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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Venedig
Freyheit und Sicherheit, und in
Algier die Vortheile anderer Natio-
nen genießen; desgleichen sollen auch
die Corsaren die venetianischen
Schiffe niemals beunruhigen. Die
(II) Stadt Venedig, lat. Venetioe,
ital. Venezia, oder Venetia, franz.
Venise, ist die Hauptstadt des ve-
netianischen Gebieths in Jtalien,
und der Sitz der Republik. Sie
(1) liegt in dem Dogado di Vene-
zia, oder Herzogthume Venedig,
an dem adriatischen Meere, auf ei-
ner nicht geringen Menge zerstreue-
ter Jnseln, anderthalb deutsche
Meilen vom festen Lande. Die
(2) schiffbaren Canäle, welche
zwischen den Sandbänken und mo-
rastig seichten Stellen den Weg zur
Stadt öffnen, werden mit großen
Unkosten von dem Schlamme, wel-
chen die Fluth mit sich bringt, ge-
reiniget und offen erhalten. Eben
diese Fluth des Meeres wechselt hier
mit der Ebbe etwas später, als al-
le sechs Stunden ab, und machet
in der Höhe des Wassers ordentli-
cher Weise einen Unterschied von 4
bis 5 Fuß. Sie erhält das Wasser
in den theils schmalen und mittel-
mäßigen, theils sehr breiten Canä-
len, welche zwischen den Jnseln sind,
und die Stadt durchschneiden, in
beständiger Bewegung; kann aber
doch die ersten von dem Unflathe
nicht hinlänglich reinigen, daher sie
im Sommer übel riechen. Der
große Canal, (il Canale maggiore,)
welcher sich schlangenweise durch die
Stadt schlingt, theilet dieselbe in
zwey Haupttheile. Die (3) Schif-
fahrt auf diesen Canälen
ist das
beste Mittel, in der Stadt fort und
allenthalben hin zu kommen, zu
welchem Ende man sich der Gon-
deln
bedienet, welche Fahrzeuge,
deren über 24000 in Venedig anzu-
treffen sind, ein trauriges Ansehen
haben, weil sie insgesamt entweder
mit schwarzem Tuche und Sarsche
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Venedig
beschlagen, oder schwarz angestri-
chen sind. Eben diese Schiffahrt
auf den Canälen erleichtert auch die
Fortbringung der Waaren von ei-
nem Orte zum andern ungemein.
Ueber die Canäle gehen ungefähr
450, (einige sagen über 500,) kleine
und größere, größtentheils steinerne
(4) Brücken; die höchste und läng-
ste aber ist die Brücke Rialto, wel-
che mitten in der Stadt über den
großen Canal aufgeführet worden,
und mit zwey Reihen Krahmbuden
besetzet ist. Es wird die Stadt in
sechs große (5) Theile, oder Se-
stieri,
das ist Sechstheile, abge-
theilet, davon die drey ersten an der
Morgen- und Mitternachtseite; die
drey andern aber an der Abend- und
Mittagsseite des gedachten großen
Canals liegen. Selbige heißen a)
Sestiere St. Marco, welches vor-
nehmlich den St. Marcusplatz, (la
Piazza di San Marco,
) mit den dar-
an stehenden Gebäuden enthält; b)
Sestiere di Castello; c) Sestiere
di Canale Regio;
d) Sestiere del-
la Croce;
e) Sestiere di St. Pauo-
lo;
und f) Sestiere di Dorso Du-
ro.
Die (6) öffentlichen Gebäu-
de,
deren wir zu unserer Absicht zu
gedenken haben, sind: a) die Mün-
ze,
(Zecca,) an dem St. Marcus-
platze gelegen: b) das weltberühm-
te Arsenal, oder Zeughaus, wel-
ches 21/2 italienische Meilen in Um-
kreise hat; ganz mit Wasser, Mau-
ern und zwölf Thürmen umgeben
ist; und einen weitläuftigen Bezirk
von Gebäuden enthält, darinn al-
les, was zur Ausrüstung einer
Flotte und Landarmee nöthig ist,
zubereitet und aufgehoben wird.
Man findet hier also (a) ein Ge-
wehrhaus,
darinnen die Rüstkam-
mern sind; (b) Magazine für Ei-
senwaaren, Ruder, Stricke, oder
Tauen, Kugeln, Pech, Hanf, Se-
geltuch, Canonen etc. (c) einen Sei-
lerhof,
oder eine Werkstatt für die

Stricke;

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Venedig
Freyheit und Sicherheit, und in
Algier die Vortheile anderer Natio-
nen genießen; desgleichen ſollen auch
die Corſaren die venetianiſchen
Schiffe niemals beunruhigen. Die
(II) Stadt Venedig, lat. Venetiœ,
ital. Venezia, oder Venetia, franz.
Veniſe, iſt die Hauptſtadt des ve-
netianiſchen Gebieths in Jtalien,
und der Sitz der Republik. Sie
(1) liegt in dem Dogado di Vene-
zia, oder Herzogthume Venedig,
an dem adriatiſchen Meere, auf ei-
ner nicht geringen Menge zerſtreue-
ter Jnſeln, anderthalb deutſche
Meilen vom feſten Lande. Die
(2) ſchiffbaren Canaͤle, welche
zwiſchen den Sandbaͤnken und mo-
raſtig ſeichten Stellen den Weg zur
Stadt oͤffnen, werden mit großen
Unkoſten von dem Schlamme, wel-
chen die Fluth mit ſich bringt, ge-
reiniget und offen erhalten. Eben
dieſe Fluth des Meeres wechſelt hier
mit der Ebbe etwas ſpaͤter, als al-
le ſechs Stunden ab, und machet
in der Hoͤhe des Waſſers ordentli-
cher Weiſe einen Unterſchied von 4
bis 5 Fuß. Sie erhaͤlt das Waſſer
in den theils ſchmalen und mittel-
maͤßigen, theils ſehr breiten Canaͤ-
len, welche zwiſchen den Jnſeln ſind,
und die Stadt durchſchneiden, in
beſtaͤndiger Bewegung; kann aber
doch die erſten von dem Unflathe
nicht hinlaͤnglich reinigen, daher ſie
im Sommer uͤbel riechen. Der
große Canal, (il Canale maggiore,)
welcher ſich ſchlangenweiſe durch die
Stadt ſchlingt, theilet dieſelbe in
zwey Haupttheile. Die (3) Schif-
fahrt auf dieſen Canaͤlen
iſt das
beſte Mittel, in der Stadt fort und
allenthalben hin zu kommen, zu
welchem Ende man ſich der Gon-
deln
bedienet, welche Fahrzeuge,
deren uͤber 24000 in Venedig anzu-
treffen ſind, ein trauriges Anſehen
haben, weil ſie insgeſamt entweder
mit ſchwarzem Tuche und Sarſche
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Venedig
beſchlagen, oder ſchwarz angeſtri-
chen ſind. Eben dieſe Schiffahrt
auf den Canaͤlen erleichtert auch die
Fortbringung der Waaren von ei-
nem Orte zum andern ungemein.
Ueber die Canaͤle gehen ungefaͤhr
450, (einige ſagen uͤber 500,) kleine
und groͤßere, groͤßtentheils ſteinerne
(4) Bruͤcken; die hoͤchſte und laͤng-
ſte aber iſt die Bruͤcke Rialto, wel-
che mitten in der Stadt uͤber den
großen Canal aufgefuͤhret worden,
und mit zwey Reihen Krahmbuden
beſetzet iſt. Es wird die Stadt in
ſechs große (5) Theile, oder Se-
ſtieri,
das iſt Sechstheile, abge-
theilet, davon die drey erſten an der
Morgen- und Mitternachtſeite; die
drey andern aber an der Abend- und
Mittagsſeite des gedachten großen
Canals liegen. Selbige heißen a)
Seſtiere St. Marco, welches vor-
nehmlich den St. Marcusplatz, (la
Piazza di San Marco,
) mit den dar-
an ſtehenden Gebaͤuden enthaͤlt; b)
Seſtiere di Caſtello; c) Seſtiere
di Canale Regio;
d) Seſtiere del-
la Croce;
e) Seſtiere di St. Pauo-
lo;
und f) Seſtiere di Dorſo Du-
ro.
Die (6) oͤffentlichen Gebaͤu-
de,
deren wir zu unſerer Abſicht zu
gedenken haben, ſind: a) die Muͤn-
ze,
(Zecca,) an dem St. Marcus-
platze gelegen: b) das weltberuͤhm-
te Arſenal, oder Zeughaus, wel-
ches 2½ italieniſche Meilen in Um-
kreiſe hat; ganz mit Waſſer, Mau-
ern und zwoͤlf Thuͤrmen umgeben
iſt; und einen weitlaͤuftigen Bezirk
von Gebaͤuden enthaͤlt, darinn al-
les, was zur Ausruͤſtung einer
Flotte und Landarmee noͤthig iſt,
zubereitet und aufgehoben wird.
Man findet hier alſo (a) ein Ge-
wehrhaus,
darinnen die Ruͤſtkam-
mern ſind; (b) Magazine fuͤr Ei-
ſenwaaren, Ruder, Stricke, oder
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geltuch, Canonen ꝛc. (c) einen Sei-
lerhof,
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Stricke;
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[[186]/0192] Venedig Venedig Freyheit und Sicherheit, und in Algier die Vortheile anderer Natio- nen genießen; desgleichen ſollen auch die Corſaren die venetianiſchen Schiffe niemals beunruhigen. Die (II) Stadt Venedig, lat. Venetiœ, ital. Venezia, oder Venetia, franz. Veniſe, iſt die Hauptſtadt des ve- netianiſchen Gebieths in Jtalien, und der Sitz der Republik. Sie (1) liegt in dem Dogado di Vene- zia, oder Herzogthume Venedig, an dem adriatiſchen Meere, auf ei- ner nicht geringen Menge zerſtreue- ter Jnſeln, anderthalb deutſche Meilen vom feſten Lande. Die (2) ſchiffbaren Canaͤle, welche zwiſchen den Sandbaͤnken und mo- raſtig ſeichten Stellen den Weg zur Stadt oͤffnen, werden mit großen Unkoſten von dem Schlamme, wel- chen die Fluth mit ſich bringt, ge- reiniget und offen erhalten. Eben dieſe Fluth des Meeres wechſelt hier mit der Ebbe etwas ſpaͤter, als al- le ſechs Stunden ab, und machet in der Hoͤhe des Waſſers ordentli- cher Weiſe einen Unterſchied von 4 bis 5 Fuß. Sie erhaͤlt das Waſſer in den theils ſchmalen und mittel- maͤßigen, theils ſehr breiten Canaͤ- len, welche zwiſchen den Jnſeln ſind, und die Stadt durchſchneiden, in beſtaͤndiger Bewegung; kann aber doch die erſten von dem Unflathe nicht hinlaͤnglich reinigen, daher ſie im Sommer uͤbel riechen. Der große Canal, (il Canale maggiore,) welcher ſich ſchlangenweiſe durch die Stadt ſchlingt, theilet dieſelbe in zwey Haupttheile. Die (3) Schif- fahrt auf dieſen Canaͤlen iſt das beſte Mittel, in der Stadt fort und allenthalben hin zu kommen, zu welchem Ende man ſich der Gon- deln bedienet, welche Fahrzeuge, deren uͤber 24000 in Venedig anzu- treffen ſind, ein trauriges Anſehen haben, weil ſie insgeſamt entweder mit ſchwarzem Tuche und Sarſche beſchlagen, oder ſchwarz angeſtri- chen ſind. Eben dieſe Schiffahrt auf den Canaͤlen erleichtert auch die Fortbringung der Waaren von ei- nem Orte zum andern ungemein. Ueber die Canaͤle gehen ungefaͤhr 450, (einige ſagen uͤber 500,) kleine und groͤßere, groͤßtentheils ſteinerne (4) Bruͤcken; die hoͤchſte und laͤng- ſte aber iſt die Bruͤcke Rialto, wel- che mitten in der Stadt uͤber den großen Canal aufgefuͤhret worden, und mit zwey Reihen Krahmbuden beſetzet iſt. Es wird die Stadt in ſechs große (5) Theile, oder Se- ſtieri, das iſt Sechstheile, abge- theilet, davon die drey erſten an der Morgen- und Mitternachtſeite; die drey andern aber an der Abend- und Mittagsſeite des gedachten großen Canals liegen. Selbige heißen a) Seſtiere St. Marco, welches vor- nehmlich den St. Marcusplatz, (la Piazza di San Marco,) mit den dar- an ſtehenden Gebaͤuden enthaͤlt; b) Seſtiere di Caſtello; c) Seſtiere di Canale Regio; d) Seſtiere del- la Croce; e) Seſtiere di St. Pauo- lo; und f) Seſtiere di Dorſo Du- ro. Die (6) oͤffentlichen Gebaͤu- de, deren wir zu unſerer Abſicht zu gedenken haben, ſind: a) die Muͤn- ze, (Zecca,) an dem St. Marcus- platze gelegen: b) das weltberuͤhm- te Arſenal, oder Zeughaus, wel- ches 2½ italieniſche Meilen in Um- kreiſe hat; ganz mit Waſſer, Mau- ern und zwoͤlf Thuͤrmen umgeben iſt; und einen weitlaͤuftigen Bezirk von Gebaͤuden enthaͤlt, darinn al- les, was zur Ausruͤſtung einer Flotte und Landarmee noͤthig iſt, zubereitet und aufgehoben wird. Man findet hier alſo (a) ein Ge- wehrhaus, darinnen die Ruͤſtkam- mern ſind; (b) Magazine fuͤr Ei- ſenwaaren, Ruder, Stricke, oder Tauen, Kugeln, Pech, Hanf, Se- geltuch, Canonen ꝛc. (c) einen Sei- lerhof, oder eine Werkſtatt fuͤr die Stricke;

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [186]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/192>, abgerufen am 22.12.2024.