mich in den Schuppen hineingetrieben wie mit dem Stock hinter mir her. Da hab' ich mir alles Mögliche vorgestellt, was Einer drinn hat machen können, der hineingeschlichen ist. Erst hab' ich das Zimmerbeil an der Thür liegen sehn, das dahin gehört, wo das andere Werkzeug ist. Da hab' ich gedacht: Hat er was mit dem Beile gemacht? Und hab' mir wieder vorgestellt, was einer mit dem Beil drinn machen kann, der bei Nacht hineingeschlichen ist. Mir ist der Gedanke ge¬ kommen, es könnt' was an den Leitern sein. Aber ich hab' nichts gefunden daran. An dem Hängstuhl, der noch dort lag, war auch nichts. Da fing ich an, die Kloben zu betrachten, und endlich das Seilwerk. Da war an einem was, als wär's hier und da an was Hartes angetroffen, und das hätt' das Seil verschunden. Da denk' ich: Das geschieht oft und will's schon wieder hinlegen. Aber ich denk' auch wieder: Sonst ist nichts; und wenn einer hereinschleicht, hat er was gewollt; und wenn er das Beil gehabt hat, hat er auch was damit gemacht. Da seh' ich genauer zu und -- Gott behüt' einen Christenmenschen! Da war hier mit dem Beil hereingestochen, und dort, und noch einmal, und noch einmal. Ich werf's über den Balken und häng' mich daran, da klaffen die Stiche auf; ich glaub', wenn ein Fahrzeug daran wuchtet, das Seil ist im Stand, zu zerreißen." Der Alte war ganz bleich geworden über seiner Erzählung. Die Frau hatte immer angst¬
Ludwig, Zwischen Himmel und Erde. 13
mich in den Schuppen hineingetrieben wie mit dem Stock hinter mir her. Da hab' ich mir alles Mögliche vorgeſtellt, was Einer drinn hat machen können, der hineingeſchlichen iſt. Erſt hab' ich das Zimmerbeil an der Thür liegen ſehn, das dahin gehört, wo das andere Werkzeug iſt. Da hab' ich gedacht: Hat er was mit dem Beile gemacht? Und hab' mir wieder vorgeſtellt, was einer mit dem Beil drinn machen kann, der bei Nacht hineingeſchlichen iſt. Mir iſt der Gedanke ge¬ kommen, es könnt' was an den Leitern ſein. Aber ich hab' nichts gefunden daran. An dem Hängſtuhl, der noch dort lag, war auch nichts. Da fing ich an, die Kloben zu betrachten, und endlich das Seilwerk. Da war an einem was, als wär's hier und da an was Hartes angetroffen, und das hätt' das Seil verſchunden. Da denk' ich: Das geſchieht oft und will's ſchon wieder hinlegen. Aber ich denk' auch wieder: Sonſt iſt nichts; und wenn einer hereinſchleicht, hat er was gewollt; und wenn er das Beil gehabt hat, hat er auch was damit gemacht. Da ſeh' ich genauer zu und — Gott behüt' einen Chriſtenmenſchen! Da war hier mit dem Beil hereingeſtochen, und dort, und noch einmal, und noch einmal. Ich werf's über den Balken und häng' mich daran, da klaffen die Stiche auf; ich glaub', wenn ein Fahrzeug daran wuchtet, das Seil iſt im Stand, zu zerreißen.“ Der Alte war ganz bleich geworden über ſeiner Erzählung. Die Frau hatte immer angſt¬
Ludwig, Zwiſchen Himmel und Erde. 13
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mich in den Schuppen hineingetrieben wie mit dem
Stock hinter mir her. Da hab' ich mir alles Mögliche
vorgeſtellt, was Einer drinn hat machen können, der
hineingeſchlichen iſt. Erſt hab' ich das Zimmerbeil an
der Thür liegen ſehn, das dahin gehört, wo das andere
Werkzeug iſt. Da hab' ich gedacht: Hat er was mit
dem Beile gemacht? Und hab' mir wieder vorgeſtellt,
was einer mit dem Beil drinn machen kann, der bei
Nacht hineingeſchlichen iſt. Mir iſt der Gedanke ge¬
kommen, es könnt' was an den Leitern ſein. Aber ich
hab' nichts gefunden daran. An dem Hängſtuhl, der
noch dort lag, war auch nichts. Da fing ich an, die
Kloben zu betrachten, und endlich das Seilwerk. Da
war an einem was, als wär's hier und da an was
Hartes angetroffen, und das hätt' das Seil verſchunden.
Da denk' ich: Das geſchieht oft und will's ſchon
wieder hinlegen. Aber ich denk' auch wieder: Sonſt
iſt nichts; und wenn einer hereinſchleicht, hat er was
gewollt; und wenn er das Beil gehabt hat, hat er auch
was damit gemacht. Da ſeh' ich genauer zu und — Gott
behüt' einen Chriſtenmenſchen! Da war hier mit dem
Beil hereingeſtochen, und dort, und noch einmal, und
noch einmal. Ich werf's über den Balken und häng'
mich daran, da klaffen die Stiche auf; ich glaub', wenn
ein Fahrzeug daran wuchtet, das Seil iſt im Stand,
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/202>, abgerufen am 04.12.2024.
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