wir behaupten, dass die Epidermis ein schlechter Wärmeleiter sei; Elek- trizität leitet sie nur, insofern sie Wasser enthält; also leitet eine sog. feuchte Haut besser als eine trockene und eine warme besser als eine kalte (E d. Weber) *).
5. Von der Ernährung der Epidermis. -- Den Muttersaft der Pflaster- zellen liefern die oberflächlichsten Gefässe der Cutis. Aus ihm entstehen zunächst die Zellen, welche in den tiefsten Schichten der Oberhaut ent- halten sind. Der Beweis hierfür liegt in der bekannten Erfahrung, dass eine Lücke, die man in die Epidermis geschnitten, sich nicht dadurch ausfüllt, dass auf der freien Oberfläche der Lücke neue Zellenlagen ent- stehen, sondern in der Weise, dass sich der Boden derselben allmählig erhebt, durch einen von der Cutisoberfläche her erfolgenden Nachschub von Zellen. -- Die Ursachen der Absonderung jenes Bildungssaftes sind uns unbekannt, und nicht minder die Zusammensetzung der primären Flüssigkeit. -- Zwischen der Absonderungsgeschwindigkeit des Mutter- saftes und der Zellenbildung scheint das Abhängigkeitsverhältniss zu be- stehen, dass sich nur bis zu einem gewissen Grade die Bildung neuer Zellen mehrt mit der Menge der abgesonderten Flüssigkeit; steigert sich die Absonderungsgeschwindigkeit noch weiter, so hört alle Bildung von Epidermis auf. -- Diesen Satz stützen wir damit, dass eine Erwei- terung der Capillarengefässe in der Cutis, also eine vermehrte Spannung des Bluts in ihnen, wie wir sie gewahren nach gelindem Druck, höhe- ren Erwärmungen u. dgl., die Epidermisbildung mehrt (Schwielen der Hand- und Feuerarbeiter); eine weiter getriebene Ausdehnung der Ge- fässe, die in kurzer Zeit den Austritt grösserer Mengen von Flüssigkeit zur Folge hat, hebt dagegen die Epidermis ab, und in der Blasenflüs- sigkeit entstehen keine Epithelien; ihre Bildung beginnt erst wieder mit dem Austrocknen der Blase. In der That scheint ein grosser Theil der oberhautbildenden Mittel der Aerzte die Aufgabe zu haben, das Maass der Absonderung zu regeln, indem sie entweder auf die Erhöhung des Elastizitätscoeffizienten der Gefässhäute (Blei-, Silbersalpeter) oder auf die Verringerung des Gefässdurchmessers (Einwickelungen) einwirken. -- Der chemische und mechanische Vorgang, der die Ueberführung der Flüssigkeit in die Zelle bedingt, ist unbekannt. Man behauptete mit Rücksicht auf den letztern früherhin, dass aus dem Muttersaft zuerst aus irgend welchem Grunde Zellenkerne entständen, welche sich mit einer Haut umhüllten; neuerlichst bestreitet man dieses und setzt an die Stelle der alten Hypothese eine andere, wonach die tiefsten, cylindrisch geform- ten Zellen sich an ihrem freien, von der Cutis abgewendeten Ende ab- gewendeten Ende abschnüren und damit zur Entstehung der kleinen Kugelzellen Veranlassung geben sollen. Die Gründe für die Feststellung
*) Quaestiones physiologicae de phaenom. etc. 1836.
Ernährung der Epidermis.
wir behaupten, dass die Epidermis ein schlechter Wärmeleiter sei; Elek- trizität leitet sie nur, insofern sie Wasser enthält; also leitet eine sog. feuchte Haut besser als eine trockene und eine warme besser als eine kalte (E d. Weber) *).
5. Von der Ernährung der Epidermis. — Den Muttersaft der Pflaster- zellen liefern die oberflächlichsten Gefässe der Cutis. Aus ihm entstehen zunächst die Zellen, welche in den tiefsten Schichten der Oberhaut ent- halten sind. Der Beweis hierfür liegt in der bekannten Erfahrung, dass eine Lücke, die man in die Epidermis geschnitten, sich nicht dadurch ausfüllt, dass auf der freien Oberfläche der Lücke neue Zellenlagen ent- stehen, sondern in der Weise, dass sich der Boden derselben allmählig erhebt, durch einen von der Cutisoberfläche her erfolgenden Nachschub von Zellen. — Die Ursachen der Absonderung jenes Bildungssaftes sind uns unbekannt, und nicht minder die Zusammensetzung der primären Flüssigkeit. — Zwischen der Absonderungsgeschwindigkeit des Mutter- saftes und der Zellenbildung scheint das Abhängigkeitsverhältniss zu be- stehen, dass sich nur bis zu einem gewissen Grade die Bildung neuer Zellen mehrt mit der Menge der abgesonderten Flüssigkeit; steigert sich die Absonderungsgeschwindigkeit noch weiter, so hört alle Bildung von Epidermis auf. — Diesen Satz stützen wir damit, dass eine Erwei- terung der Capillarengefässe in der Cutis, also eine vermehrte Spannung des Bluts in ihnen, wie wir sie gewahren nach gelindem Druck, höhe- ren Erwärmungen u. dgl., die Epidermisbildung mehrt (Schwielen der Hand- und Feuerarbeiter); eine weiter getriebene Ausdehnung der Ge- fässe, die in kurzer Zeit den Austritt grösserer Mengen von Flüssigkeit zur Folge hat, hebt dagegen die Epidermis ab, und in der Blasenflüs- sigkeit entstehen keine Epithelien; ihre Bildung beginnt erst wieder mit dem Austrocknen der Blase. In der That scheint ein grosser Theil der oberhautbildenden Mittel der Aerzte die Aufgabe zu haben, das Maass der Absonderung zu regeln, indem sie entweder auf die Erhöhung des Elastizitätscoeffizienten der Gefässhäute (Blei-, Silbersalpeter) oder auf die Verringerung des Gefässdurchmessers (Einwickelungen) einwirken. — Der chemische und mechanische Vorgang, der die Ueberführung der Flüssigkeit in die Zelle bedingt, ist unbekannt. Man behauptete mit Rücksicht auf den letztern früherhin, dass aus dem Muttersaft zuerst aus irgend welchem Grunde Zellenkerne entständen, welche sich mit einer Haut umhüllten; neuerlichst bestreitet man dieses und setzt an die Stelle der alten Hypothese eine andere, wonach die tiefsten, cylindrisch geform- ten Zellen sich an ihrem freien, von der Cutis abgewendeten Ende ab- gewendeten Ende abschnüren und damit zur Entstehung der kleinen Kugelzellen Veranlassung geben sollen. Die Gründe für die Feststellung
*) Quaestiones physiologicae de phaenom. etc. 1836.
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Ernährung der Epidermis.
wir behaupten, dass die Epidermis ein schlechter Wärmeleiter sei; Elek-
trizität leitet sie nur, insofern sie Wasser enthält; also leitet eine sog.
feuchte Haut besser als eine trockene und eine warme besser als eine
kalte (E d. Weber) *).
5. Von der Ernährung der Epidermis. — Den Muttersaft der Pflaster-
zellen liefern die oberflächlichsten Gefässe der Cutis. Aus ihm entstehen
zunächst die Zellen, welche in den tiefsten Schichten der Oberhaut ent-
halten sind. Der Beweis hierfür liegt in der bekannten Erfahrung, dass
eine Lücke, die man in die Epidermis geschnitten, sich nicht dadurch
ausfüllt, dass auf der freien Oberfläche der Lücke neue Zellenlagen ent-
stehen, sondern in der Weise, dass sich der Boden derselben allmählig
erhebt, durch einen von der Cutisoberfläche her erfolgenden Nachschub
von Zellen. — Die Ursachen der Absonderung jenes Bildungssaftes sind
uns unbekannt, und nicht minder die Zusammensetzung der primären
Flüssigkeit. — Zwischen der Absonderungsgeschwindigkeit des Mutter-
saftes und der Zellenbildung scheint das Abhängigkeitsverhältniss zu be-
stehen, dass sich nur bis zu einem gewissen Grade die Bildung neuer
Zellen mehrt mit der Menge der abgesonderten Flüssigkeit; steigert sich
die Absonderungsgeschwindigkeit noch weiter, so hört alle Bildung
von Epidermis auf. — Diesen Satz stützen wir damit, dass eine Erwei-
terung der Capillarengefässe in der Cutis, also eine vermehrte Spannung
des Bluts in ihnen, wie wir sie gewahren nach gelindem Druck, höhe-
ren Erwärmungen u. dgl., die Epidermisbildung mehrt (Schwielen der
Hand- und Feuerarbeiter); eine weiter getriebene Ausdehnung der Ge-
fässe, die in kurzer Zeit den Austritt grösserer Mengen von Flüssigkeit
zur Folge hat, hebt dagegen die Epidermis ab, und in der Blasenflüs-
sigkeit entstehen keine Epithelien; ihre Bildung beginnt erst wieder mit
dem Austrocknen der Blase. In der That scheint ein grosser Theil der
oberhautbildenden Mittel der Aerzte die Aufgabe zu haben, das Maass
der Absonderung zu regeln, indem sie entweder auf die Erhöhung des
Elastizitätscoeffizienten der Gefässhäute (Blei-, Silbersalpeter) oder auf
die Verringerung des Gefässdurchmessers (Einwickelungen) einwirken. —
Der chemische und mechanische Vorgang, der die Ueberführung der
Flüssigkeit in die Zelle bedingt, ist unbekannt. Man behauptete mit
Rücksicht auf den letztern früherhin, dass aus dem Muttersaft zuerst aus
irgend welchem Grunde Zellenkerne entständen, welche sich mit einer
Haut umhüllten; neuerlichst bestreitet man dieses und setzt an die Stelle
der alten Hypothese eine andere, wonach die tiefsten, cylindrisch geform-
ten Zellen sich an ihrem freien, von der Cutis abgewendeten Ende ab-
gewendeten Ende abschnüren und damit zur Entstehung der kleinen
Kugelzellen Veranlassung geben sollen. Die Gründe für die Feststellung
*) Quaestiones physiologicae de phaenom. etc. 1836.
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/185>, abgerufen am 21.11.2024.
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