konnten, hätte man an den alten Valentin thun müssen. War er's doch gewesen, der ihnen immer von dem Onkel erzählt, der bald zu ihnen komme. Vielleicht nur, um von dem mit Jemand sprechen zu können, von dem er so gern sprach. Der Bruder und die Schwägerin wichen solchen Gesprächen aus und der alte Herr machte sich nicht so gemein mit dem alten Gesellen, über Dinge mit ihm zu sprechen, die ihm den Vorwand bieten konnten, in irgend eine Art Ver¬ traulichkeit gegen ihn zu verfallen. Der alte Valentin hätte auch sagen können, die Kinder waren nicht zu¬ fällig dem Onkel begegnet. Sie waren gegangen, um ihn zu finden. Der alte Valentin hatte daran gedacht, wie tausend Heimkehrenden die harrende Liebe entgegeneilt; es hatte ihm weh gethan, daß nur seinem Liebling kein Gruß entgegenkäme, ehe er pochte an des Vaters Thür.
Apollonius verstummte plötzlich. Er erschrack, daß die Verlegenheit ihn des Vaters vergessen gemacht. Der Bruder verstand seine Bewegung und sagte erleichtert: er ist im Gärtchen. Apollonius sprang auf und eilte hinaus.
Da unter seinen Beeten kauerte die Gestalt des alten Herrn. Er folgte der Scheere des alten Valen¬ tin, der auf den Knieen vor ihm herrutschte, noch im¬ mer mit den prüfenden Händen. Er fand manche Un¬ gleichheit, die der Geselle sofort entfernen mußte. Ein
konnten, hätte man an den alten Valentin thun müſſen. War er's doch geweſen, der ihnen immer von dem Onkel erzählt, der bald zu ihnen komme. Vielleicht nur, um von dem mit Jemand ſprechen zu können, von dem er ſo gern ſprach. Der Bruder und die Schwägerin wichen ſolchen Geſprächen aus und der alte Herr machte ſich nicht ſo gemein mit dem alten Geſellen, über Dinge mit ihm zu ſprechen, die ihm den Vorwand bieten konnten, in irgend eine Art Ver¬ traulichkeit gegen ihn zu verfallen. Der alte Valentin hätte auch ſagen können, die Kinder waren nicht zu¬ fällig dem Onkel begegnet. Sie waren gegangen, um ihn zu finden. Der alte Valentin hatte daran gedacht, wie tauſend Heimkehrenden die harrende Liebe entgegeneilt; es hatte ihm weh gethan, daß nur ſeinem Liebling kein Gruß entgegenkäme, ehe er pochte an des Vaters Thür.
Apollonius verſtummte plötzlich. Er erſchrack, daß die Verlegenheit ihn des Vaters vergeſſen gemacht. Der Bruder verſtand ſeine Bewegung und ſagte erleichtert: er iſt im Gärtchen. Apollonius ſprang auf und eilte hinaus.
Da unter ſeinen Beeten kauerte die Geſtalt des alten Herrn. Er folgte der Scheere des alten Valen¬ tin, der auf den Knieen vor ihm herrutſchte, noch im¬ mer mit den prüfenden Händen. Er fand manche Un¬ gleichheit, die der Geſelle ſofort entfernen mußte. Ein
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konnten, hätte man an den alten Valentin thun müſſen.
War er's doch geweſen, der ihnen immer von dem
Onkel erzählt, der bald zu ihnen komme. Vielleicht
nur, um von dem mit Jemand ſprechen zu können,
von dem er ſo gern ſprach. Der Bruder und die
Schwägerin wichen ſolchen Geſprächen aus und der
alte Herr machte ſich nicht ſo gemein mit dem alten
Geſellen, über Dinge mit ihm zu ſprechen, die ihm
den Vorwand bieten konnten, in irgend eine Art Ver¬
traulichkeit gegen ihn zu verfallen. Der alte Valentin
hätte auch ſagen können, die Kinder waren nicht zu¬
fällig dem Onkel begegnet. Sie waren gegangen, um
ihn zu finden. Der alte Valentin hatte daran
gedacht, wie tauſend Heimkehrenden die harrende Liebe
entgegeneilt; es hatte ihm weh gethan, daß nur ſeinem
Liebling kein Gruß entgegenkäme, ehe er pochte an des
Vaters Thür.
Apollonius verſtummte plötzlich. Er erſchrack, daß
die Verlegenheit ihn des Vaters vergeſſen gemacht. Der
Bruder verſtand ſeine Bewegung und ſagte erleichtert:
er iſt im Gärtchen. Apollonius ſprang auf und eilte
hinaus.
Da unter ſeinen Beeten kauerte die Geſtalt des
alten Herrn. Er folgte der Scheere des alten Valen¬
tin, der auf den Knieen vor ihm herrutſchte, noch im¬
mer mit den prüfenden Händen. Er fand manche Un¬
gleichheit, die der Geſelle ſofort entfernen mußte. Ein
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/56>, abgerufen am 21.11.2024.
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