Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Tibial-Fibulargelenke.
gespannt, analog allen Lateralbändern der Cylindergelenke. Die Seiten-
bänder verhindern also die Ueberstreckung und stellen das Gelenk
während der aufrechten Stellung steif; Ed. Weber. Die ligam. cruciata
sind vorzugsweise in der Beugung des Gelenkes wirksam und bedingen
es, dass der Oberschenkelknochen auch in der Beugung auf der Tibia
hinrollen muss. Der Mechanismus, durch den sie wirken, liegt darin, dass
[Abbildung] Fig. 116.
[Abbildung] Fig. 117.
die im Oberschenkel
befindlichen Ansätze
aus einer wagrechten
in eine senkrechte Lage
bei verschiedenen Stel-
lungen übergehen und
zwar wird (Fig. 116 A)
der in der Streckung
senkrechte Ansatz-
punkt des vordern Ban-
des wagrecht bei der
Beugung (Fig. 117. A),
und der bei der Beu-
gung senkrechte An-
satzpunkt des hintern
Bandes wagrecht bei
der Streckung. Hie-
durch erfolgen stetige
Ab- und Aufwicklun-
gen einzelner Theile beider Bänder; Ed. Weber. -- Die Bänder,
an welche die halbmondförmigen Knorpel geheftet sind, stellen den
innern in allen Stellungen des Gelenks fest.

Die Fettbänder endlich werden, da das Gelenk luftleer, in die
bei der Beugung vorn entstehenden grossen Lücken gedrängt; ihr
Gang wird durch die Anheftung an den Oberschenkelkochen ge-
sichert. Sie sind somit Ventile.

Das Kniescheibengelenk ist für das Kniegelenk ohne wesentliche Bedeu-
tung, wie daraus hervorgeht, dass die Kniescheibe ohne Störung des Mechanismus
der Kniegelenke am todten Bein ausgeschnitten werden kann. Die Kniescheibe ist
nichts anderes als ein Sehnenknochen. Die Wirkungen der besonderen Formen ihrer
Gelenkflächen sind noch nicht erörtert. Siehe hierüber Stehen.

Tibial-Fibulargelenke. Das obere ist ein Berührungsgelenk
mit überknorpelten Gelenkflächen, welches eine beschränkte Bewegung
nach oben und von hinten nach vorn gestattet. Seine Bewegungen
werden gehemmt durch das capitulum fibulae und die ligam. tibiofibu-
laria superiora. -- Im unteren Gelenke berühren sich die beiden
Knochen nicht unmittelbar; zwischen beide ist ein aus Bindewebe und
Fett bestehendes Polster gelegt, so dass sich die Fibula ebensowohl
um ein Geringes von der tibia entfernen, als auch um die tibia drehen

Ludwig, Physiolog. I. 25

Tibial-Fibulargelenke.
gespannt, analog allen Lateralbändern der Cylindergelenke. Die Seiten-
bänder verhindern also die Ueberstreckung und stellen das Gelenk
während der aufrechten Stellung steif; Ed. Weber. Die ligam. cruciata
sind vorzugsweise in der Beugung des Gelenkes wirksam und bedingen
es, dass der Oberschenkelknochen auch in der Beugung auf der Tibia
hinrollen muss. Der Mechanismus, durch den sie wirken, liegt darin, dass
[Abbildung] Fig. 116.
[Abbildung] Fig. 117.
die im Oberschenkel
befindlichen Ansätze
aus einer wagrechten
in eine senkrechte Lage
bei verschiedenen Stel-
lungen übergehen und
zwar wird (Fig. 116 A)
der in der Streckung
senkrechte Ansatz-
punkt des vordern Ban-
des wagrecht bei der
Beugung (Fig. 117. A),
und der bei der Beu-
gung senkrechte An-
satzpunkt des hintern
Bandes wagrecht bei
der Streckung. Hie-
durch erfolgen stetige
Ab- und Aufwicklun-
gen einzelner Theile beider Bänder; Ed. Weber. — Die Bänder,
an welche die halbmondförmigen Knorpel geheftet sind, stellen den
innern in allen Stellungen des Gelenks fest.

Die Fettbänder endlich werden, da das Gelenk luftleer, in die
bei der Beugung vorn entstehenden grossen Lücken gedrängt; ihr
Gang wird durch die Anheftung an den Oberschenkelkochen ge-
sichert. Sie sind somit Ventile.

Das Kniescheibengelenk ist für das Kniegelenk ohne wesentliche Bedeu-
tung, wie daraus hervorgeht, dass die Kniescheibe ohne Störung des Mechanismus
der Kniegelenke am todten Bein ausgeschnitten werden kann. Die Kniescheibe ist
nichts anderes als ein Sehnenknochen. Die Wirkungen der besonderen Formen ihrer
Gelenkflächen sind noch nicht erörtert. Siehe hierüber Stehen.

Tibial-Fibulargelenke. Das obere ist ein Berührungsgelenk
mit überknorpelten Gelenkflächen, welches eine beschränkte Bewegung
nach oben und von hinten nach vorn gestattet. Seine Bewegungen
werden gehemmt durch das capitulum fibulae und die ligam. tibiofibu-
laria superiora. — Im unteren Gelenke berühren sich die beiden
Knochen nicht unmittelbar; zwischen beide ist ein aus Bindewebe und
Fett bestehendes Polster gelegt, so dass sich die Fibula ebensowohl
um ein Geringes von der tibia entfernen, als auch um die tibia drehen

Ludwig, Physiolog. I. 25
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0399" n="385"/><fw place="top" type="header">Tibial-Fibulargelenke.</fw><lb/>
gespannt, analog allen Lateralbändern der Cylindergelenke. Die Seiten-<lb/>
bänder verhindern also die Ueberstreckung und stellen das Gelenk<lb/>
während der aufrechten Stellung steif; <hi rendition="#g">Ed. Weber</hi>. Die ligam. cruciata<lb/>
sind vorzugsweise in der Beugung des Gelenkes wirksam und bedingen<lb/>
es, dass der Oberschenkelknochen auch in der Beugung auf der Tibia<lb/>
hinrollen muss. Der Mechanismus, durch den sie wirken, liegt darin, dass<lb/><figure><head>Fig. 116.</head></figure><lb/><figure><head>Fig. 117.</head></figure><lb/>
die im Oberschenkel<lb/>
befindlichen Ansätze<lb/>
aus einer wagrechten<lb/>
in eine senkrechte Lage<lb/>
bei verschiedenen Stel-<lb/>
lungen übergehen und<lb/>
zwar wird (Fig. 116 A)<lb/>
der in der Streckung<lb/>
senkrechte Ansatz-<lb/>
punkt des vordern Ban-<lb/>
des wagrecht bei der<lb/>
Beugung (Fig. 117. A),<lb/>
und der bei der Beu-<lb/>
gung senkrechte An-<lb/>
satzpunkt des hintern<lb/>
Bandes wagrecht bei<lb/>
der Streckung. Hie-<lb/>
durch erfolgen stetige<lb/>
Ab- und Aufwicklun-<lb/>
gen einzelner Theile beider Bänder; <hi rendition="#g">Ed. Weber</hi>. &#x2014; Die Bänder,<lb/>
an welche die halbmondförmigen Knorpel geheftet sind, stellen den<lb/>
innern in allen Stellungen des Gelenks fest.</p><lb/>
            <p>Die Fettbänder endlich werden, da das Gelenk luftleer, in die<lb/>
bei der Beugung vorn entstehenden grossen Lücken gedrängt; ihr<lb/>
Gang wird durch die Anheftung an den Oberschenkelkochen ge-<lb/>
sichert. Sie sind somit Ventile.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Das Kniescheibengelenk</hi> ist für das Kniegelenk ohne wesentliche Bedeu-<lb/>
tung, wie daraus hervorgeht, dass die Kniescheibe ohne Störung des Mechanismus<lb/>
der Kniegelenke am todten Bein ausgeschnitten werden kann. Die Kniescheibe ist<lb/>
nichts anderes als ein Sehnenknochen. Die Wirkungen der besonderen Formen ihrer<lb/>
Gelenkflächen sind noch nicht erörtert. Siehe hierüber Stehen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Tibial-Fibulargelenke</hi>. Das <hi rendition="#g">obere</hi> ist ein Berührungsgelenk<lb/>
mit überknorpelten Gelenkflächen, welches eine beschränkte Bewegung<lb/>
nach oben und von hinten nach vorn gestattet. Seine Bewegungen<lb/>
werden gehemmt durch das capitulum fibulae und die ligam. tibiofibu-<lb/>
laria superiora. &#x2014; Im <hi rendition="#g">unteren</hi> Gelenke berühren sich die beiden<lb/>
Knochen nicht unmittelbar; zwischen beide ist ein aus Bindewebe und<lb/>
Fett bestehendes Polster gelegt, so dass sich die Fibula ebensowohl<lb/>
um ein Geringes von der tibia entfernen, als auch um die tibia drehen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Ludwig, Physiolog. I. 25</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0399] Tibial-Fibulargelenke. gespannt, analog allen Lateralbändern der Cylindergelenke. Die Seiten- bänder verhindern also die Ueberstreckung und stellen das Gelenk während der aufrechten Stellung steif; Ed. Weber. Die ligam. cruciata sind vorzugsweise in der Beugung des Gelenkes wirksam und bedingen es, dass der Oberschenkelknochen auch in der Beugung auf der Tibia hinrollen muss. Der Mechanismus, durch den sie wirken, liegt darin, dass [Abbildung Fig. 116.] [Abbildung Fig. 117.] die im Oberschenkel befindlichen Ansätze aus einer wagrechten in eine senkrechte Lage bei verschiedenen Stel- lungen übergehen und zwar wird (Fig. 116 A) der in der Streckung senkrechte Ansatz- punkt des vordern Ban- des wagrecht bei der Beugung (Fig. 117. A), und der bei der Beu- gung senkrechte An- satzpunkt des hintern Bandes wagrecht bei der Streckung. Hie- durch erfolgen stetige Ab- und Aufwicklun- gen einzelner Theile beider Bänder; Ed. Weber. — Die Bänder, an welche die halbmondförmigen Knorpel geheftet sind, stellen den innern in allen Stellungen des Gelenks fest. Die Fettbänder endlich werden, da das Gelenk luftleer, in die bei der Beugung vorn entstehenden grossen Lücken gedrängt; ihr Gang wird durch die Anheftung an den Oberschenkelkochen ge- sichert. Sie sind somit Ventile. Das Kniescheibengelenk ist für das Kniegelenk ohne wesentliche Bedeu- tung, wie daraus hervorgeht, dass die Kniescheibe ohne Störung des Mechanismus der Kniegelenke am todten Bein ausgeschnitten werden kann. Die Kniescheibe ist nichts anderes als ein Sehnenknochen. Die Wirkungen der besonderen Formen ihrer Gelenkflächen sind noch nicht erörtert. Siehe hierüber Stehen. Tibial-Fibulargelenke. Das obere ist ein Berührungsgelenk mit überknorpelten Gelenkflächen, welches eine beschränkte Bewegung nach oben und von hinten nach vorn gestattet. Seine Bewegungen werden gehemmt durch das capitulum fibulae und die ligam. tibiofibu- laria superiora. — Im unteren Gelenke berühren sich die beiden Knochen nicht unmittelbar; zwischen beide ist ein aus Bindewebe und Fett bestehendes Polster gelegt, so dass sich die Fibula ebensowohl um ein Geringes von der tibia entfernen, als auch um die tibia drehen Ludwig, Physiolog. I. 25

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/399
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/399>, abgerufen am 22.11.2024.