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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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ein unversehrtes Seil. Und das Schicksal hat ihn
schon gezeichnet. Ein Tag früher, einer später, was
ist das, wenn er doch fallen muß? Ein Tag später
und es packt einen Verbrecher. Meint's das Schicksal
nicht gut, nimmt's ihn vorher aus der Welt? -- All'
diese Gedanken schlug mit einem Schlage jener eine
aus Fritz Nettenmair's Seele; im Nu war er ent¬
glommen; im Nu schlägt der Höllenfunke zur Flamme
auf. Er hat das Tau in der linken Hand; er hebt
das Beil -- und läßt es schaudernd fallen. An
dem Beile glänzt Blut; durch die ganze Länge des
Schuppens ragt ein blutiger Streif. Fritz Nettenmair
flieht aus dem Schuppen. Er flöhe gern aus sich
selbst heraus. Kaum hat er den Muth, nach Apollo¬
nius' Fenster aufzusehn. Ein heller Lichtstrahl kommt
von da. Fritz Nettenmair weicht vor ihm hinter einen
Busch. Jetzt bewegt der Strahl sich zurück. Apollo¬
nius war aufgestanden an seinem Tische, und hatte das
Licht hoch in die Höhe gehalten. Er hatte das Licht
geputzt. Es konnte eine glühende Schnuppe aus der
Scheere neben den Leuchter unter die Papiere gefallen
sein. Es war nicht geschehn, und er stellte das Licht
wieder an seine Stelle. Fritz Nettenmair kannte sei¬
nes Bruders ängstliche Gewissenhaftigkeit; er hatte
ihn das Licht mehr als hundertmal so heben sehn; er
begriff, es war kein Blut, was ihn erschreckt. Der

ein unverſehrtes Seil. Und das Schickſal hat ihn
ſchon gezeichnet. Ein Tag früher, einer ſpäter, was
iſt das, wenn er doch fallen muß? Ein Tag ſpäter
und es packt einen Verbrecher. Meint's das Schickſal
nicht gut, nimmt's ihn vorher aus der Welt? — All'
dieſe Gedanken ſchlug mit einem Schlage jener eine
aus Fritz Nettenmair's Seele; im Nu war er ent¬
glommen; im Nu ſchlägt der Höllenfunke zur Flamme
auf. Er hat das Tau in der linken Hand; er hebt
das Beil — und läßt es ſchaudernd fallen. An
dem Beile glänzt Blut; durch die ganze Länge des
Schuppens ragt ein blutiger Streif. Fritz Nettenmair
flieht aus dem Schuppen. Er flöhe gern aus ſich
ſelbſt heraus. Kaum hat er den Muth, nach Apollo¬
nius' Fenſter aufzuſehn. Ein heller Lichtſtrahl kommt
von da. Fritz Nettenmair weicht vor ihm hinter einen
Buſch. Jetzt bewegt der Strahl ſich zurück. Apollo¬
nius war aufgeſtanden an ſeinem Tiſche, und hatte das
Licht hoch in die Höhe gehalten. Er hatte das Licht
geputzt. Es konnte eine glühende Schnuppe aus der
Scheere neben den Leuchter unter die Papiere gefallen
ſein. Es war nicht geſchehn, und er ſtellte das Licht
wieder an ſeine Stelle. Fritz Nettenmair kannte ſei¬
nes Bruders ängſtliche Gewiſſenhaftigkeit; er hatte
ihn das Licht mehr als hundertmal ſo heben ſehn; er
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[186/0195] ein unverſehrtes Seil. Und das Schickſal hat ihn ſchon gezeichnet. Ein Tag früher, einer ſpäter, was iſt das, wenn er doch fallen muß? Ein Tag ſpäter und es packt einen Verbrecher. Meint's das Schickſal nicht gut, nimmt's ihn vorher aus der Welt? — All' dieſe Gedanken ſchlug mit einem Schlage jener eine aus Fritz Nettenmair's Seele; im Nu war er ent¬ glommen; im Nu ſchlägt der Höllenfunke zur Flamme auf. Er hat das Tau in der linken Hand; er hebt das Beil — und läßt es ſchaudernd fallen. An dem Beile glänzt Blut; durch die ganze Länge des Schuppens ragt ein blutiger Streif. Fritz Nettenmair flieht aus dem Schuppen. Er flöhe gern aus ſich ſelbſt heraus. Kaum hat er den Muth, nach Apollo¬ nius' Fenſter aufzuſehn. Ein heller Lichtſtrahl kommt von da. Fritz Nettenmair weicht vor ihm hinter einen Buſch. Jetzt bewegt der Strahl ſich zurück. Apollo¬ nius war aufgeſtanden an ſeinem Tiſche, und hatte das Licht hoch in die Höhe gehalten. Er hatte das Licht geputzt. Es konnte eine glühende Schnuppe aus der Scheere neben den Leuchter unter die Papiere gefallen ſein. Es war nicht geſchehn, und er ſtellte das Licht wieder an ſeine Stelle. Fritz Nettenmair kannte ſei¬ nes Bruders ängſtliche Gewiſſenhaftigkeit; er hatte ihn das Licht mehr als hundertmal ſo heben ſehn; er begriff, es war kein Blut, was ihn erſchreckt. Der

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/195>, abgerufen am 04.12.2024.