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Lüders, Else: Das Interesse des Staates am Frauenstimmrecht. Berlin, 1908.

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die größeren Gemeinwesen, die Staaten durch. Die kriege-
rischen Zwecke und Aufgaben des Staates werden hoffentlich mit
der fortschreitenden Einsicht der Völker, mit der immer engeren
friedlichen Verbindung, die sich durch den wachsenden Reise- und
Handelsverkehr um die Nationen schlingt, in den Hintergrund
treten, - dagegen wachsen stetig die kulturellen und so-
zialen
Aufgaben des Staates, also die Jnteressen-Sphären,
für welche die Frau besonders befähigt ist.

Als im Juni dieses Jahres die große internationale Or-
ganisation, der Weltbund für Frauenstimmrecht seine Tagung in
Amsterdam hielt, hatten einige der Regierungen von Staaten,
in denen die Frau bereits die politische Gleichberechtigung erlangt
haben, offizielle Vertreterinnen zum Kongreß entsandt, die im
Auftrag der Regierung Kunde bringen sollten von den
segensreichen Folgen des Frauenstimmrechts für den Staat.
Uebereinstimmend zeigt sich das Bild, daß durch die Mitarbeit
der Frau die Gesetzgebung ganz besonders gefördert wurde auf
den Gebieten des Arbeiterinnen- und Kinderschutzes, des Er-
ziehungswesens, wie überhaupt der Jugendfürsorge; ferner wurden
bessere Ehegesetze erlassen, das Schutzalter der Mädchen gegen
unsittliche Angriffe erhöht, der Kampf gegen den Dämon Alkohol
mit größter Energie geführt.

Diese Gesetze sind oft auf die Jnitiativanträge der weib-
lichen Parlamentsmitglieder hin errungen oder durch ihre tätige
Mitarbeit im Parlament bedeutend gefördert worden. Mitglied
des Parlaments können selbstverständlich nur wenige Frauen
werden, - es sollen auch nur die Berufenen und Auserwählten
ihres Geschlechts zu diesem - wenn man ihn ernst auffaßt -
schwierigen, verantwortungsvollen Posten gelangen. (NB. haben
wir den kühnen Wunsch, daß doch auch die männlichen Ab-
geordneten lauter Berufene und Auserwählte sein möchten!)
Aber auch die große Masse der weiblichen Wähler hat ein Ver-
dienst daran, wenn gute Gesetze zustande kommen, weil sie die-
jenigen Männer und Frauen zu ihrer Vertretung im Parlamente
wählten, die diese Gesetze schufen. Und noch ein wichtiges
Moment spricht dafür, daß das Frauenstimmrecht im Jnteresse
des Staates liegt: Uebereinstimmend wird aus allen Staaten,

die größeren Gemeinwesen, die Staaten durch. Die kriege-
rischen Zwecke und Aufgaben des Staates werden hoffentlich mit
der fortschreitenden Einsicht der Völker, mit der immer engeren
friedlichen Verbindung, die sich durch den wachsenden Reise- und
Handelsverkehr um die Nationen schlingt, in den Hintergrund
treten, – dagegen wachsen stetig die kulturellen und so-
zialen
Aufgaben des Staates, also die Jnteressen-Sphären,
für welche die Frau besonders befähigt ist.

Als im Juni dieses Jahres die große internationale Or-
ganisation, der Weltbund für Frauenstimmrecht seine Tagung in
Amsterdam hielt, hatten einige der Regierungen von Staaten,
in denen die Frau bereits die politische Gleichberechtigung erlangt
haben, offizielle Vertreterinnen zum Kongreß entsandt, die im
Auftrag der Regierung Kunde bringen sollten von den
segensreichen Folgen des Frauenstimmrechts für den Staat.
Uebereinstimmend zeigt sich das Bild, daß durch die Mitarbeit
der Frau die Gesetzgebung ganz besonders gefördert wurde auf
den Gebieten des Arbeiterinnen- und Kinderschutzes, des Er-
ziehungswesens, wie überhaupt der Jugendfürsorge; ferner wurden
bessere Ehegesetze erlassen, das Schutzalter der Mädchen gegen
unsittliche Angriffe erhöht, der Kampf gegen den Dämon Alkohol
mit größter Energie geführt.

Diese Gesetze sind oft auf die Jnitiativanträge der weib-
lichen Parlamentsmitglieder hin errungen oder durch ihre tätige
Mitarbeit im Parlament bedeutend gefördert worden. Mitglied
des Parlaments können selbstverständlich nur wenige Frauen
werden, – es sollen auch nur die Berufenen und Auserwählten
ihres Geschlechts zu diesem – wenn man ihn ernst auffaßt –
schwierigen, verantwortungsvollen Posten gelangen. (NB. haben
wir den kühnen Wunsch, daß doch auch die männlichen Ab-
geordneten lauter Berufene und Auserwählte sein möchten!)
Aber auch die große Masse der weiblichen Wähler hat ein Ver-
dienst daran, wenn gute Gesetze zustande kommen, weil sie die-
jenigen Männer und Frauen zu ihrer Vertretung im Parlamente
wählten, die diese Gesetze schufen. Und noch ein wichtiges
Moment spricht dafür, daß das Frauenstimmrecht im Jnteresse
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[10/0013] die größeren Gemeinwesen, die Staaten durch. Die kriege- rischen Zwecke und Aufgaben des Staates werden hoffentlich mit der fortschreitenden Einsicht der Völker, mit der immer engeren friedlichen Verbindung, die sich durch den wachsenden Reise- und Handelsverkehr um die Nationen schlingt, in den Hintergrund treten, – dagegen wachsen stetig die kulturellen und so- zialen Aufgaben des Staates, also die Jnteressen-Sphären, für welche die Frau besonders befähigt ist. Als im Juni dieses Jahres die große internationale Or- ganisation, der Weltbund für Frauenstimmrecht seine Tagung in Amsterdam hielt, hatten einige der Regierungen von Staaten, in denen die Frau bereits die politische Gleichberechtigung erlangt haben, offizielle Vertreterinnen zum Kongreß entsandt, die im Auftrag der Regierung Kunde bringen sollten von den segensreichen Folgen des Frauenstimmrechts für den Staat. Uebereinstimmend zeigt sich das Bild, daß durch die Mitarbeit der Frau die Gesetzgebung ganz besonders gefördert wurde auf den Gebieten des Arbeiterinnen- und Kinderschutzes, des Er- ziehungswesens, wie überhaupt der Jugendfürsorge; ferner wurden bessere Ehegesetze erlassen, das Schutzalter der Mädchen gegen unsittliche Angriffe erhöht, der Kampf gegen den Dämon Alkohol mit größter Energie geführt. Diese Gesetze sind oft auf die Jnitiativanträge der weib- lichen Parlamentsmitglieder hin errungen oder durch ihre tätige Mitarbeit im Parlament bedeutend gefördert worden. Mitglied des Parlaments können selbstverständlich nur wenige Frauen werden, – es sollen auch nur die Berufenen und Auserwählten ihres Geschlechts zu diesem – wenn man ihn ernst auffaßt – schwierigen, verantwortungsvollen Posten gelangen. (NB. haben wir den kühnen Wunsch, daß doch auch die männlichen Ab- geordneten lauter Berufene und Auserwählte sein möchten!) Aber auch die große Masse der weiblichen Wähler hat ein Ver- dienst daran, wenn gute Gesetze zustande kommen, weil sie die- jenigen Männer und Frauen zu ihrer Vertretung im Parlamente wählten, die diese Gesetze schufen. Und noch ein wichtiges Moment spricht dafür, daß das Frauenstimmrecht im Jnteresse des Staates liegt: Uebereinstimmend wird aus allen Staaten,

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-08-18T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Lüders, Else: Das Interesse des Staates am Frauenstimmrecht. Berlin, 1908, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lueders_interesse_1908/13>, abgerufen am 09.11.2024.