Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch]

St. Thomas
mal, nämlich 1610 und 1641, be-
mächtiget haben; sie haben sich aber
in deren Besitze nicht erhalten kön-
nen, sondern die Portugiesen haben
ihnen solche wieder abgenommen,
und in kurzer Zeit den fast unschätz-
baren Schaden wieder ersetzet, wel-
chen ihre Feinde den Colonien auf
dieser Jnsel zugefüget hatten, da sie
solche bey deren Verlassung fast
völlig durch Feuer und Schwerdt
verwüstet hatten. Die (5) Haupt-
stadt
heißt Pavoasan; liegt mitten
an dem auf der Nordseite dieser Jn-
sel befindlichen Seebusen, auf ei-
nem ebenen Platze; und besteht aus
ungefähr 1500 Häusern, deren je-
des zwey Stockwerke hoch ist. Bey
denselben befindet sich ein viereckig-
tes Castel, St. Sebastian genen-
net, welches auf einer ausstehenden
Ecke der Stadt und des Meerbu-
sens liegt, und wegen dieser seiner
Lage sowol, als des Weges, weil
man alle Nothwendigkeit zur See
mit kleinen Jachten ohne Hinderniß
hinein bringen kann, fast für un-
überwindlich gehalten wird, unge-
achtet es nur mit hundert Mann be-
setzt ist. Die vornehmsten (6) Na-
turgaben
sind der Zucker und der
Jngwer, welche daselbst, ungeach-
tet der großen Hitze, so gut wach-
sen, als an irgend einem Orte in
der Welt, und alle Monate einge-
sammlet werden können, weshalben
auch die Portugiesen solche beyde
mit ungemeiner Sorgfalt bauen.
Nur den einzigen Fehler hat das
Zuckerrohr, so daselbst wächst, daß
es gar zu süß ist, und überreif wird,
welches verhindert, daß der Zucker,
so daraus gepreßt wird, sich durch
kochen nicht gnugsam läutert, und
folglich nicht weiß wird. Die An-
zahl der auf dieser Jnsel befindli-
chen Zuckermühlen wird insgemein
nur auf 45 bis 50 angesetzet: allein
die Eingebohrnen des Landes versi-
chern, daß sich deren Anzahl über
[Spaltenumbruch]
St. Thomas
400 erstrecket. Sie arbeiten nur
wechselsweise, und haben jede ihre
zur Arbeit angewiesenen Monate.
Diese Zuckermühlen können jährlich
ungefähr 600 bis 700 Last Zucker
aufbringen, wovon jährlich aus
der Jnsel ungefähr 100000 Aroben
portugiesischen Gewichts, jede zu
32 Pfunden gerechnet, ausgehen.
Die andern Waaren, die auf dieser
Jnsel erzeuget, oder gemacht wer-
den, sind verschiedene zum Handel
mit den Schwarzen auf der Küste
dienliche baumwollene Zeuge; Scha-
fe und Cabrils, die daselbst vor-
trefflich sind; Rindvieh, so daselbst
kleiner und nicht so fett ist, als in
Europa; allerley Gattungen von
Feld- und Baumfrüchten, die da-
selbst vollkommen gut gerathen, in-
sonderheit türkisch Korn, Hirse,
Maniocken, Patates, Bananes,
Manioc, Melonen, Feigen, Dat-
teln, Pommeranzen, Citronen, Co-
cosnüsse; und vornehmlich diejenige
Frucht, welche Cola, oder Kola
genennet wird, und eine Gattung
von Nüssen ist, die einen Geschmack
wie Kastanien haben, und mit gros-
sem Profite zu Loanda, St. Paolo,
und andern Orten der Königreiche
Angola und Congo gegen andere
Waaren vertauschet, ja so gar von
da noch weiter verführet werden.
Und in diesen Waaren, besonders
aber in dem obgedachten Zucker und
Jngwer, besteht die (7) Handlung
dieser Jnsel. Diejenigen europäi-
schen Waaren,
welche die Portu-
giesen nach St. Thomas bringen,
sind holländische, rouanische und an-
dere Leinwande von gleicher Güte;
Zwirn von allerley Farben; leichte
Sarschen; leidensche Kamlotte; Sar-
schen von Nismes; melirte Herren-
sarschen; seidene Strümpfe; Beile;
eiserne Schaufeln, Spaden und
Hauen; Salz, Baumöl, Kupfer
in Platten, Kessel, Theer, Pech,
allerley Seil- und Tauwerk, Zu-

cker-

[Spaltenumbruch]

St. Thomas
mal, naͤmlich 1610 und 1641, be-
maͤchtiget haben; ſie haben ſich aber
in deren Beſitze nicht erhalten koͤn-
nen, ſondern die Portugieſen haben
ihnen ſolche wieder abgenommen,
und in kurzer Zeit den faſt unſchaͤtz-
baren Schaden wieder erſetzet, wel-
chen ihre Feinde den Colonien auf
dieſer Jnſel zugefuͤget hatten, da ſie
ſolche bey deren Verlaſſung faſt
voͤllig durch Feuer und Schwerdt
verwuͤſtet hatten. Die (5) Haupt-
ſtadt
heißt Pavoaſan; liegt mitten
an dem auf der Nordſeite dieſer Jn-
ſel befindlichen Seebuſen, auf ei-
nem ebenen Platze; und beſteht aus
ungefaͤhr 1500 Haͤuſern, deren je-
des zwey Stockwerke hoch iſt. Bey
denſelben befindet ſich ein viereckig-
tes Caſtel, St. Sebaſtian genen-
net, welches auf einer ausſtehenden
Ecke der Stadt und des Meerbu-
ſens liegt, und wegen dieſer ſeiner
Lage ſowol, als des Weges, weil
man alle Nothwendigkeit zur See
mit kleinen Jachten ohne Hinderniß
hinein bringen kann, faſt fuͤr un-
uͤberwindlich gehalten wird, unge-
achtet es nur mit hundert Mann be-
ſetzt iſt. Die vornehmſten (6) Na-
turgaben
ſind der Zucker und der
Jngwer, welche daſelbſt, ungeach-
tet der großen Hitze, ſo gut wach-
ſen, als an irgend einem Orte in
der Welt, und alle Monate einge-
ſammlet werden koͤnnen, weshalben
auch die Portugieſen ſolche beyde
mit ungemeiner Sorgfalt bauen.
Nur den einzigen Fehler hat das
Zuckerrohr, ſo daſelbſt waͤchſt, daß
es gar zu ſuͤß iſt, und uͤberreif wird,
welches verhindert, daß der Zucker,
ſo daraus gepreßt wird, ſich durch
kochen nicht gnugſam laͤutert, und
folglich nicht weiß wird. Die An-
zahl der auf dieſer Jnſel befindli-
chen Zuckermuͤhlen wird insgemein
nur auf 45 bis 50 angeſetzet: allein
die Eingebohrnen des Landes verſi-
chern, daß ſich deren Anzahl uͤber
[Spaltenumbruch]
St. Thomas
400 erſtrecket. Sie arbeiten nur
wechſelsweiſe, und haben jede ihre
zur Arbeit angewieſenen Monate.
Dieſe Zuckermuͤhlen koͤnnen jaͤhrlich
ungefaͤhr 600 bis 700 Laſt Zucker
aufbringen, wovon jaͤhrlich aus
der Jnſel ungefaͤhr 100000 Aroben
portugieſiſchen Gewichts, jede zu
32 Pfunden gerechnet, ausgehen.
Die andern Waaren, die auf dieſer
Jnſel erzeuget, oder gemacht wer-
den, ſind verſchiedene zum Handel
mit den Schwarzen auf der Kuͤſte
dienliche baumwollene Zeuge; Scha-
fe und Cabrils, die daſelbſt vor-
trefflich ſind; Rindvieh, ſo daſelbſt
kleiner und nicht ſo fett iſt, als in
Europa; allerley Gattungen von
Feld- und Baumfruͤchten, die da-
ſelbſt vollkommen gut gerathen, in-
ſonderheit tuͤrkiſch Korn, Hirſe,
Maniocken, Patates, Bananes,
Manioc, Melonen, Feigen, Dat-
teln, Pommeranzen, Citronen, Co-
cosnuͤſſe; und vornehmlich diejenige
Frucht, welche Cola, oder Kola
genennet wird, und eine Gattung
von Nuͤſſen iſt, die einen Geſchmack
wie Kaſtanien haben, und mit groſ-
ſem Profite zu Loanda, St. Paolo,
und andern Orten der Koͤnigreiche
Angola und Congo gegen andere
Waaren vertauſchet, ja ſo gar von
da noch weiter verfuͤhret werden.
Und in dieſen Waaren, beſonders
aber in dem obgedachten Zucker und
Jngwer, beſteht die (7) Handlung
dieſer Jnſel. Diejenigen europaͤi-
ſchen Waaren,
welche die Portu-
gieſen nach St. Thomas bringen,
ſind hollaͤndiſche, rouaniſche und an-
dere Leinwande von gleicher Guͤte;
Zwirn von allerley Farben; leichte
Sarſchen; leidenſche Kamlotte; Sar-
ſchen von Niſmes; melirte Herren-
ſarſchen; ſeidene Struͤmpfe; Beile;
eiſerne Schaufeln, Spaden und
Hauen; Salz, Baumoͤl, Kupfer
in Platten, Keſſel, Theer, Pech,
allerley Seil- und Tauwerk, Zu-

cker-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0083" n="[77]"/><cb n="153"/><fw place="top" type="header">St. Thomas</fw><lb/>
mal, na&#x0364;mlich 1610 und 1641, be-<lb/>
ma&#x0364;chtiget haben; &#x017F;ie haben &#x017F;ich aber<lb/>
in deren Be&#x017F;itze nicht erhalten ko&#x0364;n-<lb/>
nen, &#x017F;ondern die Portugie&#x017F;en haben<lb/>
ihnen &#x017F;olche wieder abgenommen,<lb/>
und in kurzer Zeit den fa&#x017F;t un&#x017F;cha&#x0364;tz-<lb/>
baren Schaden wieder er&#x017F;etzet, wel-<lb/>
chen ihre Feinde den Colonien auf<lb/>
die&#x017F;er Jn&#x017F;el zugefu&#x0364;get hatten, da &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;olche bey deren Verla&#x017F;&#x017F;ung fa&#x017F;t<lb/>
vo&#x0364;llig durch Feuer und Schwerdt<lb/>
verwu&#x0364;&#x017F;tet hatten. Die (5) <hi rendition="#fr">Haupt-<lb/>
&#x017F;tadt</hi> heißt <hi rendition="#fr">Pavoa&#x017F;an;</hi> liegt mitten<lb/>
an dem auf der Nord&#x017F;eite die&#x017F;er Jn-<lb/>
&#x017F;el befindlichen Seebu&#x017F;en, auf ei-<lb/>
nem ebenen Platze; und be&#x017F;teht aus<lb/>
ungefa&#x0364;hr 1500 Ha&#x0364;u&#x017F;ern, deren je-<lb/>
des zwey Stockwerke hoch i&#x017F;t. Bey<lb/>
den&#x017F;elben befindet &#x017F;ich ein viereckig-<lb/>
tes Ca&#x017F;tel, <hi rendition="#fr">St. Seba&#x017F;tian</hi> genen-<lb/>
net, welches auf einer aus&#x017F;tehenden<lb/>
Ecke der Stadt und des Meerbu-<lb/>
&#x017F;ens liegt, und wegen die&#x017F;er &#x017F;einer<lb/>
Lage &#x017F;owol, als des Weges, weil<lb/>
man alle Nothwendigkeit zur See<lb/>
mit kleinen Jachten ohne Hinderniß<lb/>
hinein bringen kann, fa&#x017F;t fu&#x0364;r un-<lb/>
u&#x0364;berwindlich gehalten wird, unge-<lb/>
achtet es nur mit hundert Mann be-<lb/>
&#x017F;etzt i&#x017F;t. Die vornehm&#x017F;ten (6) <hi rendition="#fr">Na-<lb/>
turgaben</hi> &#x017F;ind der Zucker und der<lb/>
Jngwer, welche da&#x017F;elb&#x017F;t, ungeach-<lb/>
tet der großen Hitze, &#x017F;o gut wach-<lb/>
&#x017F;en, als an irgend einem Orte in<lb/>
der Welt, und alle Monate einge-<lb/>
&#x017F;ammlet werden ko&#x0364;nnen, weshalben<lb/>
auch die Portugie&#x017F;en &#x017F;olche beyde<lb/>
mit ungemeiner Sorgfalt bauen.<lb/>
Nur den einzigen Fehler hat das<lb/>
Zuckerrohr, &#x017F;o da&#x017F;elb&#x017F;t wa&#x0364;ch&#x017F;t, daß<lb/>
es gar zu &#x017F;u&#x0364;ß i&#x017F;t, und u&#x0364;berreif wird,<lb/>
welches verhindert, daß der Zucker,<lb/>
&#x017F;o daraus gepreßt wird, &#x017F;ich durch<lb/>
kochen nicht gnug&#x017F;am la&#x0364;utert, und<lb/>
folglich nicht weiß wird. Die An-<lb/>
zahl der auf die&#x017F;er Jn&#x017F;el befindli-<lb/>
chen <hi rendition="#fr">Zuckermu&#x0364;hlen</hi> wird insgemein<lb/>
nur auf 45 bis 50 ange&#x017F;etzet: allein<lb/>
die Eingebohrnen des Landes ver&#x017F;i-<lb/>
chern, daß &#x017F;ich deren Anzahl u&#x0364;ber<lb/><cb n="154"/>
<fw place="top" type="header">St. Thomas</fw><lb/>
400 er&#x017F;trecket. Sie arbeiten nur<lb/>
wech&#x017F;elswei&#x017F;e, und haben jede ihre<lb/>
zur Arbeit angewie&#x017F;enen Monate.<lb/>
Die&#x017F;e Zuckermu&#x0364;hlen ko&#x0364;nnen ja&#x0364;hrlich<lb/>
ungefa&#x0364;hr 600 bis 700 La&#x017F;t Zucker<lb/>
aufbringen, wovon ja&#x0364;hrlich aus<lb/>
der Jn&#x017F;el ungefa&#x0364;hr 100000 Aroben<lb/>
portugie&#x017F;i&#x017F;chen Gewichts, jede zu<lb/>
32 Pfunden gerechnet, ausgehen.<lb/>
Die andern Waaren, die auf die&#x017F;er<lb/>
Jn&#x017F;el erzeuget, oder gemacht wer-<lb/>
den, &#x017F;ind ver&#x017F;chiedene zum Handel<lb/>
mit den Schwarzen auf der Ku&#x0364;&#x017F;te<lb/>
dienliche baumwollene Zeuge; Scha-<lb/>
fe und Cabrils, die da&#x017F;elb&#x017F;t vor-<lb/>
trefflich &#x017F;ind; Rindvieh, &#x017F;o da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
kleiner und nicht &#x017F;o fett i&#x017F;t, als in<lb/>
Europa; allerley Gattungen von<lb/>
Feld- und Baumfru&#x0364;chten, die da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t vollkommen gut gerathen, in-<lb/>
&#x017F;onderheit tu&#x0364;rki&#x017F;ch Korn, Hir&#x017F;e,<lb/>
Maniocken, Patates, Bananes,<lb/>
Manioc, Melonen, Feigen, Dat-<lb/>
teln, Pommeranzen, Citronen, Co-<lb/>
cosnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; und vornehmlich diejenige<lb/>
Frucht, welche Cola, oder Kola<lb/>
genennet wird, und eine Gattung<lb/>
von Nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, die einen Ge&#x017F;chmack<lb/>
wie Ka&#x017F;tanien haben, und mit gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;em Profite zu Loanda, St. Paolo,<lb/>
und andern Orten der Ko&#x0364;nigreiche<lb/>
Angola und Congo gegen andere<lb/>
Waaren vertau&#x017F;chet, ja &#x017F;o gar von<lb/>
da noch weiter verfu&#x0364;hret werden.<lb/>
Und in die&#x017F;en Waaren, be&#x017F;onders<lb/>
aber in dem obgedachten Zucker und<lb/>
Jngwer, be&#x017F;teht die (7) <hi rendition="#fr">Handlung</hi><lb/>
die&#x017F;er Jn&#x017F;el. Diejenigen <hi rendition="#fr">europa&#x0364;i-<lb/>
&#x017F;chen Waaren,</hi> welche die Portu-<lb/>
gie&#x017F;en nach St. Thomas bringen,<lb/>
&#x017F;ind holla&#x0364;ndi&#x017F;che, rouani&#x017F;che und an-<lb/>
dere Leinwande von gleicher Gu&#x0364;te;<lb/>
Zwirn von allerley Farben; leichte<lb/>
Sar&#x017F;chen; leiden&#x017F;che Kamlotte; Sar-<lb/>
&#x017F;chen von Ni&#x017F;mes; melirte Herren-<lb/>
&#x017F;ar&#x017F;chen; &#x017F;eidene Stru&#x0364;mpfe; Beile;<lb/>
ei&#x017F;erne Schaufeln, Spaden und<lb/>
Hauen; Salz, Baumo&#x0364;l, Kupfer<lb/>
in Platten, Ke&#x017F;&#x017F;el, Theer, Pech,<lb/>
allerley Seil- und Tauwerk, Zu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cker-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[77]/0083] St. Thomas St. Thomas mal, naͤmlich 1610 und 1641, be- maͤchtiget haben; ſie haben ſich aber in deren Beſitze nicht erhalten koͤn- nen, ſondern die Portugieſen haben ihnen ſolche wieder abgenommen, und in kurzer Zeit den faſt unſchaͤtz- baren Schaden wieder erſetzet, wel- chen ihre Feinde den Colonien auf dieſer Jnſel zugefuͤget hatten, da ſie ſolche bey deren Verlaſſung faſt voͤllig durch Feuer und Schwerdt verwuͤſtet hatten. Die (5) Haupt- ſtadt heißt Pavoaſan; liegt mitten an dem auf der Nordſeite dieſer Jn- ſel befindlichen Seebuſen, auf ei- nem ebenen Platze; und beſteht aus ungefaͤhr 1500 Haͤuſern, deren je- des zwey Stockwerke hoch iſt. Bey denſelben befindet ſich ein viereckig- tes Caſtel, St. Sebaſtian genen- net, welches auf einer ausſtehenden Ecke der Stadt und des Meerbu- ſens liegt, und wegen dieſer ſeiner Lage ſowol, als des Weges, weil man alle Nothwendigkeit zur See mit kleinen Jachten ohne Hinderniß hinein bringen kann, faſt fuͤr un- uͤberwindlich gehalten wird, unge- achtet es nur mit hundert Mann be- ſetzt iſt. Die vornehmſten (6) Na- turgaben ſind der Zucker und der Jngwer, welche daſelbſt, ungeach- tet der großen Hitze, ſo gut wach- ſen, als an irgend einem Orte in der Welt, und alle Monate einge- ſammlet werden koͤnnen, weshalben auch die Portugieſen ſolche beyde mit ungemeiner Sorgfalt bauen. Nur den einzigen Fehler hat das Zuckerrohr, ſo daſelbſt waͤchſt, daß es gar zu ſuͤß iſt, und uͤberreif wird, welches verhindert, daß der Zucker, ſo daraus gepreßt wird, ſich durch kochen nicht gnugſam laͤutert, und folglich nicht weiß wird. Die An- zahl der auf dieſer Jnſel befindli- chen Zuckermuͤhlen wird insgemein nur auf 45 bis 50 angeſetzet: allein die Eingebohrnen des Landes verſi- chern, daß ſich deren Anzahl uͤber 400 erſtrecket. Sie arbeiten nur wechſelsweiſe, und haben jede ihre zur Arbeit angewieſenen Monate. Dieſe Zuckermuͤhlen koͤnnen jaͤhrlich ungefaͤhr 600 bis 700 Laſt Zucker aufbringen, wovon jaͤhrlich aus der Jnſel ungefaͤhr 100000 Aroben portugieſiſchen Gewichts, jede zu 32 Pfunden gerechnet, ausgehen. Die andern Waaren, die auf dieſer Jnſel erzeuget, oder gemacht wer- den, ſind verſchiedene zum Handel mit den Schwarzen auf der Kuͤſte dienliche baumwollene Zeuge; Scha- fe und Cabrils, die daſelbſt vor- trefflich ſind; Rindvieh, ſo daſelbſt kleiner und nicht ſo fett iſt, als in Europa; allerley Gattungen von Feld- und Baumfruͤchten, die da- ſelbſt vollkommen gut gerathen, in- ſonderheit tuͤrkiſch Korn, Hirſe, Maniocken, Patates, Bananes, Manioc, Melonen, Feigen, Dat- teln, Pommeranzen, Citronen, Co- cosnuͤſſe; und vornehmlich diejenige Frucht, welche Cola, oder Kola genennet wird, und eine Gattung von Nuͤſſen iſt, die einen Geſchmack wie Kaſtanien haben, und mit groſ- ſem Profite zu Loanda, St. Paolo, und andern Orten der Koͤnigreiche Angola und Congo gegen andere Waaren vertauſchet, ja ſo gar von da noch weiter verfuͤhret werden. Und in dieſen Waaren, beſonders aber in dem obgedachten Zucker und Jngwer, beſteht die (7) Handlung dieſer Jnſel. Diejenigen europaͤi- ſchen Waaren, welche die Portu- gieſen nach St. Thomas bringen, ſind hollaͤndiſche, rouaniſche und an- dere Leinwande von gleicher Guͤte; Zwirn von allerley Farben; leichte Sarſchen; leidenſche Kamlotte; Sar- ſchen von Niſmes; melirte Herren- ſarſchen; ſeidene Struͤmpfe; Beile; eiſerne Schaufeln, Spaden und Hauen; Salz, Baumoͤl, Kupfer in Platten, Keſſel, Theer, Pech, allerley Seil- und Tauwerk, Zu- cker-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/83
Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [77]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/83>, abgerufen am 22.12.2024.