Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.Anfechtung über vns verhänget ist / so machet GOtt / daß die Versuchung ein solch ende gewinne / daß wirs können ertragen. Er wird mit der Versuchung auch die Entrinnung verschaffen. GOtt will in der Versuchung nicht gar von vns abtretten / vnd seinen H. Geist gantz von vns nehmen / sonst wäre es gewiß vnd warhafftig vmb vnsere Seligkeit geschehen; denn von vns selbst auß eignen Kräfften seynd wir zu keinem2. Cor. 3, 5. guten tüchtig / können auch dem Widersacher nicht widerstehen. Es entziehet zwar zuweilen GOtt in etwas den Beystand deß H. Geistes / daß ein Christ lerne erkennen / was für eine schwache Creatur er sey; aber da machts der liebe GOtt wie eine Mutter. Wenn das Kind zum Fewr lauffet / lässet sie jhm ein wenig den Willen / stehet aber vnterdeß hinter jhme / vnd mercket wol auff / was werden will / vnd wann sie denn sihet / daß Noth da ist / vnd das Kind mit gantzem Leibe will ins Fewr fallen / so erhaschet sie es / vnd vnterweiset es. Also thut GOtt zweyerley bey den Versuchungen seiner Kinder; erstlich / wann sie vns sollen auffgeleget werden / wieget er dieselbe ab / daß sie nicht zu schwer werden; hernach wann sie auffgeleget seyn / ist er in der Anfechtung bey vns / vnd schaffet das entrinnen. Der Grund solcher Hoffnung zu GOtt / ist seine Trewe / denn GOtt ist getrew. Die einen in Gefahr führen / vnd lassen jhn drinn stecken / das seynd vntrewe Freunde. Das sey ferne von vnserm GOtt / Er hat kein Wolgefallen an vnserm Verderben / sondern hertzlich begehret er / daß wir leben / vnd selig werden. Darumb wie er auß brünstiger Liebe vns auff den Weg der Seligkeit gebracht / also gibt er vns nicht schlecht dahin / in den Willen deß Satans / sondern da es nicht anders seyn kan / die da begehren gottselig zu leben / müssen Anfechtung leiden / lässet er nach seiner Trewe die Anfechtung nicht zu schwer werden / vnd stehet vns auch bey in den Anfechtungen / daß wir entrinnen können. Wo nun einer nicht muthwillig im Anfechtung über vns verhänget ist / so machet GOtt / daß die Versuchung ein solch ende gewinne / daß wirs können ertragen. Er wird mit der Versuchung auch die Entrinnung verschaffen. GOtt will in der Versuchung nicht gar von vns abtretten / vnd seinen H. Geist gantz von vns nehmen / sonst wäre es gewiß vnd warhafftig vmb vnsere Seligkeit geschehen; denn von vns selbst auß eignen Kräfften seynd wir zu keinem2. Cor. 3, 5. guten tüchtig / können auch dem Widersacher nicht widerstehen. Es entziehet zwar zuweilen GOtt in etwas den Beystand deß H. Geistes / daß ein Christ lerne erkennen / was für eine schwache Creatur er sey; aber da machts der liebe GOtt wie eine Mutter. Wenn das Kind zum Fewr lauffet / lässet sie jhm ein wenig den Willen / stehet aber vnterdeß hinter jhme / vnd mercket wol auff / was werden will / vnd wann sie denn sihet / daß Noth da ist / vnd das Kind mit gantzem Leibe will ins Fewr fallen / so erhaschet sie es / vnd vnterweiset es. Also thut GOtt zweyerley bey den Versuchungen seiner Kinder; erstlich / wann sie vns sollen auffgeleget werden / wieget er dieselbe ab / daß sie nicht zu schwer werden; hernach wann sie auffgeleget seyn / ist er in der Anfechtung bey vns / vnd schaffet das entrinnen. Der Grund solcher Hoffnung zu GOtt / ist seine Trewe / denn GOtt ist getrew. Die einen in Gefahr führen / vnd lassen jhn drinn stecken / das seynd vntrewe Freunde. Das sey ferne von vnserm GOtt / Er hat kein Wolgefallen an vnserm Verderben / sondern hertzlich begehret er / daß wir leben / vnd selig werden. Darumb wie er auß brünstiger Liebe vns auff den Weg der Seligkeit gebracht / also gibt er vns nicht schlecht dahin / in den Willen deß Satans / sondern da es nicht anders seyn kan / die da begehren gottselig zu leben / müssen Anfechtung leiden / lässet er nach seiner Trewe die Anfechtung nicht zu schwer werden / vnd stehet vns auch bey in den Anfechtungen / daß wir entrinnen können. Wo nun einer nicht muthwillig im <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0209" n="193"/> Anfechtung über vns verhänget ist / so machet GOtt / daß die Versuchung ein solch ende gewinne / daß wirs können ertragen. Er wird mit der Versuchung auch die Entrinnung verschaffen. GOtt will in der Versuchung nicht gar von vns abtretten / vnd seinen H. Geist gantz von vns nehmen / sonst wäre es gewiß vnd warhafftig vmb vnsere Seligkeit geschehen; denn von vns selbst auß eignen Kräfften seynd wir zu keinem<note place="right">2. Cor. 3, 5.</note> guten tüchtig / können auch dem Widersacher nicht widerstehen. Es entziehet zwar zuweilen GOtt in etwas den Beystand deß H. Geistes / daß ein Christ lerne erkennen / was für eine schwache Creatur er sey; aber da machts der liebe GOtt wie eine Mutter. Wenn das Kind zum Fewr lauffet / lässet sie jhm ein wenig den Willen / stehet aber vnterdeß hinter jhme / vnd mercket wol auff / was werden will / vnd wann sie denn sihet / daß Noth da ist / vnd das Kind mit gantzem Leibe will ins Fewr fallen / so erhaschet sie es / vnd vnterweiset es. Also thut GOtt zweyerley bey den Versuchungen seiner Kinder; erstlich / wann sie vns sollen auffgeleget werden / wieget er dieselbe ab / daß sie nicht zu schwer werden; hernach wann sie auffgeleget seyn / ist er in der Anfechtung bey vns / vnd schaffet das entrinnen. Der Grund solcher Hoffnung zu GOtt / ist seine Trewe / denn GOtt ist getrew. Die einen in Gefahr führen / vnd lassen jhn drinn stecken / das seynd vntrewe Freunde. Das sey ferne von vnserm GOtt / Er hat kein Wolgefallen an vnserm Verderben / sondern hertzlich begehret er / daß wir leben / vnd selig werden. Darumb wie er auß brünstiger Liebe vns auff den Weg der Seligkeit gebracht / also gibt er vns nicht schlecht dahin / in den Willen deß Satans / sondern da es nicht anders seyn kan / die da begehren gottselig zu leben / müssen Anfechtung leiden / lässet er nach seiner Trewe die Anfechtung nicht zu schwer werden / vnd stehet vns auch bey in den Anfechtungen / daß wir entrinnen können. Wo nun einer nicht muthwillig im </p> </div> </body> </text> </TEI> [193/0209]
Anfechtung über vns verhänget ist / so machet GOtt / daß die Versuchung ein solch ende gewinne / daß wirs können ertragen. Er wird mit der Versuchung auch die Entrinnung verschaffen. GOtt will in der Versuchung nicht gar von vns abtretten / vnd seinen H. Geist gantz von vns nehmen / sonst wäre es gewiß vnd warhafftig vmb vnsere Seligkeit geschehen; denn von vns selbst auß eignen Kräfften seynd wir zu keinem guten tüchtig / können auch dem Widersacher nicht widerstehen. Es entziehet zwar zuweilen GOtt in etwas den Beystand deß H. Geistes / daß ein Christ lerne erkennen / was für eine schwache Creatur er sey; aber da machts der liebe GOtt wie eine Mutter. Wenn das Kind zum Fewr lauffet / lässet sie jhm ein wenig den Willen / stehet aber vnterdeß hinter jhme / vnd mercket wol auff / was werden will / vnd wann sie denn sihet / daß Noth da ist / vnd das Kind mit gantzem Leibe will ins Fewr fallen / so erhaschet sie es / vnd vnterweiset es. Also thut GOtt zweyerley bey den Versuchungen seiner Kinder; erstlich / wann sie vns sollen auffgeleget werden / wieget er dieselbe ab / daß sie nicht zu schwer werden; hernach wann sie auffgeleget seyn / ist er in der Anfechtung bey vns / vnd schaffet das entrinnen. Der Grund solcher Hoffnung zu GOtt / ist seine Trewe / denn GOtt ist getrew. Die einen in Gefahr führen / vnd lassen jhn drinn stecken / das seynd vntrewe Freunde. Das sey ferne von vnserm GOtt / Er hat kein Wolgefallen an vnserm Verderben / sondern hertzlich begehret er / daß wir leben / vnd selig werden. Darumb wie er auß brünstiger Liebe vns auff den Weg der Seligkeit gebracht / also gibt er vns nicht schlecht dahin / in den Willen deß Satans / sondern da es nicht anders seyn kan / die da begehren gottselig zu leben / müssen Anfechtung leiden / lässet er nach seiner Trewe die Anfechtung nicht zu schwer werden / vnd stehet vns auch bey in den Anfechtungen / daß wir entrinnen können. Wo nun einer nicht muthwillig im
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