doch darin übereinstimmen, dass sie eine Veränderung der ausgeschiede- nen Säfte anbahnen und vollenden; diese Veränderungen betreffen eben- sowohl die chemische Zusammensetzung, als auch den Aggregatzustand derselben.
a. Chemische Umsetzungen der ausgeschiedenen Stoffe. Die Thatsachen, auf welche eine theoretische Uebersicht derselben gebaut werden könnte, sind gegenwärtig noch in keinem Falle mit genügender Schärfe festzustellen. Hierzu gehörte vor Allem eine genaue Einsicht in die Zusammensetzung ebensowohl der ursprünglich ausgeschiedenen als auch der später veränderten Flüssigkeiten, und nicht minder eine Kennt- niss aller der Umstände, durch welche der jedesmal in Betracht gezogene Ort eine chemische Umwandlung einzuleiten vermöchte. Der organischen Chemie kann es nicht zum Vorwurf gereichen, dass sie die Schwierig- keiten, welche sich der Lösung einer solchen Aufgabe entgegenstellen, bis dahin nicht zu heben vermochte.
Wir vermuthen mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit, dass die chemischen Umsetzungen, welche in den ausgeschiedenen Blutbestand- theilen vor sich gehen, sich erstens vorzugsweise beziehen auf die orga- nischen Substanzen derselben und insbesondere auf die eiweiss- und fett- artigen Stoffe. Diese Vermuthung entspringt aus der nicht unbeträcht- lichen Zahl von Erfahrungen über die Zusammensetzung einzelner in den thierischen Geweben vorkommender Stoffe; diese letztern bestehen nem- lich fast sämmtlich aus Atomen, welche nur mittelst des Eiweisses oder der Fette in die Gewebe gelangt sein können. Die einzigen Ausnahmen von dieser Regel bilden, so weit wir wissen, die Salzsäure des Magens und einige Verbindungen organischer Säuren mit Natron, welche durch die Zersetzung des Chlornatriums und des kohlensauren Natrons entstanden sein müssen.
Wir geben nun sogleich ein Verzeichniss derjenigen Stoffe, deren Entstehung aus einer Umsetzung des Eiweisses und der Fette abgeleitet werden muss. Aus dieser Aufzählung schliessen wir jedoch aus alle die- jenigen Produkte, die uns, wie das Thymin, Lecithin, Cerebrin, Oleo- phosphorsäure(?), einige Farbstoffe u. s. w., nur nach ihren Verwandt- schafts- oder Crystallisationseigenschaften, nicht aber nach ihrer Zusam- mensetzung bekannt sind.
Die in die Tabelle aufgenommenen Stoffe sind in zwei Spalten ge- ordnet, von denen die eine alle diejenigen Atomgruppen enthält, welche man mit Gewissheit oder Wahrscheinlichkeit als Abkömmlinge des Ei- weisses ansieht, während die andere die Abkömmlinge der Fette ent- hält. -- Die Reihenfolge der komplizirten Atomgruppen ist bestimmt wor- den nach ihrem relativen Gehalt an Stickstoff, in der Art, dass dieje- nigen, welche arm an diesem Elemente sind, vorangestellt wurden.
Chemische Umsetzung der ausgeschiedenen Säfte.
doch darin übereinstimmen, dass sie eine Veränderung der ausgeschiede- nen Säfte anbahnen und vollenden; diese Veränderungen betreffen eben- sowohl die chemische Zusammensetzung, als auch den Aggregatzustand derselben.
a. Chemische Umsetzungen der ausgeschiedenen Stoffe. Die Thatsachen, auf welche eine theoretische Uebersicht derselben gebaut werden könnte, sind gegenwärtig noch in keinem Falle mit genügender Schärfe festzustellen. Hierzu gehörte vor Allem eine genaue Einsicht in die Zusammensetzung ebensowohl der ursprünglich ausgeschiedenen als auch der später veränderten Flüssigkeiten, und nicht minder eine Kennt- niss aller der Umstände, durch welche der jedesmal in Betracht gezogene Ort eine chemische Umwandlung einzuleiten vermöchte. Der organischen Chemie kann es nicht zum Vorwurf gereichen, dass sie die Schwierig- keiten, welche sich der Lösung einer solchen Aufgabe entgegenstellen, bis dahin nicht zu heben vermochte.
Wir vermuthen mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit, dass die chemischen Umsetzungen, welche in den ausgeschiedenen Blutbestand- theilen vor sich gehen, sich erstens vorzugsweise beziehen auf die orga- nischen Substanzen derselben und insbesondere auf die eiweiss- und fett- artigen Stoffe. Diese Vermuthung entspringt aus der nicht unbeträcht- lichen Zahl von Erfahrungen über die Zusammensetzung einzelner in den thierischen Geweben vorkommender Stoffe; diese letztern bestehen nem- lich fast sämmtlich aus Atomen, welche nur mittelst des Eiweisses oder der Fette in die Gewebe gelangt sein können. Die einzigen Ausnahmen von dieser Regel bilden, so weit wir wissen, die Salzsäure des Magens und einige Verbindungen organischer Säuren mit Natron, welche durch die Zersetzung des Chlornatriums und des kohlensauren Natrons entstanden sein müssen.
Wir geben nun sogleich ein Verzeichniss derjenigen Stoffe, deren Entstehung aus einer Umsetzung des Eiweisses und der Fette abgeleitet werden muss. Aus dieser Aufzählung schliessen wir jedoch aus alle die- jenigen Produkte, die uns, wie das Thymin, Lecithin, Cerebrin, Oleo- phosphorsäure(?), einige Farbstoffe u. s. w., nur nach ihren Verwandt- schafts- oder Crystallisationseigenschaften, nicht aber nach ihrer Zusam- mensetzung bekannt sind.
Die in die Tabelle aufgenommenen Stoffe sind in zwei Spalten ge- ordnet, von denen die eine alle diejenigen Atomgruppen enthält, welche man mit Gewissheit oder Wahrscheinlichkeit als Abkömmlinge des Ei- weisses ansieht, während die andere die Abkömmlinge der Fette ent- hält. — Die Reihenfolge der komplizirten Atomgruppen ist bestimmt wor- den nach ihrem relativen Gehalt an Stickstoff, in der Art, dass dieje- nigen, welche arm an diesem Elemente sind, vorangestellt wurden.
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Chemische Umsetzung der ausgeschiedenen Säfte.
doch darin übereinstimmen, dass sie eine Veränderung der ausgeschiede-
nen Säfte anbahnen und vollenden; diese Veränderungen betreffen eben-
sowohl die chemische Zusammensetzung, als auch den Aggregatzustand
derselben.
a. Chemische Umsetzungen der ausgeschiedenen Stoffe.
Die Thatsachen, auf welche eine theoretische Uebersicht derselben gebaut
werden könnte, sind gegenwärtig noch in keinem Falle mit genügender
Schärfe festzustellen. Hierzu gehörte vor Allem eine genaue Einsicht in
die Zusammensetzung ebensowohl der ursprünglich ausgeschiedenen als
auch der später veränderten Flüssigkeiten, und nicht minder eine Kennt-
niss aller der Umstände, durch welche der jedesmal in Betracht gezogene
Ort eine chemische Umwandlung einzuleiten vermöchte. Der organischen
Chemie kann es nicht zum Vorwurf gereichen, dass sie die Schwierig-
keiten, welche sich der Lösung einer solchen Aufgabe entgegenstellen,
bis dahin nicht zu heben vermochte.
Wir vermuthen mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit, dass
die chemischen Umsetzungen, welche in den ausgeschiedenen Blutbestand-
theilen vor sich gehen, sich erstens vorzugsweise beziehen auf die orga-
nischen Substanzen derselben und insbesondere auf die eiweiss- und fett-
artigen Stoffe. Diese Vermuthung entspringt aus der nicht unbeträcht-
lichen Zahl von Erfahrungen über die Zusammensetzung einzelner in den
thierischen Geweben vorkommender Stoffe; diese letztern bestehen nem-
lich fast sämmtlich aus Atomen, welche nur mittelst des Eiweisses oder
der Fette in die Gewebe gelangt sein können. Die einzigen Ausnahmen
von dieser Regel bilden, so weit wir wissen, die Salzsäure des Magens und
einige Verbindungen organischer Säuren mit Natron, welche durch die
Zersetzung des Chlornatriums und des kohlensauren Natrons entstanden
sein müssen.
Wir geben nun sogleich ein Verzeichniss derjenigen Stoffe, deren
Entstehung aus einer Umsetzung des Eiweisses und der Fette abgeleitet
werden muss. Aus dieser Aufzählung schliessen wir jedoch aus alle die-
jenigen Produkte, die uns, wie das Thymin, Lecithin, Cerebrin, Oleo-
phosphorsäure(?), einige Farbstoffe u. s. w., nur nach ihren Verwandt-
schafts- oder Crystallisationseigenschaften, nicht aber nach ihrer Zusam-
mensetzung bekannt sind.
Die in die Tabelle aufgenommenen Stoffe sind in zwei Spalten ge-
ordnet, von denen die eine alle diejenigen Atomgruppen enthält, welche
man mit Gewissheit oder Wahrscheinlichkeit als Abkömmlinge des Ei-
weisses ansieht, während die andere die Abkömmlinge der Fette ent-
hält. — Die Reihenfolge der komplizirten Atomgruppen ist bestimmt wor-
den nach ihrem relativen Gehalt an Stickstoff, in der Art, dass dieje-
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/166>, abgerufen am 21.11.2024.
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