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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Blutbildung.
Umsetzung des Blutes nur sparsam auffinden lassen, und dass die Art
des chemischen Vorganges in ein vollkommenes Dunkel gehüllt ist.

Mit Gewissheit darf man behaupten, dass ausser den schon erwähn-
ten Stoffveränderungen, welche bei der Athmung in der Lunge vor sich
gehen, die Lymphkörperchen unter Einbusse ihres fettigen Inhaltes in
Blutkörperchen umgesetzt und diese wieder innerhalb des Blutstromes
zerstört werden. Ohne diese Annahme würde es unverständlich sein,
warum sich die beiden Formbestandtheile nicht in's Unendliche im Blute
anhäufen, da sie fortwährend in das letztere durch den Lymphstrom
geführt werden und doch nicht als solche aus dem Blutstrome austreten
können, ohne vorher eine totale Auflösung erfahren zu haben, so lange
die Gefässwandungen unverletzt sind. Ebenso deutlich weist auf eine
chemische Umsetzung des Zuckers der Umstand, dass er in dem Blute
des rechten Herzens auftritt, während er im linken Herzen gar nicht
oder nur sehr sparsam wiedergefunden wird. Worin aber alle diese Um-
setzungen bestehen, zu welchen Produkten sie führen, ist vollkommen un-
bekannt; so viel lässt sich nur wahrscheinlich machen, dass die Bildung
von CO2 entweder gar nicht oder nur sehr langsam zu Stande kommt,
da arterielles Blut, welches bei Durchgang durch die Capillaren, durch
die Berührung mit den Geweben also, sehr rasch in venöses übergeht,
seine hellrothe Farbe sehr lange bewahrt, wenn es für sich, z. B. in
eine Arterie des lebenden Thieres eingeschlossen, aufbewahrt wird. Die-
ses wäre aber unmöglich, wenn sich mit Hilfe seines Sauerstoffs eine
merkliche Menge von CO2 gebildet hätte. -- Diese geringe Summe von
Erfahrungen macht es unmöglich, die alte Streitfrage zu entscheiden, ob
die aus der Nahrung in das Blut übergegangenen Speisen sich sogleich im
Blute oder erst in den Geweben umsetzen.


III. Blutbildung.

Das Blut ergoss in den Binnenraum des Körpers, in dessen Höh-
len und Gewebe, fortwährend Atome, aus denen der chemische Umsatz
in den letzteren bestritten wurde, und nicht minder treten aus ihm in
die auswerfenden Drüsen Stoffe, welche aus den chemischen Prozessen
innerhalb der Organe hervorgegangen waren. Diese Erscheinungsreihe
setzt nothwendig voraus, dass die Atome, welche in die Gewebe und
die geschlossenen Höhlen ausgesendet waren, wieder zum Blut zurück-
kehren, damit ihre Ausscheidung auf Haut, Lunge, Niere möglich sei,
und ferner, dass von aussen her wägbare Stoffe in den Körper eingeführt
werden, welche den Verlust decken, den das Blut als Gewebsernährer
erleidet. Naturgemäss zerfällt also die Lehre von der Blutbildung in die

Blutbildung.
Umsetzung des Blutes nur sparsam auffinden lassen, und dass die Art
des chemischen Vorganges in ein vollkommenes Dunkel gehüllt ist.

Mit Gewissheit darf man behaupten, dass ausser den schon erwähn-
ten Stoffveränderungen, welche bei der Athmung in der Lunge vor sich
gehen, die Lymphkörperchen unter Einbusse ihres fettigen Inhaltes in
Blutkörperchen umgesetzt und diese wieder innerhalb des Blutstromes
zerstört werden. Ohne diese Annahme würde es unverständlich sein,
warum sich die beiden Formbestandtheile nicht in’s Unendliche im Blute
anhäufen, da sie fortwährend in das letztere durch den Lymphstrom
geführt werden und doch nicht als solche aus dem Blutstrome austreten
können, ohne vorher eine totale Auflösung erfahren zu haben, so lange
die Gefässwandungen unverletzt sind. Ebenso deutlich weist auf eine
chemische Umsetzung des Zuckers der Umstand, dass er in dem Blute
des rechten Herzens auftritt, während er im linken Herzen gar nicht
oder nur sehr sparsam wiedergefunden wird. Worin aber alle diese Um-
setzungen bestehen, zu welchen Produkten sie führen, ist vollkommen un-
bekannt; so viel lässt sich nur wahrscheinlich machen, dass die Bildung
von CO2 entweder gar nicht oder nur sehr langsam zu Stande kommt,
da arterielles Blut, welches bei Durchgang durch die Capillaren, durch
die Berührung mit den Geweben also, sehr rasch in venöses übergeht,
seine hellrothe Farbe sehr lange bewahrt, wenn es für sich, z. B. in
eine Arterie des lebenden Thieres eingeschlossen, aufbewahrt wird. Die-
ses wäre aber unmöglich, wenn sich mit Hilfe seines Sauerstoffs eine
merkliche Menge von CO2 gebildet hätte. — Diese geringe Summe von
Erfahrungen macht es unmöglich, die alte Streitfrage zu entscheiden, ob
die aus der Nahrung in das Blut übergegangenen Speisen sich sogleich im
Blute oder erst in den Geweben umsetzen.


III. Blutbildung.

Das Blut ergoss in den Binnenraum des Körpers, in dessen Höh-
len und Gewebe, fortwährend Atome, aus denen der chemische Umsatz
in den letzteren bestritten wurde, und nicht minder treten aus ihm in
die auswerfenden Drüsen Stoffe, welche aus den chemischen Prozessen
innerhalb der Organe hervorgegangen waren. Diese Erscheinungsreihe
setzt nothwendig voraus, dass die Atome, welche in die Gewebe und
die geschlossenen Höhlen ausgesendet waren, wieder zum Blut zurück-
kehren, damit ihre Ausscheidung auf Haut, Lunge, Niere möglich sei,
und ferner, dass von aussen her wägbare Stoffe in den Körper eingeführt
werden, welche den Verlust decken, den das Blut als Gewebsernährer
erleidet. Naturgemäss zerfällt also die Lehre von der Blutbildung in die

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[362/0378] Blutbildung. Umsetzung des Blutes nur sparsam auffinden lassen, und dass die Art des chemischen Vorganges in ein vollkommenes Dunkel gehüllt ist. Mit Gewissheit darf man behaupten, dass ausser den schon erwähn- ten Stoffveränderungen, welche bei der Athmung in der Lunge vor sich gehen, die Lymphkörperchen unter Einbusse ihres fettigen Inhaltes in Blutkörperchen umgesetzt und diese wieder innerhalb des Blutstromes zerstört werden. Ohne diese Annahme würde es unverständlich sein, warum sich die beiden Formbestandtheile nicht in’s Unendliche im Blute anhäufen, da sie fortwährend in das letztere durch den Lymphstrom geführt werden und doch nicht als solche aus dem Blutstrome austreten können, ohne vorher eine totale Auflösung erfahren zu haben, so lange die Gefässwandungen unverletzt sind. Ebenso deutlich weist auf eine chemische Umsetzung des Zuckers der Umstand, dass er in dem Blute des rechten Herzens auftritt, während er im linken Herzen gar nicht oder nur sehr sparsam wiedergefunden wird. Worin aber alle diese Um- setzungen bestehen, zu welchen Produkten sie führen, ist vollkommen un- bekannt; so viel lässt sich nur wahrscheinlich machen, dass die Bildung von CO2 entweder gar nicht oder nur sehr langsam zu Stande kommt, da arterielles Blut, welches bei Durchgang durch die Capillaren, durch die Berührung mit den Geweben also, sehr rasch in venöses übergeht, seine hellrothe Farbe sehr lange bewahrt, wenn es für sich, z. B. in eine Arterie des lebenden Thieres eingeschlossen, aufbewahrt wird. Die- ses wäre aber unmöglich, wenn sich mit Hilfe seines Sauerstoffs eine merkliche Menge von CO2 gebildet hätte. — Diese geringe Summe von Erfahrungen macht es unmöglich, die alte Streitfrage zu entscheiden, ob die aus der Nahrung in das Blut übergegangenen Speisen sich sogleich im Blute oder erst in den Geweben umsetzen. III. Blutbildung. Das Blut ergoss in den Binnenraum des Körpers, in dessen Höh- len und Gewebe, fortwährend Atome, aus denen der chemische Umsatz in den letzteren bestritten wurde, und nicht minder treten aus ihm in die auswerfenden Drüsen Stoffe, welche aus den chemischen Prozessen innerhalb der Organe hervorgegangen waren. Diese Erscheinungsreihe setzt nothwendig voraus, dass die Atome, welche in die Gewebe und die geschlossenen Höhlen ausgesendet waren, wieder zum Blut zurück- kehren, damit ihre Ausscheidung auf Haut, Lunge, Niere möglich sei, und ferner, dass von aussen her wägbare Stoffe in den Körper eingeführt werden, welche den Verlust decken, den das Blut als Gewebsernährer erleidet. Naturgemäss zerfällt also die Lehre von der Blutbildung in die

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/378>, abgerufen am 21.11.2024.