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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Aufsaugung durch Blut- und Chylusgefässe.
die Thatsachen der täglichen Erfahrung und theils durch besonders dar-
auf gerichtete Versuche von Boussingault, Letellier, Frerichs,
Lehmann, Knapp, Becker, Bidder
und Schmidt so bestimmt
worden, dass in absteigender Reihe aus einem Gemenge derselben auf-
gesogen werden Wasser, Zucker, Eiweissstoffe, Leim, Kochsalz, Fette,
phosphorsaure Kalksalze, Natron, schwefelsaure Salze, Gummi. Die Gründe
für die Stellung der einzelnen Bestandtheile in der Reihe lassen sich im
Ganzen wohl einsehen. -- Wasser durchdringt die thierischen Häute im
Allgemeinen sehr rasch und leicht, und zwar um so leichter, je weniger
seiner Verwandtschaft zum Blute das Gegengewicht gehalten wird durch
die im Chymus selbst aufgelösten Stoffe; darum werden verdünnte Lö-
sungen, wie sie das gewöhnliche Trinkwasser darstellt, in ganz überra-
schender Menge und in verhältnissmässig kurzer Zeit aufgesaugt, und
eben darum verschwindet so rasch das viele Wasser wieder aus dem
Darmkanale, das mit dem Labsaft, der Galle, dem Bauchspeichel in ihn
abgesondert wurde. Conzentrirte Lösungen dagegen, besonders solcher
Salze, welche wie die schwefelsauren nur schwierig die thierischen Häute
durchwandern, verlassen langsamer die Darmhöhle, da das Wasser durch
seine Verwandtschaft zum Salze zurückgehalten wird und es nur in dem
Maasse in die Blut- oder (Chylus?) gefässe übergehen kann, in welchem
die Lösung durch Uebertreten von Salz an Conzentration verliert
(Buchheim) *). -- Dass der Zucker in reichlichem Maasse aufgenom-
men werden kann, ist einleuchtend, weil er in die Chylus- und Blutge-
fässe zugleich eingeht und demnach in allen Abtheilungen des Darmka-
nals vom Magen bis zum After aufgenommen werden kann. In ganz
denselben Verhältnissen findet sich das Kochsalz. Die beiden zuletzt
erwähnten Stoffe kann das Blut um so wirksamer anziehen, weil es sich
derselben fortwährend in dem Maasse durch den Harn oder durch Um-
setzung entledigt, in welchem es sie aufgenommen. -- Im Gegensatze
hierzu stehen dagegen Eiweiss und Fette, welche beide nach unseren
gegenwärtigen Voraussetzungen nur durch die Chylusgefässe einen Aus-
weg finden. Das erstere muss aber ein Uebergewicht über das letztere
gewinnen, weil es vom Magen bis zum After seinen Durchgang findet,
während das Fett nur in die Zottenspitzen des Dünndarmes eingeht und
namentlich in reichlichem Maasse nur so weit, als dieselben von Galle durch-
tränkt sind. -- Die phosphorsauren Erden können im Magen, wo sie von
der Säure gelöst sind, in das Blut und den Chylus eindringen, insofern
sie nicht an den Grenzen jener alkalisch reagirenden Flüssigkeiten nie-
dergeschlagen werden; an allen übrigen Orten sind sie nur zugleich mit
den eiweissartigen Stoffen, denen sie sich verbunden haben, aufsaugbar. --
Für die schwefelsauren Salze scheinen die Wandungen des Darmkanals nur

*) Archiv für physiolog. Heilkunde. XIII. 93.

Aufsaugung durch Blut- und Chylusgefässe.
die Thatsachen der täglichen Erfahrung und theils durch besonders dar-
auf gerichtete Versuche von Boussingault, Letellier, Frerichs,
Lehmann, Knapp, Becker, Bidder
und Schmidt so bestimmt
worden, dass in absteigender Reihe aus einem Gemenge derselben auf-
gesogen werden Wasser, Zucker, Eiweissstoffe, Leim, Kochsalz, Fette,
phosphorsaure Kalksalze, Natron, schwefelsaure Salze, Gummi. Die Gründe
für die Stellung der einzelnen Bestandtheile in der Reihe lassen sich im
Ganzen wohl einsehen. — Wasser durchdringt die thierischen Häute im
Allgemeinen sehr rasch und leicht, und zwar um so leichter, je weniger
seiner Verwandtschaft zum Blute das Gegengewicht gehalten wird durch
die im Chymus selbst aufgelösten Stoffe; darum werden verdünnte Lö-
sungen, wie sie das gewöhnliche Trinkwasser darstellt, in ganz überra-
schender Menge und in verhältnissmässig kurzer Zeit aufgesaugt, und
eben darum verschwindet so rasch das viele Wasser wieder aus dem
Darmkanale, das mit dem Labsaft, der Galle, dem Bauchspeichel in ihn
abgesondert wurde. Conzentrirte Lösungen dagegen, besonders solcher
Salze, welche wie die schwefelsauren nur schwierig die thierischen Häute
durchwandern, verlassen langsamer die Darmhöhle, da das Wasser durch
seine Verwandtschaft zum Salze zurückgehalten wird und es nur in dem
Maasse in die Blut- oder (Chylus?) gefässe übergehen kann, in welchem
die Lösung durch Uebertreten von Salz an Conzentration verliert
(Buchheim) *). — Dass der Zucker in reichlichem Maasse aufgenom-
men werden kann, ist einleuchtend, weil er in die Chylus- und Blutge-
fässe zugleich eingeht und demnach in allen Abtheilungen des Darmka-
nals vom Magen bis zum After aufgenommen werden kann. In ganz
denselben Verhältnissen findet sich das Kochsalz. Die beiden zuletzt
erwähnten Stoffe kann das Blut um so wirksamer anziehen, weil es sich
derselben fortwährend in dem Maasse durch den Harn oder durch Um-
setzung entledigt, in welchem es sie aufgenommen. — Im Gegensatze
hierzu stehen dagegen Eiweiss und Fette, welche beide nach unseren
gegenwärtigen Voraussetzungen nur durch die Chylusgefässe einen Aus-
weg finden. Das erstere muss aber ein Uebergewicht über das letztere
gewinnen, weil es vom Magen bis zum After seinen Durchgang findet,
während das Fett nur in die Zottenspitzen des Dünndarmes eingeht und
namentlich in reichlichem Maasse nur so weit, als dieselben von Galle durch-
tränkt sind. — Die phosphorsauren Erden können im Magen, wo sie von
der Säure gelöst sind, in das Blut und den Chylus eindringen, insofern
sie nicht an den Grenzen jener alkalisch reagirenden Flüssigkeiten nie-
dergeschlagen werden; an allen übrigen Orten sind sie nur zugleich mit
den eiweissartigen Stoffen, denen sie sich verbunden haben, aufsaugbar. —
Für die schwefelsauren Salze scheinen die Wandungen des Darmkanals nur

*) Archiv für physiolog. Heilkunde. XIII. 93.
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[428/0444] Aufsaugung durch Blut- und Chylusgefässe. die Thatsachen der täglichen Erfahrung und theils durch besonders dar- auf gerichtete Versuche von Boussingault, Letellier, Frerichs, Lehmann, Knapp, Becker, Bidder und Schmidt so bestimmt worden, dass in absteigender Reihe aus einem Gemenge derselben auf- gesogen werden Wasser, Zucker, Eiweissstoffe, Leim, Kochsalz, Fette, phosphorsaure Kalksalze, Natron, schwefelsaure Salze, Gummi. Die Gründe für die Stellung der einzelnen Bestandtheile in der Reihe lassen sich im Ganzen wohl einsehen. — Wasser durchdringt die thierischen Häute im Allgemeinen sehr rasch und leicht, und zwar um so leichter, je weniger seiner Verwandtschaft zum Blute das Gegengewicht gehalten wird durch die im Chymus selbst aufgelösten Stoffe; darum werden verdünnte Lö- sungen, wie sie das gewöhnliche Trinkwasser darstellt, in ganz überra- schender Menge und in verhältnissmässig kurzer Zeit aufgesaugt, und eben darum verschwindet so rasch das viele Wasser wieder aus dem Darmkanale, das mit dem Labsaft, der Galle, dem Bauchspeichel in ihn abgesondert wurde. Conzentrirte Lösungen dagegen, besonders solcher Salze, welche wie die schwefelsauren nur schwierig die thierischen Häute durchwandern, verlassen langsamer die Darmhöhle, da das Wasser durch seine Verwandtschaft zum Salze zurückgehalten wird und es nur in dem Maasse in die Blut- oder (Chylus?) gefässe übergehen kann, in welchem die Lösung durch Uebertreten von Salz an Conzentration verliert (Buchheim) *). — Dass der Zucker in reichlichem Maasse aufgenom- men werden kann, ist einleuchtend, weil er in die Chylus- und Blutge- fässe zugleich eingeht und demnach in allen Abtheilungen des Darmka- nals vom Magen bis zum After aufgenommen werden kann. In ganz denselben Verhältnissen findet sich das Kochsalz. Die beiden zuletzt erwähnten Stoffe kann das Blut um so wirksamer anziehen, weil es sich derselben fortwährend in dem Maasse durch den Harn oder durch Um- setzung entledigt, in welchem es sie aufgenommen. — Im Gegensatze hierzu stehen dagegen Eiweiss und Fette, welche beide nach unseren gegenwärtigen Voraussetzungen nur durch die Chylusgefässe einen Aus- weg finden. Das erstere muss aber ein Uebergewicht über das letztere gewinnen, weil es vom Magen bis zum After seinen Durchgang findet, während das Fett nur in die Zottenspitzen des Dünndarmes eingeht und namentlich in reichlichem Maasse nur so weit, als dieselben von Galle durch- tränkt sind. — Die phosphorsauren Erden können im Magen, wo sie von der Säure gelöst sind, in das Blut und den Chylus eindringen, insofern sie nicht an den Grenzen jener alkalisch reagirenden Flüssigkeiten nie- dergeschlagen werden; an allen übrigen Orten sind sie nur zugleich mit den eiweissartigen Stoffen, denen sie sich verbunden haben, aufsaugbar. — Für die schwefelsauren Salze scheinen die Wandungen des Darmkanals nur *) Archiv für physiolog. Heilkunde. XIII. 93.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/444>, abgerufen am 25.11.2024.