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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Einfluss der Nahrung.
Tode gehungert hatten, untersucht worden. Eine Vergleichung dieser
Resultate mit der Lymphe, die aus den unteren Extremitäten gewonnen
und analysirt wurde, würde, auch ohne dass man den Gewichtsantheil
kennte, den jede der beiden Flüssigkeiten an dem Inhalte des ductus
thoracicus nimmt, zu mancherlei werthvollen Betrachtungen führen, wenn
es nur feststände, dass die Lymphe des Beckens und der Unterleibsdrüsen
übereinstimmend mit der der unteren Extremitäten zusammengesetzt wäre,
und wenn die Lymphe und der Inhalt des duct. thoracicus gleichzeitig
von demselben Individuum gewonnen worden wäre. Da dieses nicht der
Fall, so gewinnen die aus den nachstehenden Zahlen abzuleitenden
Schlüsse eine zweifelhafte Giltigkeit.

[Tabelle]

Der Verlust in der Lymphenanalyse des Pferdes betrug 0,2 pCt. --
Soweit die unvollkommene Untersuchung zu schliessen erlaubt, enthiel-
ten die Lymphe und der Inhalt des ductus thoracicus, also auch der
aus dem Darme kommende Antheil desselben, gleiche Bestandtheile.
Diese Folgerung scheint um so gerechtfertigter, als die in den Chy-
lusgefässen der hungernden Thiere strömende Flüssigkeit ebenfalls ent-
weder direkt oder indirekt (vermittelst der Darmsäfte) aus dem Blute
stammt. In quantitativer Beziehung zeichnet sich der Inhalt des duct. thorac.
vor der Lymphe durch einen grösseren Gehalt an festen und flüssigen Eiweiss-
stoffen (Käsestoff, Eiweiss, Faserstoff, Körperchen) aus. Dieser Unterschied
würde jedoch für den Menschen sehr viel kleiner als beim Pferde aus-
fallen, wenn, wie wahrseheinlich, die Extrakte der Lymphe vorzugsweise
aus eiweissartigen Körpern bestanden hätten.

Die Nachrichten, die uns von dem Chylus gefütterter Thiere zu
Theil geworden, sind ebenfalls meist gewonnen durch die Untersuchung
des ductus thoracicus. Diese Thatsachen haben Werth, indem sie die
Natur der Säfte feststellen, welche während der Verdauung in das Blut
kommen; eine selbst beschränkt deutliche Vorstellung über das Verhält-
niss von der Zusammensetzung des Chylus und der Speisen geben sie
nicht, weil den betreffenden Analysen nur unvollkommene Angaben über
die Zusammensetzung der letzteren selbst beigegeben sind. Bei Anstel-
lung ähnlicher Beobachtungen dürfte es am vortheilhaftesten sein, die

Einfluss der Nahrung.
Tode gehungert hatten, untersucht worden. Eine Vergleichung dieser
Resultate mit der Lymphe, die aus den unteren Extremitäten gewonnen
und analysirt wurde, würde, auch ohne dass man den Gewichtsantheil
kennte, den jede der beiden Flüssigkeiten an dem Inhalte des ductus
thoracicus nimmt, zu mancherlei werthvollen Betrachtungen führen, wenn
es nur feststände, dass die Lymphe des Beckens und der Unterleibsdrüsen
übereinstimmend mit der der unteren Extremitäten zusammengesetzt wäre,
und wenn die Lymphe und der Inhalt des duct. thoracicus gleichzeitig
von demselben Individuum gewonnen worden wäre. Da dieses nicht der
Fall, so gewinnen die aus den nachstehenden Zahlen abzuleitenden
Schlüsse eine zweifelhafte Giltigkeit.

[Tabelle]

Der Verlust in der Lymphenanalyse des Pferdes betrug 0,2 pCt. —
Soweit die unvollkommene Untersuchung zu schliessen erlaubt, enthiel-
ten die Lymphe und der Inhalt des ductus thoracicus, also auch der
aus dem Darme kommende Antheil desselben, gleiche Bestandtheile.
Diese Folgerung scheint um so gerechtfertigter, als die in den Chy-
lusgefässen der hungernden Thiere strömende Flüssigkeit ebenfalls ent-
weder direkt oder indirekt (vermittelst der Darmsäfte) aus dem Blute
stammt. In quantitativer Beziehung zeichnet sich der Inhalt des duct. thorac.
vor der Lymphe durch einen grösseren Gehalt an festen und flüssigen Eiweiss-
stoffen (Käsestoff, Eiweiss, Faserstoff, Körperchen) aus. Dieser Unterschied
würde jedoch für den Menschen sehr viel kleiner als beim Pferde aus-
fallen, wenn, wie wahrseheinlich, die Extrakte der Lymphe vorzugsweise
aus eiweissartigen Körpern bestanden hätten.

Die Nachrichten, die uns von dem Chylus gefütterter Thiere zu
Theil geworden, sind ebenfalls meist gewonnen durch die Untersuchung
des ductus thoracicus. Diese Thatsachen haben Werth, indem sie die
Natur der Säfte feststellen, welche während der Verdauung in das Blut
kommen; eine selbst beschränkt deutliche Vorstellung über das Verhält-
niss von der Zusammensetzung des Chylus und der Speisen geben sie
nicht, weil den betreffenden Analysen nur unvollkommene Angaben über
die Zusammensetzung der letzteren selbst beigegeben sind. Bei Anstel-
lung ähnlicher Beobachtungen dürfte es am vortheilhaftesten sein, die

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[424/0440] Einfluss der Nahrung. Tode gehungert hatten, untersucht worden. Eine Vergleichung dieser Resultate mit der Lymphe, die aus den unteren Extremitäten gewonnen und analysirt wurde, würde, auch ohne dass man den Gewichtsantheil kennte, den jede der beiden Flüssigkeiten an dem Inhalte des ductus thoracicus nimmt, zu mancherlei werthvollen Betrachtungen führen, wenn es nur feststände, dass die Lymphe des Beckens und der Unterleibsdrüsen übereinstimmend mit der der unteren Extremitäten zusammengesetzt wäre, und wenn die Lymphe und der Inhalt des duct. thoracicus gleichzeitig von demselben Individuum gewonnen worden wäre. Da dieses nicht der Fall, so gewinnen die aus den nachstehenden Zahlen abzuleitenden Schlüsse eine zweifelhafte Giltigkeit. Der Verlust in der Lymphenanalyse des Pferdes betrug 0,2 pCt. — Soweit die unvollkommene Untersuchung zu schliessen erlaubt, enthiel- ten die Lymphe und der Inhalt des ductus thoracicus, also auch der aus dem Darme kommende Antheil desselben, gleiche Bestandtheile. Diese Folgerung scheint um so gerechtfertigter, als die in den Chy- lusgefässen der hungernden Thiere strömende Flüssigkeit ebenfalls ent- weder direkt oder indirekt (vermittelst der Darmsäfte) aus dem Blute stammt. In quantitativer Beziehung zeichnet sich der Inhalt des duct. thorac. vor der Lymphe durch einen grösseren Gehalt an festen und flüssigen Eiweiss- stoffen (Käsestoff, Eiweiss, Faserstoff, Körperchen) aus. Dieser Unterschied würde jedoch für den Menschen sehr viel kleiner als beim Pferde aus- fallen, wenn, wie wahrseheinlich, die Extrakte der Lymphe vorzugsweise aus eiweissartigen Körpern bestanden hätten. Die Nachrichten, die uns von dem Chylus gefütterter Thiere zu Theil geworden, sind ebenfalls meist gewonnen durch die Untersuchung des ductus thoracicus. Diese Thatsachen haben Werth, indem sie die Natur der Säfte feststellen, welche während der Verdauung in das Blut kommen; eine selbst beschränkt deutliche Vorstellung über das Verhält- niss von der Zusammensetzung des Chylus und der Speisen geben sie nicht, weil den betreffenden Analysen nur unvollkommene Angaben über die Zusammensetzung der letzteren selbst beigegeben sind. Bei Anstel- lung ähnlicher Beobachtungen dürfte es am vortheilhaftesten sein, die

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/440>, abgerufen am 22.11.2024.