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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wien
Aus dem benachbarten Böhmen und
Mähren wird ebenfalls viel Ge-
treide zugefahren. Aus Ungarn
bekommen die Wiener die schönsten
und feistesten Ochsen in großer Men-
ge, wovon wöchentlich allhier etli-
che hundert Stücke geschlachtet
werden: des tockayer Weins, Aus-
bruchs und anderer guten ungari-
schen Weine, ingleichen vielen Wild-
prets und Flügelwerks, wie auch
Schafe und andern Viehes nicht
allererst zu gedenken. Aus Steyer-
mark
führet man, nebst vielem
Wildprete und gutem lottenberger
Weine, ungemein fette Capaune,
und dergleichen Flügelwerk in gros-
ser Menge zu; des guten Eisens,
so aus diesem Lande herbey geschaffet
wird, zu geschweigen. Aus Tyrol
und Jtalien bekommen sie nebst
den vielen und delicaten Weinen,
Früchten und andern Sachen, die
schönsten seidenen Zeuge, Samme-
te, Strümpfe, Oele, Austern, al-
lerhand Seefische, und dergleichen
Waaren im großen Ueberflusse.
Gleichergestalt spühret man an
französischen, englischen und hollän-
dischen
Waaren, als Tüchern, Sam-
met, seidenen Zeugen, Galanterien,
und dergleichen, keinen Mangel;
sondern es werden solche sehr stark
allhier vertrieben. Noch werden
aus den Niederlanden auch sehr
viele trockene und gesalzene Fische,
meist über Leipzig, dahin abgeführet.
Und wer wollte alle Waaren be-
nennen können, die aus Amster-
dam, Hamburg, Leipzig,
und
andern berühmten Handelsor-
ten nach Wien gehen. Alle diese
Waaren, insonderheit Wein, Bier,
Salz, Fleisch, Holz, etc. sind zu
Wien in ziemlich wohlfeilem Preiße
zu haben, wozu die vortheilhafte
Lage der Donau sehr vieles bey-
trägt, auf welcher die meisten Sa-
chen ganz bequem und mit leichten
Kosten anhero geschiffet werden. Es
floriret aber zu Wien nicht allein
[Spaltenumbruch]
Wien
der Waaren- sondern auch der
(17) Wechselhandel, wie es denn
daselbst etliche zwanzig (a) Ban-
quiers
oder Wechselherren giebt,
welche öffentliche Wechselstuben ha-
ben, und durch deren Correspon-
denz man von hier aus an alle Orte in
Europa Geld übermachen kann.
Sie werden eingetheilt in Nieder-
lagsverwandte und in kaiserlich- kö-
nigliche Hofbefreyete. Es wird
aber von Wien (b) auf folgende
Plätze und zu folgenden Preißen ge-
wechselt: auf a) Hamburg, 136
bis 138 Reichsthaler, weniger oder
mehr, in Speciesreichsthalern zu
2 Gulden gerechnet, oder auch, un-
ter gewissen Bedingungen, in kai-
serlicher Münze, für 100 Reichs-
thaler in Banco zu bezahlen; b)
Amsterdam, 138 Reichsthaler Cour-
rent, weniger oder mehr, für 100
Reichsthaler in Banco; c) Leipzig,
102 Reichsthaler Courrent, weni-
ger oder mehr, für 100 Reichstha-
ler leipziger Courrent; d) Bres-
lau,
100 Reichsthaleer Current,
weniger oder mehr, für 100 Reichs-
thaler erhöhetes Kaisergeld in 17
Kreuzern; e) Augspurg, Nürn-
berg
und Prag, 100 Gulden Cur-
rent, weniger oder mehr, für 100
Gulden Current an bemeldeten Or-
ten; f) Venedig, 160 bis 165
Gulden Current, weniger oder
mehr, für 10 Ducati di Banco.
(c) Uso ist nach Maaßgebung der
dasigen Wechselordnung 14 Ta-
ge; 1/2 Uso sind 7 Tage; 11/2 Uso
21 Tage: und 2 Uso 28 Tage, nach
dem Tage der geschehenen Accepta-
tion. (d) Respecttage werden da-
selbst drey vergönnet. Die Wiener
(e) Wechselordnung, nebst den dazu
gehörigen kaiserl. Wechseldeclaratio-
nen, steht in Siegels Corp. Iur.
Camb.
Th. 1. S. 148. u. f. in Bohns
wohlerfahrnem Kaufmanne Th. I.
S. 392 u. f. und in dem vorsichti-
gen Banquier Th. II. S. 620. u. f.

(18) Buch
E e 2

[Spaltenumbruch]

Wien
Aus dem benachbarten Boͤhmen und
Maͤhren wird ebenfalls viel Ge-
treide zugefahren. Aus Ungarn
bekommen die Wiener die ſchoͤnſten
und feiſteſten Ochſen in großer Men-
ge, wovon woͤchentlich allhier etli-
che hundert Stuͤcke geſchlachtet
werden: des tockayer Weins, Aus-
bruchs und anderer guten ungari-
ſchen Weine, ingleichen vielen Wild-
prets und Fluͤgelwerks, wie auch
Schafe und andern Viehes nicht
allererſt zu gedenken. Aus Steyer-
mark
fuͤhret man, nebſt vielem
Wildprete und gutem lottenberger
Weine, ungemein fette Capaune,
und dergleichen Fluͤgelwerk in groſ-
ſer Menge zu; des guten Eiſens,
ſo aus dieſem Lande herbey geſchaffet
wird, zu geſchweigen. Aus Tyrol
und Jtalien bekommen ſie nebſt
den vielen und delicaten Weinen,
Fruͤchten und andern Sachen, die
ſchoͤnſten ſeidenen Zeuge, Samme-
te, Struͤmpfe, Oele, Auſtern, al-
lerhand Seefiſche, und dergleichen
Waaren im großen Ueberfluſſe.
Gleichergeſtalt ſpuͤhret man an
franzoͤſiſchen, engliſchen und hollaͤn-
diſchen
Waaren, als Tuͤchern, Sam-
met, ſeidenen Zeugen, Galanterien,
und dergleichen, keinen Mangel;
ſondern es werden ſolche ſehr ſtark
allhier vertrieben. Noch werden
aus den Niederlanden auch ſehr
viele trockene und geſalzene Fiſche,
meiſt uͤber Leipzig, dahin abgefuͤhret.
Und wer wollte alle Waaren be-
nennen koͤnnen, die aus Amſter-
dam, Hamburg, Leipzig,
und
andern beruͤhmten Handelsor-
ten nach Wien gehen. Alle dieſe
Waaren, inſonderheit Wein, Bier,
Salz, Fleiſch, Holz, ꝛc. ſind zu
Wien in ziemlich wohlfeilem Preiße
zu haben, wozu die vortheilhafte
Lage der Donau ſehr vieles bey-
traͤgt, auf welcher die meiſten Sa-
chen ganz bequem und mit leichten
Koſten anhero geſchiffet werden. Es
floriret aber zu Wien nicht allein
[Spaltenumbruch]
Wien
der Waaren- ſondern auch der
(17) Wechſelhandel, wie es denn
daſelbſt etliche zwanzig (a) Ban-
quiers
oder Wechſelherren giebt,
welche oͤffentliche Wechſelſtuben ha-
ben, und durch deren Correſpon-
denz man von hier aus an alle Orte in
Europa Geld uͤbermachen kann.
Sie werden eingetheilt in Nieder-
lagsverwandte und in kaiſerlich- koͤ-
nigliche Hofbefreyete. Es wird
aber von Wien (b) auf folgende
Plaͤtze und zu folgenden Preißen ge-
wechſelt: auf a) Hamburg, 136
bis 138 Reichsthaler, weniger oder
mehr, in Speciesreichsthalern zu
2 Gulden gerechnet, oder auch, un-
ter gewiſſen Bedingungen, in kai-
ſerlicher Muͤnze, fuͤr 100 Reichs-
thaler in Banco zu bezahlen; b)
Amſterdam, 138 Reichsthaler Cour-
rent, weniger oder mehr, fuͤr 100
Reichsthaler in Banco; c) Leipzig,
102 Reichsthaler Courrent, weni-
ger oder mehr, fuͤr 100 Reichstha-
ler leipziger Courrent; d) Bres-
lau,
100 Reichsthaleer Current,
weniger oder mehr, fuͤr 100 Reichs-
thaler erhoͤhetes Kaiſergeld in 17
Kreuzern; e) Augſpurg, Nuͤrn-
berg
und Prag, 100 Gulden Cur-
rent, weniger oder mehr, fuͤr 100
Gulden Current an bemeldeten Or-
ten; f) Venedig, 160 bis 165
Gulden Current, weniger oder
mehr, fuͤr 10 Ducati di Banco.
(c) Uſo iſt nach Maaßgebung der
daſigen Wechſelordnung 14 Ta-
ge; ½ Uſo ſind 7 Tage; 1½ Uſo
21 Tage: und 2 Uſo 28 Tage, nach
dem Tage der geſchehenen Accepta-
tion. (d) Reſpecttage werden da-
ſelbſt drey vergoͤnnet. Die Wiener
(e) Wechſelordnung, nebſt den dazu
gehoͤrigen kaiſerl. Wechſeldeclaratio-
nen, ſteht in Siegels Corp. Iur.
Camb.
Th. 1. S. 148. u. f. in Bohns
wohlerfahrnem Kaufmanne Th. I.
S. 392 u. f. und in dem vorſichti-
gen Banquier Th. II. S. 620. u. f.

(18) Buch
E e 2
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[[435]/0441] Wien Wien Aus dem benachbarten Boͤhmen und Maͤhren wird ebenfalls viel Ge- treide zugefahren. Aus Ungarn bekommen die Wiener die ſchoͤnſten und feiſteſten Ochſen in großer Men- ge, wovon woͤchentlich allhier etli- che hundert Stuͤcke geſchlachtet werden: des tockayer Weins, Aus- bruchs und anderer guten ungari- ſchen Weine, ingleichen vielen Wild- prets und Fluͤgelwerks, wie auch Schafe und andern Viehes nicht allererſt zu gedenken. Aus Steyer- mark fuͤhret man, nebſt vielem Wildprete und gutem lottenberger Weine, ungemein fette Capaune, und dergleichen Fluͤgelwerk in groſ- ſer Menge zu; des guten Eiſens, ſo aus dieſem Lande herbey geſchaffet wird, zu geſchweigen. Aus Tyrol und Jtalien bekommen ſie nebſt den vielen und delicaten Weinen, Fruͤchten und andern Sachen, die ſchoͤnſten ſeidenen Zeuge, Samme- te, Struͤmpfe, Oele, Auſtern, al- lerhand Seefiſche, und dergleichen Waaren im großen Ueberfluſſe. Gleichergeſtalt ſpuͤhret man an franzoͤſiſchen, engliſchen und hollaͤn- diſchen Waaren, als Tuͤchern, Sam- met, ſeidenen Zeugen, Galanterien, und dergleichen, keinen Mangel; ſondern es werden ſolche ſehr ſtark allhier vertrieben. Noch werden aus den Niederlanden auch ſehr viele trockene und geſalzene Fiſche, meiſt uͤber Leipzig, dahin abgefuͤhret. Und wer wollte alle Waaren be- nennen koͤnnen, die aus Amſter- dam, Hamburg, Leipzig, und andern beruͤhmten Handelsor- ten nach Wien gehen. Alle dieſe Waaren, inſonderheit Wein, Bier, Salz, Fleiſch, Holz, ꝛc. ſind zu Wien in ziemlich wohlfeilem Preiße zu haben, wozu die vortheilhafte Lage der Donau ſehr vieles bey- traͤgt, auf welcher die meiſten Sa- chen ganz bequem und mit leichten Koſten anhero geſchiffet werden. Es floriret aber zu Wien nicht allein der Waaren- ſondern auch der (17) Wechſelhandel, wie es denn daſelbſt etliche zwanzig (a) Ban- quiers oder Wechſelherren giebt, welche oͤffentliche Wechſelſtuben ha- ben, und durch deren Correſpon- denz man von hier aus an alle Orte in Europa Geld uͤbermachen kann. Sie werden eingetheilt in Nieder- lagsverwandte und in kaiſerlich- koͤ- nigliche Hofbefreyete. Es wird aber von Wien (b) auf folgende Plaͤtze und zu folgenden Preißen ge- wechſelt: auf a) Hamburg, 136 bis 138 Reichsthaler, weniger oder mehr, in Speciesreichsthalern zu 2 Gulden gerechnet, oder auch, un- ter gewiſſen Bedingungen, in kai- ſerlicher Muͤnze, fuͤr 100 Reichs- thaler in Banco zu bezahlen; b) Amſterdam, 138 Reichsthaler Cour- rent, weniger oder mehr, fuͤr 100 Reichsthaler in Banco; c) Leipzig, 102 Reichsthaler Courrent, weni- ger oder mehr, fuͤr 100 Reichstha- ler leipziger Courrent; d) Bres- lau, 100 Reichsthaleer Current, weniger oder mehr, fuͤr 100 Reichs- thaler erhoͤhetes Kaiſergeld in 17 Kreuzern; e) Augſpurg, Nuͤrn- berg und Prag, 100 Gulden Cur- rent, weniger oder mehr, fuͤr 100 Gulden Current an bemeldeten Or- ten; f) Venedig, 160 bis 165 Gulden Current, weniger oder mehr, fuͤr 10 Ducati di Banco. (c) Uſo iſt nach Maaßgebung der daſigen Wechſelordnung 14 Ta- ge; ½ Uſo ſind 7 Tage; 1½ Uſo 21 Tage: und 2 Uſo 28 Tage, nach dem Tage der geſchehenen Accepta- tion. (d) Reſpecttage werden da- ſelbſt drey vergoͤnnet. Die Wiener (e) Wechſelordnung, nebſt den dazu gehoͤrigen kaiſerl. Wechſeldeclaratio- nen, ſteht in Siegels Corp. Iur. Camb. Th. 1. S. 148. u. f. in Bohns wohlerfahrnem Kaufmanne Th. I. S. 392 u. f. und in dem vorſichti- gen Banquier Th. II. S. 620. u. f. (18) Buch E e 2

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [435]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/441>, abgerufen am 22.12.2024.