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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Gasarten des Bluts.
zur Sättigung mit atmosphärischer Luft, oder er entzog ihm alles Stick- und Sauer-
stoffgas und erfüllte es vollkommen mit Kohlensäure. Wenn er z. B. die Fähigkeit
des Blutes, Kohlensäure zu verschlucken, erfahren wollte, so schüttelte er das frische,
die drei Gasarten enthaltende Blut mit reiner Kohlensäure; war in dieselbe eine
merkliche Menge von Sauerstoff- und Stickgas abgedunstet, so erneuerte er die Koh-
lensäure und zwar so oft, als das Blut noch merkliche Mengen der beiden andern
Gase abgab. Darauf schüttelte er bis zur vollkommenen Sättigung mit CO2.

Diese Versuche berechtigen nicht zu der Annahme, dass das lebende Blut in
100 Theilen 150 Vol. CO2, 10 bis 12 Vol. Ogas und 2 bis 3 Vol. Ngas enthalte.
Denn in der That füllt sich das lebende Blut, wie wir noch sehen werden, unter
ganz andern Bedingungen mit Luft.

b. Annähernd können wir angeben, in welchen Volumverhältnissen
die drei Gasarten in einer Volumeinheit des lebenden Blutes enthalten
sind. Nach Versuchen von Magnus besitzt ein aus dem venösen Blute
eines Pferdes ausgetriebener Luftantheil in 100 Volumtheilen die Zusam-
mensetzung 72,1 CO2; 18,8 O; 9,1 N; [Formel 1] und der aus dem ve-
nösen Blute des Kalbes 76,7 CO2; 13,6 O und 9,7 N. [Formel 2]

Magnus liess, um die Luft des lebenden Blutes zu gewinnen, dieses aus der
Ader unmittelbar in eine mit luftfreiem Quecksilber gefüllte Flasche steigen, in
der es bis zur Entfernung des Faserstoffs geschüttelt wurde. Auf diese Flasche
wurde eine andere luftleere aufgeschraubt, dann eine Kommunikation zwischen beiden
Flaschen hergestellt, so dass vom Blute Gas in den luftleeren Raum entweichen
konnte; dieses Gas, welches seiner Menge und Zusammensetzung nach untersucht werden
konnte, war unzweifelhaft nur ein geringer Theil desjenigen, welches überhaupt im
Blute enthalten war. Die obigen Zahlenverhältnisse haben darum nur unter der Vor-
aussetzung einen Werth, dass die Luft im Vacuum ungefähr dieselbe Zusammen-
setzung hat, wie im Blute. Diese Annahme, obwohl sie von ausgezeichneten Physi-
kern gebilligt wird, könnte aber noch angefochten werden, weil die Gase im Blute
nicht einfach diffundirt sind. Man dürfte es unter diesen Umständen wahrscheinlich
finden, dass das eine der beiden Gase inniger gebunden sei, als das andere.

g. Die Kohlensäure und das Sauerstoffgas sind im Blute zum Theil
einfach diffundirt, zum Theil in irgend einer andern Weise festgebunden
Dieses schliessen wir nach Magnus daraus, dass die innerhalb des Blu-
tes enthaltenen Gasarten nicht mehr dem Mariotte'schen Gesetz ent-
sprechend, mit dem Wechsel des auf dem Blut lastenden Druckes sich
ausdehnen oder zusammenziehen.

Die CO2 ist, wie wir schon bei dem Serum wahrscheinlich fanden,
zum Theil wenigstens entweder mit dem NaO chemisch, oder mit dem
phosphorsauren Natron adhäsiv verbunden. Auf welche Art das Sauer-
stoffgas im Blute verdichtet wird, ist dagegen noch vollkommen unklar.

Als Magnus den Absorptionscoeffizienten des Bluts für ein Gas zu bestimmen
suchte, mit andern Worten, welches Volum eines beliebigen Gases die Volumeinheit
Blut aufzulösen vermöge, ergab sich, dass in diesem Sinne unserer Flüssigkeit kein
Absorptionscoeffizient zukomme. Denn es wechselte, dem Dalton'schen Diffusions-

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Gasarten des Bluts.
zur Sättigung mit atmosphärischer Luft, oder er entzog ihm alles Stick- und Sauer-
stoffgas und erfüllte es vollkommen mit Kohlensäure. Wenn er z. B. die Fähigkeit
des Blutes, Kohlensäure zu verschlucken, erfahren wollte, so schüttelte er das frische,
die drei Gasarten enthaltende Blut mit reiner Kohlensäure; war in dieselbe eine
merkliche Menge von Sauerstoff- und Stickgas abgedunstet, so erneuerte er die Koh-
lensäure und zwar so oft, als das Blut noch merkliche Mengen der beiden andern
Gase abgab. Darauf schüttelte er bis zur vollkommenen Sättigung mit CO2.

Diese Versuche berechtigen nicht zu der Annahme, dass das lebende Blut in
100 Theilen 150 Vol. CO2, 10 bis 12 Vol. Ogas und 2 bis 3 Vol. Ngas enthalte.
Denn in der That füllt sich das lebende Blut, wie wir noch sehen werden, unter
ganz andern Bedingungen mit Luft.

β. Annähernd können wir angeben, in welchen Volumverhältnissen
die drei Gasarten in einer Volumeinheit des lebenden Blutes enthalten
sind. Nach Versuchen von Magnus besitzt ein aus dem venösen Blute
eines Pferdes ausgetriebener Luftantheil in 100 Volumtheilen die Zusam-
mensetzung 72,1 CO2; 18,8 O; 9,1 N; [Formel 1] und der aus dem ve-
nösen Blute des Kalbes 76,7 CO2; 13,6 O und 9,7 N. [Formel 2]

Magnus liess, um die Luft des lebenden Blutes zu gewinnen, dieses aus der
Ader unmittelbar in eine mit luftfreiem Quecksilber gefüllte Flasche steigen, in
der es bis zur Entfernung des Faserstoffs geschüttelt wurde. Auf diese Flasche
wurde eine andere luftleere aufgeschraubt, dann eine Kommunikation zwischen beiden
Flaschen hergestellt, so dass vom Blute Gas in den luftleeren Raum entweichen
konnte; dieses Gas, welches seiner Menge und Zusammensetzung nach untersucht werden
konnte, war unzweifelhaft nur ein geringer Theil desjenigen, welches überhaupt im
Blute enthalten war. Die obigen Zahlenverhältnisse haben darum nur unter der Vor-
aussetzung einen Werth, dass die Luft im Vacuum ungefähr dieselbe Zusammen-
setzung hat, wie im Blute. Diese Annahme, obwohl sie von ausgezeichneten Physi-
kern gebilligt wird, könnte aber noch angefochten werden, weil die Gase im Blute
nicht einfach diffundirt sind. Man dürfte es unter diesen Umständen wahrscheinlich
finden, dass das eine der beiden Gase inniger gebunden sei, als das andere.

γ. Die Kohlensäure und das Sauerstoffgas sind im Blute zum Theil
einfach diffundirt, zum Theil in irgend einer andern Weise festgebunden
Dieses schliessen wir nach Magnus daraus, dass die innerhalb des Blu-
tes enthaltenen Gasarten nicht mehr dem Mariotte’schen Gesetz ent-
sprechend, mit dem Wechsel des auf dem Blut lastenden Druckes sich
ausdehnen oder zusammenziehen.

Die CO2 ist, wie wir schon bei dem Serum wahrscheinlich fanden,
zum Theil wenigstens entweder mit dem NaO chemisch, oder mit dem
phosphorsauren Natron adhäsiv verbunden. Auf welche Art das Sauer-
stoffgas im Blute verdichtet wird, ist dagegen noch vollkommen unklar.

Als Magnus den Absorptionscoeffizienten des Bluts für ein Gas zu bestimmen
suchte, mit andern Worten, welches Volum eines beliebigen Gases die Volumeinheit
Blut aufzulösen vermöge, ergab sich, dass in diesem Sinne unserer Flüssigkeit kein
Absorptionscoeffizient zukomme. Denn es wechselte, dem Dalton’schen Diffusions-

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[19/0035] Gasarten des Bluts. zur Sättigung mit atmosphärischer Luft, oder er entzog ihm alles Stick- und Sauer- stoffgas und erfüllte es vollkommen mit Kohlensäure. Wenn er z. B. die Fähigkeit des Blutes, Kohlensäure zu verschlucken, erfahren wollte, so schüttelte er das frische, die drei Gasarten enthaltende Blut mit reiner Kohlensäure; war in dieselbe eine merkliche Menge von Sauerstoff- und Stickgas abgedunstet, so erneuerte er die Koh- lensäure und zwar so oft, als das Blut noch merkliche Mengen der beiden andern Gase abgab. Darauf schüttelte er bis zur vollkommenen Sättigung mit CO2. Diese Versuche berechtigen nicht zu der Annahme, dass das lebende Blut in 100 Theilen 150 Vol. CO2, 10 bis 12 Vol. Ogas und 2 bis 3 Vol. Ngas enthalte. Denn in der That füllt sich das lebende Blut, wie wir noch sehen werden, unter ganz andern Bedingungen mit Luft. β. Annähernd können wir angeben, in welchen Volumverhältnissen die drei Gasarten in einer Volumeinheit des lebenden Blutes enthalten sind. Nach Versuchen von Magnus besitzt ein aus dem venösen Blute eines Pferdes ausgetriebener Luftantheil in 100 Volumtheilen die Zusam- mensetzung 72,1 CO2; 18,8 O; 9,1 N; [FORMEL] und der aus dem ve- nösen Blute des Kalbes 76,7 CO2; 13,6 O und 9,7 N. [FORMEL] Magnus liess, um die Luft des lebenden Blutes zu gewinnen, dieses aus der Ader unmittelbar in eine mit luftfreiem Quecksilber gefüllte Flasche steigen, in der es bis zur Entfernung des Faserstoffs geschüttelt wurde. Auf diese Flasche wurde eine andere luftleere aufgeschraubt, dann eine Kommunikation zwischen beiden Flaschen hergestellt, so dass vom Blute Gas in den luftleeren Raum entweichen konnte; dieses Gas, welches seiner Menge und Zusammensetzung nach untersucht werden konnte, war unzweifelhaft nur ein geringer Theil desjenigen, welches überhaupt im Blute enthalten war. Die obigen Zahlenverhältnisse haben darum nur unter der Vor- aussetzung einen Werth, dass die Luft im Vacuum ungefähr dieselbe Zusammen- setzung hat, wie im Blute. Diese Annahme, obwohl sie von ausgezeichneten Physi- kern gebilligt wird, könnte aber noch angefochten werden, weil die Gase im Blute nicht einfach diffundirt sind. Man dürfte es unter diesen Umständen wahrscheinlich finden, dass das eine der beiden Gase inniger gebunden sei, als das andere. γ. Die Kohlensäure und das Sauerstoffgas sind im Blute zum Theil einfach diffundirt, zum Theil in irgend einer andern Weise festgebunden Dieses schliessen wir nach Magnus daraus, dass die innerhalb des Blu- tes enthaltenen Gasarten nicht mehr dem Mariotte’schen Gesetz ent- sprechend, mit dem Wechsel des auf dem Blut lastenden Druckes sich ausdehnen oder zusammenziehen. Die CO2 ist, wie wir schon bei dem Serum wahrscheinlich fanden, zum Theil wenigstens entweder mit dem NaO chemisch, oder mit dem phosphorsauren Natron adhäsiv verbunden. Auf welche Art das Sauer- stoffgas im Blute verdichtet wird, ist dagegen noch vollkommen unklar. Als Magnus den Absorptionscoeffizienten des Bluts für ein Gas zu bestimmen suchte, mit andern Worten, welches Volum eines beliebigen Gases die Volumeinheit Blut aufzulösen vermöge, ergab sich, dass in diesem Sinne unserer Flüssigkeit kein Absorptionscoeffizient zukomme. Denn es wechselte, dem Dalton’schen Diffusions- 2*

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/35>, abgerufen am 21.11.2024.