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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Brustdrüse; Gesammtmilch.
Milchabsonderung, und dass er während der ausfliessenden Regeln bald
über und bald unter den Mittelwerth geht.

Feste Beziehungen im prozentischen Gehalt zwischen den einzelnen
Bestandtheilen der Milch sind noch nicht aufgefunden, was Vernois
und Becquerel dadurch ausdrücken, dass sie die von ihnen untersuch-
ten Ammen in Käs- und Butterammen eintheilen.

Die Zusammensetzung der mittlern Frauenmilch in 100 Theilen
würde sich nach Vernois und Becquerel folgendermaassen ausneh-
men: Wasser = 88,91; Zucker = 4,36; Käse und Extrakte = 3,92;
Butter = 2,67; Asche = 0,14. Nach Scherer und Clemm aber:
Wasser = 89,10; Zucker und Extrakte = 3,85; Käse 3,37; Butter =
3,71; Asche = 0,17.

Um zu bestimmen, ob die Milch, welche kranke Säuglinge genossen, an dem
Uebel dieser letzteren schuldig oder unschuldig sei, analysirten Becquerel und Ver-
nois
die betreffende Milch und fanden eben so häufig Abweichungen von dem Mittel,
als ein Bestehen desselben. Daraus wird es allerdings wahrscheinlich, dass etwas
mehr oder weniger des einen oder andern Bestandtheils nicht die Ursache des Lei-
dens der Säuglinge war. Viel eher dürften die nicht untersuchten und bis dahin
auch nicht untersuchbaren qualitativen Unterschiede der einzelnen Bestandtheile an-
zuklagen sein.

Die Milch *), oder besser gesagt der Drüsensaft, welcher während
der Schwangerschaft, also vor der Geburt, abgesondert wird, muss den
Angaben von Lassaigne, Simon, Clemm und v. Bueren zufolge im
Ansehen und der Zusammensetzung in verschiedenen Fällen sich sehr ab-
weichend verhalten. Wir wiederholen hier zuerst den Inhalt der Beob-
achtungen von Scherer und Clemm und lassen die abweichenden
Angaben folgen. Nach diesen ist die aus der menschlichen Brustdrüse
gewonnene Flüssigkeit von seifenwasserartigem oder gelblichem Ansehen,
zuweilen mit Blutstreifen durchzogen, klebrig, reagirt fast neutral und
wird beim Stehen an freier Luft bald sauer. Das Mikroskop wies Colo-
strumkügelchen und Fetttropfen, zuweilen veränderte Epithelialzellen nach.
Casein fehlt, seine Stelle wurde durch Eiweiss vertreten. Die Zerlegung
ergab bei derselben Schwangern:

**)
*) Simon, Mediz. Chemie. II. Bd. 280. -- Clemm, l. c. -- v. Bueren, Onderzoekingen gedaan
in het physiologisch Laboratorium etc. 1848 -- 49. 166. -- Moleschott, Archiv für physiolog.
Heilkunde. XI. Bd. 696.
**) Die gewöhnliche Kost war am Tage vorher mit einer vegetabilischen vertauscht worden.

Brustdrüse; Gesammtmilch.
Milchabsonderung, und dass er während der ausfliessenden Regeln bald
über und bald unter den Mittelwerth geht.

Feste Beziehungen im prozentischen Gehalt zwischen den einzelnen
Bestandtheilen der Milch sind noch nicht aufgefunden, was Vernois
und Becquerel dadurch ausdrücken, dass sie die von ihnen untersuch-
ten Ammen in Käs- und Butterammen eintheilen.

Die Zusammensetzung der mittlern Frauenmilch in 100 Theilen
würde sich nach Vernois und Becquerel folgendermaassen ausneh-
men: Wasser = 88,91; Zucker = 4,36; Käse und Extrakte = 3,92;
Butter = 2,67; Asche = 0,14. Nach Scherer und Clemm aber:
Wasser = 89,10; Zucker und Extrakte = 3,85; Käse 3,37; Butter =
3,71; Asche = 0,17.

Um zu bestimmen, ob die Milch, welche kranke Säuglinge genossen, an dem
Uebel dieser letzteren schuldig oder unschuldig sei, analysirten Becquerel und Ver-
nois
die betreffende Milch und fanden eben so häufig Abweichungen von dem Mittel,
als ein Bestehen desselben. Daraus wird es allerdings wahrscheinlich, dass etwas
mehr oder weniger des einen oder andern Bestandtheils nicht die Ursache des Lei-
dens der Säuglinge war. Viel eher dürften die nicht untersuchten und bis dahin
auch nicht untersuchbaren qualitativen Unterschiede der einzelnen Bestandtheile an-
zuklagen sein.

Die Milch *), oder besser gesagt der Drüsensaft, welcher während
der Schwangerschaft, also vor der Geburt, abgesondert wird, muss den
Angaben von Lassaigne, Simon, Clemm und v. Bueren zufolge im
Ansehen und der Zusammensetzung in verschiedenen Fällen sich sehr ab-
weichend verhalten. Wir wiederholen hier zuerst den Inhalt der Beob-
achtungen von Scherer und Clemm und lassen die abweichenden
Angaben folgen. Nach diesen ist die aus der menschlichen Brustdrüse
gewonnene Flüssigkeit von seifenwasserartigem oder gelblichem Ansehen,
zuweilen mit Blutstreifen durchzogen, klebrig, reagirt fast neutral und
wird beim Stehen an freier Luft bald sauer. Das Mikroskop wies Colo-
strumkügelchen und Fetttropfen, zuweilen veränderte Epithelialzellen nach.
Casein fehlt, seine Stelle wurde durch Eiweiss vertreten. Die Zerlegung
ergab bei derselben Schwangern:

**)
*) Simon, Mediz. Chemie. II. Bd. 280. — Clemm, l. c. — v. Bueren, Onderzoekingen gedaan
in het physiologisch Laboratorium etc. 1848 — 49. 166. — Moleschott, Archiv für physiolog.
Heilkunde. XI. Bd. 696.
**) Die gewöhnliche Kost war am Tage vorher mit einer vegetabilischen vertauscht worden.
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[294/0310] Brustdrüse; Gesammtmilch. Milchabsonderung, und dass er während der ausfliessenden Regeln bald über und bald unter den Mittelwerth geht. Feste Beziehungen im prozentischen Gehalt zwischen den einzelnen Bestandtheilen der Milch sind noch nicht aufgefunden, was Vernois und Becquerel dadurch ausdrücken, dass sie die von ihnen untersuch- ten Ammen in Käs- und Butterammen eintheilen. Die Zusammensetzung der mittlern Frauenmilch in 100 Theilen würde sich nach Vernois und Becquerel folgendermaassen ausneh- men: Wasser = 88,91; Zucker = 4,36; Käse und Extrakte = 3,92; Butter = 2,67; Asche = 0,14. Nach Scherer und Clemm aber: Wasser = 89,10; Zucker und Extrakte = 3,85; Käse 3,37; Butter = 3,71; Asche = 0,17. Um zu bestimmen, ob die Milch, welche kranke Säuglinge genossen, an dem Uebel dieser letzteren schuldig oder unschuldig sei, analysirten Becquerel und Ver- nois die betreffende Milch und fanden eben so häufig Abweichungen von dem Mittel, als ein Bestehen desselben. Daraus wird es allerdings wahrscheinlich, dass etwas mehr oder weniger des einen oder andern Bestandtheils nicht die Ursache des Lei- dens der Säuglinge war. Viel eher dürften die nicht untersuchten und bis dahin auch nicht untersuchbaren qualitativen Unterschiede der einzelnen Bestandtheile an- zuklagen sein. Die Milch *), oder besser gesagt der Drüsensaft, welcher während der Schwangerschaft, also vor der Geburt, abgesondert wird, muss den Angaben von Lassaigne, Simon, Clemm und v. Bueren zufolge im Ansehen und der Zusammensetzung in verschiedenen Fällen sich sehr ab- weichend verhalten. Wir wiederholen hier zuerst den Inhalt der Beob- achtungen von Scherer und Clemm und lassen die abweichenden Angaben folgen. Nach diesen ist die aus der menschlichen Brustdrüse gewonnene Flüssigkeit von seifenwasserartigem oder gelblichem Ansehen, zuweilen mit Blutstreifen durchzogen, klebrig, reagirt fast neutral und wird beim Stehen an freier Luft bald sauer. Das Mikroskop wies Colo- strumkügelchen und Fetttropfen, zuweilen veränderte Epithelialzellen nach. Casein fehlt, seine Stelle wurde durch Eiweiss vertreten. Die Zerlegung ergab bei derselben Schwangern: **) *) Simon, Mediz. Chemie. II. Bd. 280. — Clemm, l. c. — v. Bueren, Onderzoekingen gedaan in het physiologisch Laboratorium etc. 1848 — 49. 166. — Moleschott, Archiv für physiolog. Heilkunde. XI. Bd. 696. **) Die gewöhnliche Kost war am Tage vorher mit einer vegetabilischen vertauscht worden.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/310>, abgerufen am 21.11.2024.