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Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853.

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Der Erbförster.
terling, und nun auf einmal so allein war im Wald und
weinen wollte und nach Euch schrei'n und mir Beeren
gesucht hat und so schön mit mir gespielt hat. Vorhin?
sag' ich. Ist's denn nicht einmal Nacht geworden unter-
dessen? sag' ich. Das wollte sie nicht glauben. Wir
suchten das Kind und -- fanden's natürlich nicht. Die
Menschen glauben an nichts mehr; aber ich weiß, was
ich weiß. Verstehst Du, Robert? Sag' nichts. Ich dächte,
ich hätt' es verschändet, wenn ich's auf die Zunge nähm'.
Da, drück' mir stillschweigend die Hand. Gut, Robert. --
Daß sie nicht hört, was wir von ihr reden.
(Geht leise
nach der Thür; sieht nach.)
Marie (draußen).
Willst Du was, Vater?
Förster (lacht dem Robert heimlich zu, dann barsch).
Nichts! Und komm' mir nicht etwa herein, eh' ich
--
(kommt wieder; halbleise). Siehst Du, so mußt Du's
machen. Du machst viel zu viel Sachen mit dem Mädel
da. Sie ist
(noch leiser) ein Mädel, auf das jeder Vater
stolz sein könnte, und ich denk', sie soll eine Frau werden
nach dem Herzen Gottes. Ich hab' eine; siehst Du, Dir
sag' ich's, weil ich weiß, daß Du's ihr nicht wieder sagst;
denn sie darf nichts davon wissen, sonst wär' alle Arbeit
umsonst. Und Arbeit hat mich's gekostet, bis ich sie so
weit gebracht hab'; Arbeit, sag' ich Dir. -- Daß Du
mir mein Mädel nicht verdirbst, an das ich so viel Müh'
gewandt hab', sie richtig zu erzieh'n.
Der Erbförſter.
terling, und nun auf einmal ſo allein war im Wald und
weinen wollte und nach Euch ſchrei’n und mir Beeren
geſucht hat und ſo ſchön mit mir geſpielt hat. Vorhin?
ſag’ ich. Iſt’s denn nicht einmal Nacht geworden unter-
deſſen? ſag’ ich. Das wollte ſie nicht glauben. Wir
ſuchten das Kind und — fanden’s natürlich nicht. Die
Menſchen glauben an nichts mehr; aber ich weiß, was
ich weiß. Verſtehſt Du, Robert? Sag’ nichts. Ich dächte,
ich hätt’ es verſchändet, wenn ich’s auf die Zunge nähm’.
Da, drück’ mir ſtillſchweigend die Hand. Gut, Robert. —
Daß ſie nicht hört, was wir von ihr reden.
(Geht leiſe
nach der Thür; ſieht nach.)
Marie (draußen).
Willſt Du was, Vater?
Förſter (lacht dem Robert heimlich zu, dann barſch).
Nichts! Und komm’ mir nicht etwa herein, eh’ ich
(kommt wieder; halbleiſe). Siehſt Du, ſo mußt Du’s
machen. Du machſt viel zu viel Sachen mit dem Mädel
da. Sie iſt
(noch leiſer) ein Mädel, auf das jeder Vater
ſtolz ſein könnte, und ich denk’, ſie ſoll eine Frau werden
nach dem Herzen Gottes. Ich hab’ eine; ſiehſt Du, Dir
ſag’ ich’s, weil ich weiß, daß Du’s ihr nicht wieder ſagſt;
denn ſie darf nichts davon wiſſen, ſonſt wär’ alle Arbeit
umſonſt. Und Arbeit hat mich’s gekoſtet, bis ich ſie ſo
weit gebracht hab’; Arbeit, ſag’ ich Dir. — Daß Du
mir mein Mädel nicht verdirbſt, an das ich ſo viel Müh’
gewandt hab’, ſie richtig zu erzieh’n.
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[24/0038] Der Erbförſter. terling, und nun auf einmal ſo allein war im Wald und weinen wollte und nach Euch ſchrei’n und mir Beeren geſucht hat und ſo ſchön mit mir geſpielt hat. Vorhin? ſag’ ich. Iſt’s denn nicht einmal Nacht geworden unter- deſſen? ſag’ ich. Das wollte ſie nicht glauben. Wir ſuchten das Kind und — fanden’s natürlich nicht. Die Menſchen glauben an nichts mehr; aber ich weiß, was ich weiß. Verſtehſt Du, Robert? Sag’ nichts. Ich dächte, ich hätt’ es verſchändet, wenn ich’s auf die Zunge nähm’. Da, drück’ mir ſtillſchweigend die Hand. Gut, Robert. — Daß ſie nicht hört, was wir von ihr reden. (Geht leiſe nach der Thür; ſieht nach.) Marie (draußen). Willſt Du was, Vater? Förſter (lacht dem Robert heimlich zu, dann barſch). Nichts! Und komm’ mir nicht etwa herein, eh’ ich — (kommt wieder; halbleiſe). Siehſt Du, ſo mußt Du’s machen. Du machſt viel zu viel Sachen mit dem Mädel da. Sie iſt (noch leiſer) ein Mädel, auf das jeder Vater ſtolz ſein könnte, und ich denk’, ſie ſoll eine Frau werden nach dem Herzen Gottes. Ich hab’ eine; ſiehſt Du, Dir ſag’ ich’s, weil ich weiß, daß Du’s ihr nicht wieder ſagſt; denn ſie darf nichts davon wiſſen, ſonſt wär’ alle Arbeit umſonſt. Und Arbeit hat mich’s gekoſtet, bis ich ſie ſo weit gebracht hab’; Arbeit, ſag’ ich Dir. — Daß Du mir mein Mädel nicht verdirbſt, an das ich ſo viel Müh’ gewandt hab’, ſie richtig zu erzieh’n.

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_erbfoerster_1853/38>, abgerufen am 21.11.2024.