, muß<lb/>
er immer von &#x017F;ich treiben: Muthwill, Spielen,<lb/>
Narrenthey, muß er la&#x017F;&#x017F;en von &#x017F;ich bleiben. Dann<lb/>
es i&#x017F;t kein Ehr dabey.</p><lb/>
          <p>9. Alsdann werden die Geberden, gnug polit<lb/>
und ho&#x0364;flich &#x017F;eyn, man wird auch ver&#x017F;orget werden,<lb/>
mit der Nothdurft insgemein; Weisheit wird auch<lb/>
nicht gebrechen, GOtt wird &#x017F;elb&#x017F;ten machen klug,<lb/>
und man wird &#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;prechen: Wer GOTT<lb/>
hat, hat alles gnug.</p><lb/>
          <p>10. Ho&#x0364;re dann du frohe Jugend! Dencke die-<lb/>
&#x017F;en Dingen nach, folge doch, und tracht nach Tu-<lb/>
gend, wehle Freud fu&#x0364;r Ungemach, &#x017F;chau die gantze<lb/>
Welt vergehet, und all ihre Lu&#x017F;t und Freud, aber<lb/>
wer fromm i&#x017F;t be&#x017F;tehet, immer und in Ewigkeit.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Mel.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[460/0478] 5. Er muß alle Menſchen ehren, er muß dienen jedermann, er muß ſeinen Naͤchſten lehren, und er- bauen wie er kan, uͤber Krancke ſich erbarmen, je- dem helffen aus der Noth, und auch williglich den Armen theilen mit von ſeinem Brod. 6. Er mnß auch kein Kind betruͤben, und nicht nur die gute Freund, ſondern auch die Feinde lieben, ob ſie’s ſchon nicht wuͤrdig ſeynd, thut man nicht nach ſeinen Willen, ſo muß er nicht neidiſch ſeyn, ſondern ſeinen Unmuth ſtillen und kein Grollen laſ- ſen ein. 7. Er muß ſich verbunden achten Maß zu hal- ten in dem Ruhm, er muß bey der Arbeit trachten, etwann nicht zu viel zu thun, er muß ſeinen Leib das Sterben, mit Depauchen nicht zuziehn, noch mit Wolluſt ſich vererben, ſondern ſolche Dinge fliehn. 8. Er muß die Affecten zwingen, Zorn, Be- truͤbniß, Angſt, und Freud muß er in die Schran- cken bringen; Mißgunſt, Bitterkeit, und Neid, muß er immer von ſich treiben: Muthwill, Spielen, Narrenthey, muß er laſſen von ſich bleiben. Dann es iſt kein Ehr dabey. 9. Alsdann werden die Geberden, gnug polit und hoͤflich ſeyn, man wird auch verſorget werden, mit der Nothdurft insgemein; Weisheit wird auch nicht gebrechen, GOtt wird ſelbſten machen klug, und man wird ſo koͤnnen ſprechen: Wer GOTT hat, hat alles gnug. 10. Hoͤre dann du frohe Jugend! Dencke die- ſen Dingen nach, folge doch, und tracht nach Tu- gend, wehle Freud fuͤr Ungemach, ſchau die gantze Welt vergehet, und all ihre Luſt und Freud, aber wer fromm iſt beſtehet, immer und in Ewigkeit. Mel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/478
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/478>, abgerufen am 21.11.2024.