7. Jhr Prangen, Pracht und Herrlichkeit, ihr Saubern und ihr Zieren, ist Phantasie und Eitelkeit, Zeit-Muh-und Seel-Verlieren; die (wann der Leib im schwartzen Schoos der Erden liegt) muß nackt und bloß, mit Koth beschmutzt hinfahren.
8. Jhr Schertzen, Lachen, Tantzen, Freud, geht nimmer recht von Hertzen; und wird gar leicht ver- kehrt in Leyd, bringt endlich ew'gen Schmertzen. Dein Schönheit, die sie so hoch acht't, Liegt bald verwelcket und veracht; dann hast du ausgedienet.
9. Die Welt auch Ruhe dir anbeut: Doch kan sie nichtes geben, als Unruh, Grämen, Müh und Streit, ein Jammer-volles Leben; und giebt sie Ruh, so ruhet man am Höllen-Rand, drin stürtzt sie dann im Tod dich plötzlich nieder.
10. Jhr'n Reichthum, Schätze, Geld und Gut drum muß man von dem Morgen bis in die Nacht, ja bis in Tod stets lauffen, wühlen sorgen; hat mans, gar leicht verliert mans noch; verliert mans nicht, so muß mans doch im Tode all's verlassen.
11. Nun sieh mein Kind; diß ists, wie viel die Welt vermag zu geben; hüt dich vor ihrem Trauer- Spiel, es gilt dir Leib und Leben: Merck doch aufs End, du must davon; sonst wirst du einst vorm Rich- ter-Thron, geh weg, von mir anhören.
12. Nur ruff ich noch mit süsser Stimm: Kommt her zu mir ihr Kinder! steh still, und es zu Hertzen nimm, ich gebe dir nicht minder; dann des die Welt so rühmet sich, ist Schatte nur, und wesentlich allein in mir zu finden.
13. Die
7. Jhr Prangen, Pracht und Herrlichkeit, ihr Saubern und ihr Zieren, iſt Phantaſie und Eitelkeit, Zeit-Muh-und Seel-Verlieren; die (wann der Leib im ſchwartzen Schoos der Erden liegt) muß nackt und bloß, mit Koth beſchmutzt hinfahren.
8. Jhr Schertzen, Lachen, Tantzen, Freud, geht nimmer recht von Hertzen; und wird gar leicht ver- kehrt in Leyd, bringt endlich ew’gen Schmertzen. Dein Schoͤnheit, die ſie ſo hoch acht’t, Liegt bald verwelcket und veracht; dann haſt du ausgedienet.
9. Die Welt auch Ruhe dir anbeut: Doch kan ſie nichtes geben, als Unruh, Graͤmen, Muͤh und Streit, ein Jammer-volles Leben; und giebt ſie Ruh, ſo ruhet man am Hoͤllen-Rand, drin ſtuͤrtzt ſie dann im Tod dich ploͤtzlich nieder.
10. Jhr’n Reichthum, Schaͤtze, Geld und Gut drum muß man von dem Morgen bis in die Nacht, ja bis in Tod ſtets lauffen, wuͤhlen ſorgen; hat mans, gar leicht verliert mans noch; verliert mans nicht, ſo muß mans doch im Tode all’s verlaſſen.
11. Nun ſieh mein Kind; diß iſts, wie viel die Welt vermag zu geben; huͤt dich vor ihrem Trauer- Spiel, es gilt dir Leib und Leben: Merck doch aufs End, du muſt davon; ſonſt wirſt du einſt vorm Rich- ter-Thron, geh weg, von mir anhoͤren.
12. Nur ruff ich noch mit ſuͤſſer Stimm: Kommt her zu mir ihr Kinder! ſteh ſtill, und es zu Hertzen nimm, ich gebe dir nicht minder; dann des die Welt ſo ruͤhmet ſich, iſt Schatte nur, und weſentlich allein in mir zu finden.
13. Die
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7. Jhr Prangen, Pracht und Herrlichkeit, ihr
Saubern und ihr Zieren, iſt Phantaſie und Eitelkeit,
Zeit-Muh-und Seel-Verlieren; die (wann der Leib
im ſchwartzen Schoos der Erden liegt) muß nackt
und bloß, mit Koth beſchmutzt hinfahren.
8. Jhr Schertzen, Lachen, Tantzen, Freud, geht
nimmer recht von Hertzen; und wird gar leicht ver-
kehrt in Leyd, bringt endlich ew’gen Schmertzen.
Dein Schoͤnheit, die ſie ſo hoch acht’t, Liegt bald
verwelcket und veracht; dann haſt du ausgedienet.
9. Die Welt auch Ruhe dir anbeut: Doch kan
ſie nichtes geben, als Unruh, Graͤmen, Muͤh und
Streit, ein Jammer-volles Leben; und giebt ſie
Ruh, ſo ruhet man am Hoͤllen-Rand, drin ſtuͤrtzt ſie
dann im Tod dich ploͤtzlich nieder.
10. Jhr’n Reichthum, Schaͤtze, Geld und Gut
drum muß man von dem Morgen bis in die Nacht,
ja bis in Tod ſtets lauffen, wuͤhlen ſorgen; hat mans,
gar leicht verliert mans noch; verliert mans nicht,
ſo muß mans doch im Tode all’s verlaſſen.
11. Nun ſieh mein Kind; diß iſts, wie viel die
Welt vermag zu geben; huͤt dich vor ihrem Trauer-
Spiel, es gilt dir Leib und Leben: Merck doch aufs
End, du muſt davon; ſonſt wirſt du einſt vorm Rich-
ter-Thron, geh weg, von mir anhoͤren.
12. Nur ruff ich noch mit ſuͤſſer Stimm: Kommt
her zu mir ihr Kinder! ſteh ſtill, und es zu Hertzen
nimm, ich gebe dir nicht minder; dann des die Welt
ſo ruͤhmet ſich, iſt Schatte nur, und weſentlich allein
in mir zu finden.
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/480>, abgerufen am 21.11.2024.
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