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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wollenhandel
sten Hand, als aus der andern
Hand von den Kaufleuten, zu kau-
fen. Jenes kann auf verschiedene
Art geschehen. Denn man kaufet
sie ihnen (a) entweder auf öffentli-
chen Märkten ab, wohin sie die
Wolle zum Verkaufe, theils in Bün-
deln auf dem Rücken, theils auf
Wägen bringen; oder man kaufet
sie ihnen (b) noch vor der Woll-
schur auf den Schafen ab; oder
man macht (c) mit großen Schäfe-
reyen einen Jahrkauf. Wobey wir
noch dieses erinnern, daß, wenn
ein Käufer die Wolle hat sacken und
zeichnen lassen, sie für geliefert und
auf seine Gefahr zu stehen geachtet
werde. Weil aber die Wolle ins-
gemein in dem Zustande, wie sie
den Schafen abgenommen ist,
und ohne in verschiedene Gattungen
abgesondert und sortiret zu seyn,
von den Pachtern und Bauern an
die Wollhändler pflegt verkauft zu
werden: so (5) sortiren die Wollhänd-
ler solche nachmals nach der Feine,
Länge, und natürlichen Farbe;
wobey sie aber nicht in allen Ländern
auf einerley Art verfahren. Jn (a)
Frankreich machen die Wollhänd-
ler von der abgeschornen Wolle ins-
gemein drey Gattungen, als a) die
Mere-laine, welche die Wolle von
dem Rücken und von dem Halse ist,
und wieder zweyerley Gattungen
unter sich begreift, die man durch
die Namen Laine fine und moyenne,
oder haute und basse Laine, unter-
scheidet, nachdem nämlich die Wol-
le kurz und fein, oder lang und
grob ist: Laine fine, oder Haute
Laine
,
ist die beste Wolle unter al-
len, und die ausgesuchteste Kern-
wolle aus der Mere- Laine. Laine
moyenne
,
oder Basse- Laine, nen-
net man diejenige Wolle, die von
der ersten Aussonderung der Mere-
Laine
zurück bleibt. Oft versteht
man auch unter der Basse- Laine die
kürzeste und feinste Wolle, welche
[Spaltenumbruch]
Wollenhandel
die Schafe geben; b) die Wolle
von den Schwänzen und Schen-
keln;
und c) die so unter der Keh-
le,
dem Bauche, und von andern
Theilen des Leibes abgenommen ist.
Diejenige Wolle, die man d) Cro-
ton
oder Crotin nennet, könnte zwar
wohl als die vierte Gattung ange-
sehen werden: allein sie ist so schlecht,
daß man sie fast für nichts rechnet.
Der Name, den man ihr giebt,
rühret von dem Miste der Schafe
her, welcher sich in dieselbe einge-
leget hat, und der sie so sehr ver-
derbet, daß sie bloß der Ausschuß
der Wolle ist. Einige pflegen auch,
um aus der den Schafen abgenom-
menen Wolle desto mehr feine Wol-
le zu erhalten, aus der Wolle von
der zweyten und dritten Gattung
die Kernwolle auszulesen: welches
aber ein schädlicher Misbrauch ist.
Die (b) Spanier sortiren ihre Wol-
le
fast | auf eben die Art, wie die
Franzosen, und nennen diese drey
Sorten Prime, Seconde und Tierce,
siehe weiter unten, wo wir von dem
spanischen Wollhandel reden. Es
werden aber in Spanien diese 3
Sorten Wolle niemals anders als
zusammen verkaufet, um keine üble
Reste zu bekommen; da hingegen
die Franzosen ihre drey Sorten beson-
ders verkaufen, oder kaufen, nach
dem Gebrauche, den sie davon ma-
chen wollen, oder den Manufactu-
ren, zu denen sie solche gebrauchen
wollen. Jst nun die Sortirung
geschehen, so (6) verkaufet der
Wollhändler die Wolle wieder an
die Tuchmacher, oder läßt solche
selbst verarbeiten. Bey dem Ver-
kaufe haben die Wollhändler nicht
selten im Gebrauche, die schlechte
und grobe Wolle unter der feinen
zu verstecken, indem sie die feine
über die in der Mitte befindliche
grobe Wolle rollen; welches aber
nicht seyn sollte. Die (7) Hülfs-
personen
bey dem Wollenhandel

sind:
F f 5

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Wollenhandel
ſten Hand, als aus der andern
Hand von den Kaufleuten, zu kau-
fen. Jenes kann auf verſchiedene
Art geſchehen. Denn man kaufet
ſie ihnen (a) entweder auf oͤffentli-
chen Maͤrkten ab, wohin ſie die
Wolle zum Verkaufe, theils in Buͤn-
deln auf dem Ruͤcken, theils auf
Waͤgen bringen; oder man kaufet
ſie ihnen (b) noch vor der Woll-
ſchur auf den Schafen ab; oder
man macht (c) mit großen Schaͤfe-
reyen einen Jahrkauf. Wobey wir
noch dieſes erinnern, daß, wenn
ein Kaͤufer die Wolle hat ſacken und
zeichnen laſſen, ſie fuͤr geliefert und
auf ſeine Gefahr zu ſtehen geachtet
werde. Weil aber die Wolle ins-
gemein in dem Zuſtande, wie ſie
den Schafen abgenommen iſt,
und ohne in verſchiedene Gattungen
abgeſondert und ſortiret zu ſeyn,
von den Pachtern und Bauern an
die Wollhaͤndler pflegt verkauft zu
werden: ſo (5) ſortiren die Wollhaͤnd-
ler ſolche nachmals nach der Feine,
Laͤnge, und natuͤrlichen Farbe;
wobey ſie aber nicht in allen Laͤndern
auf einerley Art verfahren. Jn (a)
Frankreich machen die Wollhaͤnd-
ler von der abgeſchornen Wolle ins-
gemein drey Gattungen, als a) die
Mere-laine, welche die Wolle von
dem Ruͤcken und von dem Halſe iſt,
und wieder zweyerley Gattungen
unter ſich begreift, die man durch
die Namen Laine fine und moyenne,
oder haute und baſſe Laine, unter-
ſcheidet, nachdem naͤmlich die Wol-
le kurz und fein, oder lang und
grob iſt: Laine fine, oder Haute
Laine
,
iſt die beſte Wolle unter al-
len, und die ausgeſuchteſte Kern-
wolle aus der Mere- Laine. Laine
moyenne
,
oder Baſſe- Laine, nen-
net man diejenige Wolle, die von
der erſten Ausſonderung der Mere-
Laine
zuruͤck bleibt. Oft verſteht
man auch unter der Baſſe- Laine die
kuͤrzeſte und feinſte Wolle, welche
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Wollenhandel
die Schafe geben; b) die Wolle
von den Schwaͤnzen und Schen-
keln;
und c) die ſo unter der Keh-
le,
dem Bauche, und von andern
Theilen des Leibes abgenommen iſt.
Diejenige Wolle, die man d) Cro-
ton
oder Crotin nennet, koͤnnte zwar
wohl als die vierte Gattung ange-
ſehen werden: allein ſie iſt ſo ſchlecht,
daß man ſie faſt fuͤr nichts rechnet.
Der Name, den man ihr giebt,
ruͤhret von dem Miſte der Schafe
her, welcher ſich in dieſelbe einge-
leget hat, und der ſie ſo ſehr ver-
derbet, daß ſie bloß der Ausſchuß
der Wolle iſt. Einige pflegen auch,
um aus der den Schafen abgenom-
menen Wolle deſto mehr feine Wol-
le zu erhalten, aus der Wolle von
der zweyten und dritten Gattung
die Kernwolle auszuleſen: welches
aber ein ſchaͤdlicher Misbrauch iſt.
Die (b) Spanier ſortiren ihre Wol-
le
faſt | auf eben die Art, wie die
Franzoſen, und nennen dieſe drey
Sorten Prime, Seconde und Tierce,
ſiehe weiter unten, wo wir von dem
ſpaniſchen Wollhandel reden. Es
werden aber in Spanien dieſe 3
Sorten Wolle niemals anders als
zuſammen verkaufet, um keine uͤble
Reſte zu bekommen; da hingegen
die Franzoſen ihre drey Sorten beſon-
ders verkaufen, oder kaufen, nach
dem Gebrauche, den ſie davon ma-
chen wollen, oder den Manufactu-
ren, zu denen ſie ſolche gebrauchen
wollen. Jſt nun die Sortirung
geſchehen, ſo (6) verkaufet der
Wollhaͤndler die Wolle wieder an
die Tuchmacher, oder laͤßt ſolche
ſelbſt verarbeiten. Bey dem Ver-
kaufe haben die Wollhaͤndler nicht
ſelten im Gebrauche, die ſchlechte
und grobe Wolle unter der feinen
zu verſtecken, indem ſie die feine
uͤber die in der Mitte befindliche
grobe Wolle rollen; welches aber
nicht ſeyn ſollte. Die (7) Huͤlfs-
perſonen
bey dem Wollenhandel

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[[457]/0463] Wollenhandel Wollenhandel ſten Hand, als aus der andern Hand von den Kaufleuten, zu kau- fen. Jenes kann auf verſchiedene Art geſchehen. Denn man kaufet ſie ihnen (a) entweder auf oͤffentli- chen Maͤrkten ab, wohin ſie die Wolle zum Verkaufe, theils in Buͤn- deln auf dem Ruͤcken, theils auf Waͤgen bringen; oder man kaufet ſie ihnen (b) noch vor der Woll- ſchur auf den Schafen ab; oder man macht (c) mit großen Schaͤfe- reyen einen Jahrkauf. Wobey wir noch dieſes erinnern, daß, wenn ein Kaͤufer die Wolle hat ſacken und zeichnen laſſen, ſie fuͤr geliefert und auf ſeine Gefahr zu ſtehen geachtet werde. Weil aber die Wolle ins- gemein in dem Zuſtande, wie ſie den Schafen abgenommen iſt, und ohne in verſchiedene Gattungen abgeſondert und ſortiret zu ſeyn, von den Pachtern und Bauern an die Wollhaͤndler pflegt verkauft zu werden: ſo (5) ſortiren die Wollhaͤnd- ler ſolche nachmals nach der Feine, Laͤnge, und natuͤrlichen Farbe; wobey ſie aber nicht in allen Laͤndern auf einerley Art verfahren. Jn (a) Frankreich machen die Wollhaͤnd- ler von der abgeſchornen Wolle ins- gemein drey Gattungen, als a) die Mere-laine, welche die Wolle von dem Ruͤcken und von dem Halſe iſt, und wieder zweyerley Gattungen unter ſich begreift, die man durch die Namen Laine fine und moyenne, oder haute und baſſe Laine, unter- ſcheidet, nachdem naͤmlich die Wol- le kurz und fein, oder lang und grob iſt: Laine fine, oder Haute Laine, iſt die beſte Wolle unter al- len, und die ausgeſuchteſte Kern- wolle aus der Mere- Laine. Laine moyenne, oder Baſſe- Laine, nen- net man diejenige Wolle, die von der erſten Ausſonderung der Mere- Laine zuruͤck bleibt. Oft verſteht man auch unter der Baſſe- Laine die kuͤrzeſte und feinſte Wolle, welche die Schafe geben; b) die Wolle von den Schwaͤnzen und Schen- keln; und c) die ſo unter der Keh- le, dem Bauche, und von andern Theilen des Leibes abgenommen iſt. Diejenige Wolle, die man d) Cro- ton oder Crotin nennet, koͤnnte zwar wohl als die vierte Gattung ange- ſehen werden: allein ſie iſt ſo ſchlecht, daß man ſie faſt fuͤr nichts rechnet. Der Name, den man ihr giebt, ruͤhret von dem Miſte der Schafe her, welcher ſich in dieſelbe einge- leget hat, und der ſie ſo ſehr ver- derbet, daß ſie bloß der Ausſchuß der Wolle iſt. Einige pflegen auch, um aus der den Schafen abgenom- menen Wolle deſto mehr feine Wol- le zu erhalten, aus der Wolle von der zweyten und dritten Gattung die Kernwolle auszuleſen: welches aber ein ſchaͤdlicher Misbrauch iſt. Die (b) Spanier ſortiren ihre Wol- le faſt | auf eben die Art, wie die Franzoſen, und nennen dieſe drey Sorten Prime, Seconde und Tierce, ſiehe weiter unten, wo wir von dem ſpaniſchen Wollhandel reden. Es werden aber in Spanien dieſe 3 Sorten Wolle niemals anders als zuſammen verkaufet, um keine uͤble Reſte zu bekommen; da hingegen die Franzoſen ihre drey Sorten beſon- ders verkaufen, oder kaufen, nach dem Gebrauche, den ſie davon ma- chen wollen, oder den Manufactu- ren, zu denen ſie ſolche gebrauchen wollen. Jſt nun die Sortirung geſchehen, ſo (6) verkaufet der Wollhaͤndler die Wolle wieder an die Tuchmacher, oder laͤßt ſolche ſelbſt verarbeiten. Bey dem Ver- kaufe haben die Wollhaͤndler nicht ſelten im Gebrauche, die ſchlechte und grobe Wolle unter der feinen zu verſtecken, indem ſie die feine uͤber die in der Mitte befindliche grobe Wolle rollen; welches aber nicht ſeyn ſollte. Die (7) Huͤlfs- perſonen bey dem Wollenhandel ſind: F f 5

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [457]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/463>, abgerufen am 22.12.2024.