Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Tagesschwankung.
stimmungen derselben Gelehrten etwas wärmer, als die Lungen und
das Hirn.

2. Die Schwankung, welche die Temperatur mit der Zeit darbietet,
ist abhängig von den Tageszeiten und Lebensaltern, oder anders ausge-
drückt, von irgend welchen körperlichen Vorgängen, die sich an die Ju-
gend und das Alter, den Tag und die Nacht knüpfen. Diese, wenn man
will, typische Schwankung wird nun aber verdeckt oder gesteigert durch
dazwischentretende Umstände, insbesondere durch die Aufnahme der
Nahrungsmittel, Muskelbewegung, geistige Anstrengung, Temperatur- und
Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre und der Bekleidung.

a. Typische Tagesschwankung. Das Bestehen einer typischen, von
Nahrungsaufnahme, Schlaf und Muskelbewegung unabhängigen Tages-
schwankung ist von Bärensprung durch Beobachtungen an Menschen
und durch Chossat und Schmidt an hungernden eingesperrten Thie-
ren dargethan worden; als Beispiel für dieselben wählen wir aber die
Angaben von Lichtenfels *) und Fröhlich, weil sie die genauesten
unter den vorhandenen zu sein scheinen. Bei vollkommener Enthaltung
aller Nahrung, möglichster Ruhe der Muskeln und einem Aufenthalt in einer
Luft von 12°,4 bis 13°,6 C. fiel die Temperatur von der letzten Mahl-
zeit an (des Abends) bis 10 Stunden nach derselben, erhob sich in der
11. Stunde nach derselben um ein Geringes, sank dann stärker bis zur
15. Stunde und erhob sich bis zur 19. wieder auf den Stand, wel-
chen sie zur Zeit der 10. eingenommen, und begann von da an wieder
zu sinken. Der grösste Unterschied betrug bei Lichtenfels (11. und
15. Stunde) 0,80° C., bei Fröhlich 0,56° C.

Die typische Schwankung für das Lebensalter ist weit schwieriger darzustellen;
zu diesem Behufe müssten eliminirt sein die zahlreichen, allgemeinen und individuel-
len Gründe, aus denen bei den verschiedenen, der Vergleichung unterworfenen Men-
schen die Temperatur schwanken kann. Diese Forderung ist bis dahin nicht be-
friedigt. Das geringe Zutrauen aber, was schon darum die Angaben über die mitt-
leren Temperaturen der verschiedenen Lebensalter verdienen, wird noch geschwächt
durch den Umstand, dass die Temperaturunterschiede der verschiedenen Individuen
desselben Alters grösser ausfallen, als die Unterschiede in den Mittelzahlen der ver-
schiedenen Alter. Die folgende Tafel, die nach Bärensprung entworfen, giebt
darüber Aufschluss.

*) Wiener akadem. Denkschriften. 3. Bd.

Tagesschwankung.
stimmungen derselben Gelehrten etwas wärmer, als die Lungen und
das Hirn.

2. Die Schwankung, welche die Temperatur mit der Zeit darbietet,
ist abhängig von den Tageszeiten und Lebensaltern, oder anders ausge-
drückt, von irgend welchen körperlichen Vorgängen, die sich an die Ju-
gend und das Alter, den Tag und die Nacht knüpfen. Diese, wenn man
will, typische Schwankung wird nun aber verdeckt oder gesteigert durch
dazwischentretende Umstände, insbesondere durch die Aufnahme der
Nahrungsmittel, Muskelbewegung, geistige Anstrengung, Temperatur- und
Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre und der Bekleidung.

a. Typische Tagesschwankung. Das Bestehen einer typischen, von
Nahrungsaufnahme, Schlaf und Muskelbewegung unabhängigen Tages-
schwankung ist von Bärensprung durch Beobachtungen an Menschen
und durch Chossat und Schmidt an hungernden eingesperrten Thie-
ren dargethan worden; als Beispiel für dieselben wählen wir aber die
Angaben von Lichtenfels *) und Fröhlich, weil sie die genauesten
unter den vorhandenen zu sein scheinen. Bei vollkommener Enthaltung
aller Nahrung, möglichster Ruhe der Muskeln und einem Aufenthalt in einer
Luft von 12°,4 bis 13°,6 C. fiel die Temperatur von der letzten Mahl-
zeit an (des Abends) bis 10 Stunden nach derselben, erhob sich in der
11. Stunde nach derselben um ein Geringes, sank dann stärker bis zur
15. Stunde und erhob sich bis zur 19. wieder auf den Stand, wel-
chen sie zur Zeit der 10. eingenommen, und begann von da an wieder
zu sinken. Der grösste Unterschied betrug bei Lichtenfels (11. und
15. Stunde) 0,80° C., bei Fröhlich 0,56° C.

Die typische Schwankung für das Lebensalter ist weit schwieriger darzustellen;
zu diesem Behufe müssten eliminirt sein die zahlreichen, allgemeinen und individuel-
len Gründe, aus denen bei den verschiedenen, der Vergleichung unterworfenen Men-
schen die Temperatur schwanken kann. Diese Forderung ist bis dahin nicht be-
friedigt. Das geringe Zutrauen aber, was schon darum die Angaben über die mitt-
leren Temperaturen der verschiedenen Lebensalter verdienen, wird noch geschwächt
durch den Umstand, dass die Temperaturunterschiede der verschiedenen Individuen
desselben Alters grösser ausfallen, als die Unterschiede in den Mittelzahlen der ver-
schiedenen Alter. Die folgende Tafel, die nach Bärensprung entworfen, giebt
darüber Aufschluss.

*) Wiener akadem. Denkschriften. 3. Bd.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0478" n="462"/><fw place="top" type="header">Tagesschwankung.</fw><lb/>
stimmungen derselben Gelehrten etwas wärmer, als die Lungen und<lb/>
das Hirn.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#b">2.</hi> Die Schwankung, welche die Temperatur mit der Zeit darbietet,<lb/>
ist abhängig von den Tageszeiten und Lebensaltern, oder anders ausge-<lb/>
drückt, von irgend welchen körperlichen Vorgängen, die sich an die Ju-<lb/>
gend und das Alter, den Tag und die Nacht knüpfen. Diese, wenn man<lb/>
will, typische Schwankung wird nun aber verdeckt oder gesteigert durch<lb/>
dazwischentretende Umstände, insbesondere durch die Aufnahme der<lb/>
Nahrungsmittel, Muskelbewegung, geistige Anstrengung, Temperatur- und<lb/>
Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre und der Bekleidung.</p><lb/>
          <p>a. Typische Tagesschwankung. Das Bestehen einer typischen, von<lb/>
Nahrungsaufnahme, Schlaf und Muskelbewegung unabhängigen Tages-<lb/>
schwankung ist von <hi rendition="#g">Bärensprung</hi> durch Beobachtungen an Menschen<lb/>
und durch <hi rendition="#g">Chossat</hi> und <hi rendition="#g">Schmidt</hi> an hungernden eingesperrten Thie-<lb/>
ren dargethan worden; als Beispiel für dieselben wählen wir aber die<lb/>
Angaben von <hi rendition="#g">Lichtenfels</hi> <note place="foot" n="*)">Wiener akadem. Denkschriften. 3. Bd.</note> und <hi rendition="#g">Fröhlich</hi>, weil sie die genauesten<lb/>
unter den vorhandenen zu sein scheinen. Bei vollkommener Enthaltung<lb/>
aller Nahrung, möglichster Ruhe der Muskeln und einem Aufenthalt in einer<lb/>
Luft von <hi rendition="#b">12°,4</hi> bis <hi rendition="#b">13°,6</hi> C. fiel die Temperatur von der letzten Mahl-<lb/>
zeit an (des Abends) bis <hi rendition="#b">10</hi> Stunden nach derselben, erhob sich in der<lb/><hi rendition="#b">11.</hi> Stunde nach derselben um ein Geringes, sank dann stärker bis zur<lb/><hi rendition="#b">15.</hi> Stunde und erhob sich bis zur <hi rendition="#b">19.</hi> wieder auf den Stand, wel-<lb/>
chen sie zur Zeit der <hi rendition="#b">10.</hi> eingenommen, und begann von da an wieder<lb/>
zu sinken. Der grösste Unterschied betrug bei <hi rendition="#g">Lichtenfels</hi> (<hi rendition="#b">11.</hi> und<lb/><hi rendition="#b">15.</hi> Stunde) <hi rendition="#b">0,80</hi>° C., bei <hi rendition="#g">Fröhlich</hi> <hi rendition="#b">0,56</hi>° C.</p><lb/>
          <p>Die typische Schwankung für das Lebensalter ist weit schwieriger darzustellen;<lb/>
zu diesem Behufe müssten eliminirt sein die zahlreichen, allgemeinen und individuel-<lb/>
len Gründe, aus denen bei den verschiedenen, der Vergleichung unterworfenen Men-<lb/>
schen die Temperatur schwanken kann. Diese Forderung ist bis dahin nicht be-<lb/>
friedigt. Das geringe Zutrauen aber, was schon darum die Angaben über die mitt-<lb/>
leren Temperaturen der verschiedenen Lebensalter verdienen, wird noch geschwächt<lb/>
durch den Umstand, dass die Temperaturunterschiede der verschiedenen Individuen<lb/>
desselben Alters grösser ausfallen, als die Unterschiede in den Mittelzahlen der ver-<lb/>
schiedenen Alter. Die folgende Tafel, die nach <hi rendition="#g">Bärensprung</hi> entworfen, giebt<lb/>
darüber Aufschluss.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[462/0478] Tagesschwankung. stimmungen derselben Gelehrten etwas wärmer, als die Lungen und das Hirn. 2. Die Schwankung, welche die Temperatur mit der Zeit darbietet, ist abhängig von den Tageszeiten und Lebensaltern, oder anders ausge- drückt, von irgend welchen körperlichen Vorgängen, die sich an die Ju- gend und das Alter, den Tag und die Nacht knüpfen. Diese, wenn man will, typische Schwankung wird nun aber verdeckt oder gesteigert durch dazwischentretende Umstände, insbesondere durch die Aufnahme der Nahrungsmittel, Muskelbewegung, geistige Anstrengung, Temperatur- und Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre und der Bekleidung. a. Typische Tagesschwankung. Das Bestehen einer typischen, von Nahrungsaufnahme, Schlaf und Muskelbewegung unabhängigen Tages- schwankung ist von Bärensprung durch Beobachtungen an Menschen und durch Chossat und Schmidt an hungernden eingesperrten Thie- ren dargethan worden; als Beispiel für dieselben wählen wir aber die Angaben von Lichtenfels *) und Fröhlich, weil sie die genauesten unter den vorhandenen zu sein scheinen. Bei vollkommener Enthaltung aller Nahrung, möglichster Ruhe der Muskeln und einem Aufenthalt in einer Luft von 12°,4 bis 13°,6 C. fiel die Temperatur von der letzten Mahl- zeit an (des Abends) bis 10 Stunden nach derselben, erhob sich in der 11. Stunde nach derselben um ein Geringes, sank dann stärker bis zur 15. Stunde und erhob sich bis zur 19. wieder auf den Stand, wel- chen sie zur Zeit der 10. eingenommen, und begann von da an wieder zu sinken. Der grösste Unterschied betrug bei Lichtenfels (11. und 15. Stunde) 0,80° C., bei Fröhlich 0,56° C. Die typische Schwankung für das Lebensalter ist weit schwieriger darzustellen; zu diesem Behufe müssten eliminirt sein die zahlreichen, allgemeinen und individuel- len Gründe, aus denen bei den verschiedenen, der Vergleichung unterworfenen Men- schen die Temperatur schwanken kann. Diese Forderung ist bis dahin nicht be- friedigt. Das geringe Zutrauen aber, was schon darum die Angaben über die mitt- leren Temperaturen der verschiedenen Lebensalter verdienen, wird noch geschwächt durch den Umstand, dass die Temperaturunterschiede der verschiedenen Individuen desselben Alters grösser ausfallen, als die Unterschiede in den Mittelzahlen der ver- schiedenen Alter. Die folgende Tafel, die nach Bärensprung entworfen, giebt darüber Aufschluss. *) Wiener akadem. Denkschriften. 3. Bd.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/478
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/478>, abgerufen am 22.11.2024.