Anregung dazu gegeben hatte. Wie das Mädchen das Ziel war, nach dem alle Wege seines Denkens führten, so hielt er dieses, war er bei ihr angekommen, unent¬ rinnbar fest. Er vergaß den Bruder so, daß er zuletzt eigentlich mit sich selbst sprach. Der Bruder schien all das Schöne und Gute an ihr, das der Held in unbe¬ wußter Beredtsamkeit pries, erst wahrzunehmen. Er stimmte immer lebhafter bei, bis er in ein wildes Lachen ausbrach, das den Helden aus seiner Selbstvergessenheit weckte und seine Wangen so roth färbte, als die des Mädchens vorhin gewesen waren.
Und da schleichst du um den Saal, wo sie mit Andern tanzt und, zeigt sie sich, so hast du nicht das Herz, mit ihr anzubinden. Wart', ich will dein Ge¬ sandter sein. Von nun soll sie keinen Reihen tanzen als mit mir, damit kein Anderer dir die Queere kommt. Ich weiß mit den Mädels umzugeh'n. Laß' mich machen für dich.
Sie standen etwa zehn Schritt von der großen Saal¬ thüre entfernt, Apollonius derselben mit dem vollen Angesichte, der Bruder mit dem halben zugewandt. Unser Held erschrack vor dem Gedanken, daß das Mäd¬ chen heute noch Alles erfahren sollte, was er für sie fühlte. Dazu kam die Scham über sein eigenes befan¬ genes ungeschicktes Wesen ihr gegenüber und wie sie davon würde denken müssen, daß er eines Mittlers be¬ dürfe. Er hatte schon die Hand erhoben, dem Bruder
Ludwig, Zwischen Himmel und Erde. 2
Anregung dazu gegeben hatte. Wie das Mädchen das Ziel war, nach dem alle Wege ſeines Denkens führten, ſo hielt er dieſes, war er bei ihr angekommen, unent¬ rinnbar feſt. Er vergaß den Bruder ſo, daß er zuletzt eigentlich mit ſich ſelbſt ſprach. Der Bruder ſchien all das Schöne und Gute an ihr, das der Held in unbe¬ wußter Beredtſamkeit pries, erſt wahrzunehmen. Er ſtimmte immer lebhafter bei, bis er in ein wildes Lachen ausbrach, das den Helden aus ſeiner Selbſtvergeſſenheit weckte und ſeine Wangen ſo roth färbte, als die des Mädchens vorhin geweſen waren.
Und da ſchleichſt du um den Saal, wo ſie mit Andern tanzt und, zeigt ſie ſich, ſo haſt du nicht das Herz, mit ihr anzubinden. Wart', ich will dein Ge¬ ſandter ſein. Von nun ſoll ſie keinen Reihen tanzen als mit mir, damit kein Anderer dir die Queere kommt. Ich weiß mit den Mädels umzugeh'n. Laß' mich machen für dich.
Sie ſtanden etwa zehn Schritt von der großen Saal¬ thüre entfernt, Apollonius derſelben mit dem vollen Angeſichte, der Bruder mit dem halben zugewandt. Unſer Held erſchrack vor dem Gedanken, daß das Mäd¬ chen heute noch Alles erfahren ſollte, was er für ſie fühlte. Dazu kam die Scham über ſein eigenes befan¬ genes ungeſchicktes Weſen ihr gegenüber und wie ſie davon würde denken müſſen, daß er eines Mittlers be¬ dürfe. Er hatte ſchon die Hand erhoben, dem Bruder
Ludwig, Zwiſchen Himmel und Erde. 2
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Anregung dazu gegeben hatte. Wie das Mädchen das
Ziel war, nach dem alle Wege ſeines Denkens führten,
ſo hielt er dieſes, war er bei ihr angekommen, unent¬
rinnbar feſt. Er vergaß den Bruder ſo, daß er zuletzt
eigentlich mit ſich ſelbſt ſprach. Der Bruder ſchien all
das Schöne und Gute an ihr, das der Held in unbe¬
wußter Beredtſamkeit pries, erſt wahrzunehmen. Er
ſtimmte immer lebhafter bei, bis er in ein wildes Lachen
ausbrach, das den Helden aus ſeiner Selbſtvergeſſenheit
weckte und ſeine Wangen ſo roth färbte, als die des
Mädchens vorhin geweſen waren.
Und da ſchleichſt du um den Saal, wo ſie mit
Andern tanzt und, zeigt ſie ſich, ſo haſt du nicht das
Herz, mit ihr anzubinden. Wart', ich will dein Ge¬
ſandter ſein. Von nun ſoll ſie keinen Reihen tanzen
als mit mir, damit kein Anderer dir die Queere kommt.
Ich weiß mit den Mädels umzugeh'n. Laß' mich machen
für dich.
Sie ſtanden etwa zehn Schritt von der großen Saal¬
thüre entfernt, Apollonius derſelben mit dem vollen
Angeſichte, der Bruder mit dem halben zugewandt.
Unſer Held erſchrack vor dem Gedanken, daß das Mäd¬
chen heute noch Alles erfahren ſollte, was er für ſie
fühlte. Dazu kam die Scham über ſein eigenes befan¬
genes ungeſchicktes Weſen ihr gegenüber und wie ſie
davon würde denken müſſen, daß er eines Mittlers be¬
dürfe. Er hatte ſchon die Hand erhoben, dem Bruder
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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