Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Hauthathmen.
Tabelle p. 337 erwähnt sind; sie sind auch in dieselbe Reihenfolge ge-
stellt: Knabe (93/4 J.) = 0,181 Gr.; Jüngling (16 J.) = 0,181 Gr.;
Mann (28 J.) = 0,373 Gr.; Mädchen (10 J.) = 0,124; Frau (19 J.)
= 0,272. -- Gerlach beobachtete dagegen, wie es scheint, an Men-
schen eine reichlichere CO2ausscheidung; diese soll sich mehren mit der
Muskelanstrengung und der steigenden Temperatur der Atmosphäre; die
letztere Annahme wird theoretischerseits darum wahrscheinlich, weil zu
der bezeichneten Zeit die Gefässe der Cutis angefüllter sind, als in
der Kälte.

Ueber das Verhalten des Ngases befinden wir uns noch vollkommen im Unklaren.
Collard de Martigny*) giebt an, dass nach Fleischkost Ngas ausgehaucht
werde (?).

Die Aufnahme von Sauerstoffgas durch die Haut ist zwar theoretisch
wahrscheinlich, aber durch den Versuch noch nicht vollkommen erwie-
sen. Die Beobachtungen von Regnault und Reiset lassen einen
Zweifel übrig, weil sie nicht die absolute Menge des Sauerstoffs, der
durch den Sack gegangen war, bestimmten, sondern nur sein Verhältniss
zur CO2 und dem Ngas. Sie fanden nun die Luft so beschaffen, dass,
wenn man annahm, es sei ihr Stickstoffgehalt durch das Hautathmen
nicht verändert worden, gerade so viel Sauerstoff verschwunden war, als
sich hiervon in der ausgehauchten CO2 wiederfand. Diese Annahme ist
aber durch Nichts bewiesen. Entscheidender würden die Versuche von
Gerlach für die Sauerstoffabsorption sprechen, wenn uns die Fehler-
grenzen seiner Beobachtungsmethode besser bekannt wären. Er fand
nemlich den Sauerstoff im Verhältniss zum Stickstoff so beträchtlich ver-
mindert, dass eine ganz ausserordentliche Stickstoffaushauchung hätte
stattfinden müssen, wenn kein Sauerstoff aus der mit der Haut in Be-
rührung gewesenen Luft verschwunden wäre. In allen seinen Versuchen
war das Volum des aufgenommenen Sauerstoffs, gerade entgegengesetzt
dem Verhalten in der Lungenluft, viel geringer, als das der ausgeschiedenen
CO2. Die verschwundene Menge wuchs auch hier mit der Temperatur
der Luft und der Muskelanstrengung des Thieres.

4. Der absolute**) Werth des Gewichtsverlustes, den wir den Tag
über durch die Hautausdünstung erleiden, ist noch niemals für sich ge-
messen worden, sondern immer gemeinsam mit dem durch eine etwa da-
zwischen eintretende Schweissbildung veranlassten. Da nun diese letztere
noch viel variabler ist als die erstere, so lässt sich durchaus nichts all-
gemein Giltiges sagen. -- Ziehen wir aber die vorliegenden Untersuchun-
gen in Betracht, so ergiebt sich, dass bei mittlerer Lebensart und Tem-
peratur das Gesammtgewicht des täglichen Verlustes durch die Haut um
den Werth von 500 bis 800 Gr. schwankt. Offenbar ist dieser Verlust vor-

*) Wagner's Handwörterbuch. II. Bd. Artikel Haut von Krause. p. 141.
**) Krause in Wagner's Handwörterbuch. II. Bd. p. 136.
23*

Hauthathmen.
Tabelle p. 337 erwähnt sind; sie sind auch in dieselbe Reihenfolge ge-
stellt: Knabe ( J.) = 0,181 Gr.; Jüngling (16 J.) = 0,181 Gr.;
Mann (28 J.) = 0,373 Gr.; Mädchen (10 J.) = 0,124; Frau (19 J.)
= 0,272. — Gerlach beobachtete dagegen, wie es scheint, an Men-
schen eine reichlichere CO2ausscheidung; diese soll sich mehren mit der
Muskelanstrengung und der steigenden Temperatur der Atmosphäre; die
letztere Annahme wird theoretischerseits darum wahrscheinlich, weil zu
der bezeichneten Zeit die Gefässe der Cutis angefüllter sind, als in
der Kälte.

Ueber das Verhalten des Ngases befinden wir uns noch vollkommen im Unklaren.
Collard de Martigny*) giebt an, dass nach Fleischkost Ngas ausgehaucht
werde (?).

Die Aufnahme von Sauerstoffgas durch die Haut ist zwar theoretisch
wahrscheinlich, aber durch den Versuch noch nicht vollkommen erwie-
sen. Die Beobachtungen von Regnault und Reiset lassen einen
Zweifel übrig, weil sie nicht die absolute Menge des Sauerstoffs, der
durch den Sack gegangen war, bestimmten, sondern nur sein Verhältniss
zur CO2 und dem Ngas. Sie fanden nun die Luft so beschaffen, dass,
wenn man annahm, es sei ihr Stickstoffgehalt durch das Hautathmen
nicht verändert worden, gerade so viel Sauerstoff verschwunden war, als
sich hiervon in der ausgehauchten CO2 wiederfand. Diese Annahme ist
aber durch Nichts bewiesen. Entscheidender würden die Versuche von
Gerlach für die Sauerstoffabsorption sprechen, wenn uns die Fehler-
grenzen seiner Beobachtungsmethode besser bekannt wären. Er fand
nemlich den Sauerstoff im Verhältniss zum Stickstoff so beträchtlich ver-
mindert, dass eine ganz ausserordentliche Stickstoffaushauchung hätte
stattfinden müssen, wenn kein Sauerstoff aus der mit der Haut in Be-
rührung gewesenen Luft verschwunden wäre. In allen seinen Versuchen
war das Volum des aufgenommenen Sauerstoffs, gerade entgegengesetzt
dem Verhalten in der Lungenluft, viel geringer, als das der ausgeschiedenen
CO2. Die verschwundene Menge wuchs auch hier mit der Temperatur
der Luft und der Muskelanstrengung des Thieres.

4. Der absolute**) Werth des Gewichtsverlustes, den wir den Tag
über durch die Hautausdünstung erleiden, ist noch niemals für sich ge-
messen worden, sondern immer gemeinsam mit dem durch eine etwa da-
zwischen eintretende Schweissbildung veranlassten. Da nun diese letztere
noch viel variabler ist als die erstere, so lässt sich durchaus nichts all-
gemein Giltiges sagen. — Ziehen wir aber die vorliegenden Untersuchun-
gen in Betracht, so ergiebt sich, dass bei mittlerer Lebensart und Tem-
peratur das Gesammtgewicht des täglichen Verlustes durch die Haut um
den Werth von 500 bis 800 Gr. schwankt. Offenbar ist dieser Verlust vor-

*) Wagner’s Handwörterbuch. II. Bd. Artikel Haut von Krause. p. 141.
**) Krause in Wagner’s Handwörterbuch. II. Bd. p. 136.
23*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0371" n="355"/><fw place="top" type="header">Hauthathmen.</fw><lb/>
Tabelle p. <hi rendition="#b">337</hi> erwähnt sind; sie sind auch in dieselbe Reihenfolge ge-<lb/>
stellt: Knabe (<hi rendition="#b"></hi> J.) = <hi rendition="#b">0,181</hi> Gr.; Jüngling (<hi rendition="#b">16</hi> J.) = <hi rendition="#b">0,181</hi> Gr.;<lb/>
Mann (<hi rendition="#b">28</hi> J.) = <hi rendition="#b">0,373</hi> Gr.; Mädchen (<hi rendition="#b">10</hi> J.) = <hi rendition="#b">0,124</hi>; Frau (<hi rendition="#b">19</hi> J.)<lb/>
= <hi rendition="#b">0,272</hi>. &#x2014; <hi rendition="#g">Gerlach</hi> beobachtete dagegen, wie es scheint, an Men-<lb/>
schen eine reichlichere CO<hi rendition="#sub">2</hi>ausscheidung; diese soll sich mehren mit der<lb/>
Muskelanstrengung und der steigenden Temperatur der Atmosphäre; die<lb/>
letztere Annahme wird theoretischerseits darum wahrscheinlich, weil zu<lb/>
der bezeichneten Zeit die Gefässe der Cutis angefüllter sind, als in<lb/>
der Kälte.</p><lb/>
              <p>Ueber das Verhalten des Ngases befinden wir uns noch vollkommen im Unklaren.<lb/><hi rendition="#g">Collard de Martigny</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Wagner</hi>&#x2019;s Handwörterbuch. II. Bd. Artikel Haut von <hi rendition="#g">Krause</hi>. p. 141.</note> giebt an, dass nach Fleischkost Ngas ausgehaucht<lb/>
werde (?).</p><lb/>
              <p>Die Aufnahme von Sauerstoffgas durch die Haut ist zwar theoretisch<lb/>
wahrscheinlich, aber durch den Versuch noch nicht vollkommen erwie-<lb/>
sen. Die Beobachtungen von <hi rendition="#g">Regnault</hi> und <hi rendition="#g">Reiset</hi> lassen einen<lb/>
Zweifel übrig, weil sie nicht die absolute Menge des Sauerstoffs, der<lb/>
durch den Sack gegangen war, bestimmten, sondern nur sein Verhältniss<lb/>
zur CO<hi rendition="#sub">2</hi> und dem Ngas. Sie fanden nun die Luft so beschaffen, dass,<lb/>
wenn man annahm, es sei ihr Stickstoffgehalt durch das Hautathmen<lb/>
nicht verändert worden, gerade so viel Sauerstoff verschwunden war, als<lb/>
sich hiervon in der ausgehauchten CO<hi rendition="#sub">2</hi> wiederfand. Diese Annahme ist<lb/>
aber durch Nichts bewiesen. Entscheidender würden die Versuche von<lb/><hi rendition="#g">Gerlach</hi> für die Sauerstoffabsorption sprechen, wenn uns die Fehler-<lb/>
grenzen seiner Beobachtungsmethode besser bekannt wären. Er fand<lb/>
nemlich den Sauerstoff im Verhältniss zum Stickstoff so beträchtlich ver-<lb/>
mindert, dass eine ganz ausserordentliche Stickstoffaushauchung hätte<lb/>
stattfinden müssen, wenn kein Sauerstoff aus der mit der Haut in Be-<lb/>
rührung gewesenen Luft verschwunden wäre. In allen seinen Versuchen<lb/>
war das Volum des aufgenommenen Sauerstoffs, gerade entgegengesetzt<lb/>
dem Verhalten in der Lungenluft, viel geringer, als das der ausgeschiedenen<lb/>
CO<hi rendition="#sub">2</hi>. Die verschwundene Menge wuchs auch hier mit der Temperatur<lb/>
der Luft und der Muskelanstrengung des Thieres.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#b">4.</hi> Der absolute<note place="foot" n="**)"><hi rendition="#g">Krause</hi> in <hi rendition="#g">Wagner</hi>&#x2019;s Handwörterbuch. II. Bd. p. 136.</note> Werth des Gewichtsverlustes, den wir den Tag<lb/>
über durch die Hautausdünstung erleiden, ist noch niemals für sich ge-<lb/>
messen worden, sondern immer gemeinsam mit dem durch eine etwa da-<lb/>
zwischen eintretende Schweissbildung veranlassten. Da nun diese letztere<lb/>
noch viel variabler ist als die erstere, so lässt sich durchaus nichts all-<lb/>
gemein Giltiges sagen. &#x2014; Ziehen wir aber die vorliegenden Untersuchun-<lb/>
gen in Betracht, so ergiebt sich, dass bei mittlerer Lebensart und Tem-<lb/>
peratur das Gesammtgewicht des täglichen Verlustes durch die Haut um<lb/>
den Werth von <hi rendition="#b">500</hi> bis <hi rendition="#b">800</hi> Gr. schwankt. Offenbar ist dieser Verlust vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#b">23*</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0371] Hauthathmen. Tabelle p. 337 erwähnt sind; sie sind auch in dieselbe Reihenfolge ge- stellt: Knabe (9¾ J.) = 0,181 Gr.; Jüngling (16 J.) = 0,181 Gr.; Mann (28 J.) = 0,373 Gr.; Mädchen (10 J.) = 0,124; Frau (19 J.) = 0,272. — Gerlach beobachtete dagegen, wie es scheint, an Men- schen eine reichlichere CO2ausscheidung; diese soll sich mehren mit der Muskelanstrengung und der steigenden Temperatur der Atmosphäre; die letztere Annahme wird theoretischerseits darum wahrscheinlich, weil zu der bezeichneten Zeit die Gefässe der Cutis angefüllter sind, als in der Kälte. Ueber das Verhalten des Ngases befinden wir uns noch vollkommen im Unklaren. Collard de Martigny *) giebt an, dass nach Fleischkost Ngas ausgehaucht werde (?). Die Aufnahme von Sauerstoffgas durch die Haut ist zwar theoretisch wahrscheinlich, aber durch den Versuch noch nicht vollkommen erwie- sen. Die Beobachtungen von Regnault und Reiset lassen einen Zweifel übrig, weil sie nicht die absolute Menge des Sauerstoffs, der durch den Sack gegangen war, bestimmten, sondern nur sein Verhältniss zur CO2 und dem Ngas. Sie fanden nun die Luft so beschaffen, dass, wenn man annahm, es sei ihr Stickstoffgehalt durch das Hautathmen nicht verändert worden, gerade so viel Sauerstoff verschwunden war, als sich hiervon in der ausgehauchten CO2 wiederfand. Diese Annahme ist aber durch Nichts bewiesen. Entscheidender würden die Versuche von Gerlach für die Sauerstoffabsorption sprechen, wenn uns die Fehler- grenzen seiner Beobachtungsmethode besser bekannt wären. Er fand nemlich den Sauerstoff im Verhältniss zum Stickstoff so beträchtlich ver- mindert, dass eine ganz ausserordentliche Stickstoffaushauchung hätte stattfinden müssen, wenn kein Sauerstoff aus der mit der Haut in Be- rührung gewesenen Luft verschwunden wäre. In allen seinen Versuchen war das Volum des aufgenommenen Sauerstoffs, gerade entgegengesetzt dem Verhalten in der Lungenluft, viel geringer, als das der ausgeschiedenen CO2. Die verschwundene Menge wuchs auch hier mit der Temperatur der Luft und der Muskelanstrengung des Thieres. 4. Der absolute **) Werth des Gewichtsverlustes, den wir den Tag über durch die Hautausdünstung erleiden, ist noch niemals für sich ge- messen worden, sondern immer gemeinsam mit dem durch eine etwa da- zwischen eintretende Schweissbildung veranlassten. Da nun diese letztere noch viel variabler ist als die erstere, so lässt sich durchaus nichts all- gemein Giltiges sagen. — Ziehen wir aber die vorliegenden Untersuchun- gen in Betracht, so ergiebt sich, dass bei mittlerer Lebensart und Tem- peratur das Gesammtgewicht des täglichen Verlustes durch die Haut um den Werth von 500 bis 800 Gr. schwankt. Offenbar ist dieser Verlust vor- *) Wagner’s Handwörterbuch. II. Bd. Artikel Haut von Krause. p. 141. **) Krause in Wagner’s Handwörterbuch. II. Bd. p. 136. 23*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/371
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/371>, abgerufen am 21.11.2024.