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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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[Spaltenumbruch]

Wilna
dem Zuſammenfluſſe der beyden
Fluͤſſe Wilia und Wiln gelegen,
von denen der letzte nur klein, der
erſte aber groß und ſchiffbar iſt,
und den Einwohnern zu Fortbrin-
gung ihrer Waaren nach Danzig
ungemein nuͤtzlich iſt. Die Stadt
iſt groß und volkreich: die Haͤuſer
aber ſind insgemein niedrig, unanſehn-
lich, und von Holz gebauet, aus-
genommen einige, ſo den Edelleu-
ten und fremden Kaufleuten gehoͤ-
ren, wie auch einige oͤffentliche Ge-
baͤude, die alleſamt entweder von
Ziegel- oder andern Steinen aufge-
fuͤhret ſind. Unter den Kauf-
mannshaͤuſern
iſt inſonderheit ein
ſehr nettes, welches von der rußi-
ſchen Compagnie
zu einer Nieder-
lage ihrer Rauchwerke, und ande-
rer koſtbarer Waaren, ſo aus Ruß-
land dahin gebracht werden, er-
bauet worden. Jn dieſer Stadt
werden allerley grobe Geſchuͤtze
gegoſſen, wie auch viel andere koſt-
bare und kuͤnſtliche Kriegsinſtru-
mente
verfertiget. Es wird auch
allda das litthauer Leder zuberei-
tet, welches ſehr weit und breit ge-
ſucht und verfuͤhret wird, und ſon-
derlich zu Rahmen und Brandſoh-
len gut zu gebrauchen iſt. Die
Handlung floriret gar ſehr an die-
ſem Orte, wozu nicht wenig bey-
traͤgt, daß, wie obgedacht, die
Wilia ſchiffbar iſt. Jnſonderheit
gehen die Commercien ſtark mit
Rußland. Es hat auch ein grie-
chiſcher Praͤlat,
naͤmlich der Erz-
biſchoff von Reußen, ſeinen Sitz
in Wilna; und die Juden haben
gleichergeſtalt allda die freye Ue-
bung ihres Gottesdienſtes: uͤber
dieſes halten ſich nicht wenige Tuͤr-
ken
daſelbſt auf. Es werden folg-
lich allda woͤchentlich drey Sabbathe
gefeyert: der Sonntag bey den Chri-
ſten, der Sonnabend bey den Ju-
den, und der Freytag bey den Tuͤr-
ken.

[Spaltenumbruch]
Wind

Wiloc, ein wollener Zeug, oder
vielmehr gewalkter Filz, der aber
ein wenig ſchlaffer iſt, als der Filz,
woraus man die Huͤte macht. Es
giebt davon zweyerley Gattungen:
die eine iſt in der Dicke eines halben
Daumens; und die andere noch
einmal ſo dick. Die kalmuckiſchen
Tartarn bedienen ſich dieſer letzten
Gattung anſtatt der Matratzen,
worauf ſie ſchlafen; und mit den
andern bedecken ſie ihre Zelte, und
machen Regenmaͤntel und Schabra-
cken fuͤr ihre Pferde daraus.

Wind, holl. Windt, lat. Ven-
tus
,
franz. Vent, iſt ein haͤufi-
ger Dampf, ſo durch die Waͤrme
aus dem Waſſer oder den Wolken
gezogen und dergeſtalt verduͤnnet
wird, daß er einen weiten Raum
ſuchen muß, und wo er am wenig-
ſten Widerſtand findet, durchbricht,
und ſich empfinden laͤßt. Andere
geben die Erklaͤrung deſſelben kuͤr-
zer, und ſagen: der Wind ſey
eine bewegte Luft. Der Hauptwin-
de werden 4 gezaͤhlet, und ſolche
nach den Gegenden, von welchen
ſie herwehen, Oſt- oder Morgen-
wind,
holl. Ooſt, franz. Eſt; Weſt-
oder Abendwind, holl. Weſt, fr.
Oueſt; Nord- oder Mitternacht-
wind,
holl. Noord, franz. Nord;
und Suͤd- oder Mittagwind, holl.
Zuid, franz. Sud, genennet. Die
Mittelwinde, ſo zwiſchen itztge-
dachten 4 Hauptwinden herwehen,
ſind Suͤdoſt, holl. Zuyd- Ooſt,
franz. Sud- Eſt, der zwiſchen Mor-
gen und Mittag herkoͤmmt; Suͤd-
weſt,
holl. Zuyd- Weſt, franz.
Sud- Oueſt, der halb aus dem Mit-
tage und halb aus dem Abende
blaͤſt: Nordoſt, holl. Noord- Ooſt,
franz. Nord- Eſt, der zwiſchen Mor-
gen und Mitternacht ſteht; und
Nordweſt, holl. Noord- Weſt, fr.
Nord- Oueſt, der zwiſchen Mitter-
nacht und Abend herkoͤmmt. Jn
der Seefahrt werden die Winde

gleich-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [438]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/444>, abgerufen am 10.01.2025.