Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.alte Mensch / der durch die verführische Lüste sich verderbet / will allen seinen Zorn für gut vnd gerecht gehalten haben. Er will nicht das Ansehen haben / daß er vnbillich zürne / vnnd damit verderbt er sich / vnd wird immer ärger. Dagegen spricht der Geist: Wolt jhr zürnen / so zürnet vber das böse. Zürnet aber also / daß ewer Zorn nicht zur Sünden werde. Solches kan leicht geschehen / entweder wann wir vnbillig vnd ohn Vrsach zürnen; oder so wir zu hefftig / oder auch zu lange zürnen / daß auß dem Zorn ein Haß wirdt. Hie kans ein Christenmensch leicht versehen. Die erste Bewegung vnd Trieb zum Zorn stehet nicht in vnser Hand. Bey deinen guten Freunden vnd Bekandten wirstu offt viel sehen vnd hören / daß dich verdreust. Da wird dir auch ein Wort entfahren / daß einem andern nicht mit ist / diß müssen wir fühlen / so lang wir vnter Leuthen vmbgehen / vnd können vns deß nicht erwehren. Dann ohne daß die Natur so schwach ist / stellet vns der Sathan zu sehr nach / macht es dem Menschen zu viel / biß daß er jhn verbittere / vnnd in Zorn jage. Darumb bistu ein Christ / mustu acht auff deinen Zorn haben / daß du so zürnest / daß du nicht vber dem Zorn deinen Gott verlierest. Hüte dich / daß du nicht thuest / was dir dein Zorn gebeut; wirstu aber vbereilet im Zorn / vund greiffest zu weit / so fahre nicht fort / sondern schlag in dich / vnnd laß die Sonne vber deinen Zorn nicht vntergehen. Das ist ein Werck deß newen Menschen / der betet wieder den Zorn / vnd redet mit seinem GOtt / vnd bey sich selbst in seinem Gemüth auß GOttes Wort / vnd so er deß Abends bettet: Vatter / vergib vns vnsere Schuld / als wir vergeben vnseren Schuldenern; gedenckt er: Sihe / GOtt hat dir viel mehr vergeben / als ein Mensch immer wieder dich sündigen kan. Was solten aber das für Christen seyn / die nicht eine Nacht Zorn behalten / sondern wol Jahr vnnd Tag? Das ist ein recht teuflischer Zorn / dann deß Teuffels Zorn in der Höllen ist nicht zu sättigen noch zu löschen. Er hat einen grossen Zorn gefasset / vnnd suchet wen er verschlinge. Er ist nicht befriedigt damit / daß er das gantze alte Mensch / der durch die verführische Lüste sich verderbet / will allen seinen Zorn für gut vnd gerecht gehalten haben. Er will nicht das Ansehen haben / daß er vnbillich zürne / vnnd damit verderbt er sich / vnd wird immer ärger. Dagegen spricht der Geist: Wolt jhr zürnen / so zürnet vber das böse. Zürnet aber also / daß ewer Zorn nicht zur Sünden werde. Solches kan leicht geschehen / entweder wann wir vnbillig vnd ohn Vrsach zürnen; oder so wir zu hefftig / oder auch zu lange zürnen / daß auß dem Zorn ein Haß wirdt. Hie kans ein Christenmensch leicht versehen. Die erste Bewegung vnd Trieb zum Zorn stehet nicht in vnser Hand. Bey deinen guten Freunden vnd Bekandten wirstu offt viel sehen vnd hören / daß dich verdreust. Da wird dir auch ein Wort entfahren / daß einem andern nicht mit ist / diß müssen wir fühlen / so lang wir vnter Leuthen vmbgehen / vnd können vns deß nicht erwehren. Dann ohne daß die Natur so schwach ist / stellet vns der Sathan zu sehr nach / macht es dem Menschen zu viel / biß daß er jhn verbittere / vnnd in Zorn jage. Darumb bistu ein Christ / mustu acht auff deinen Zorn haben / daß du so zürnest / daß du nicht vber dem Zorn deinen Gott verlierest. Hüte dich / daß du nicht thuest / was dir dein Zorn gebeut; wirstu aber vbereilet im Zorn / vund greiffest zu weit / so fahre nicht fort / sondern schlag in dich / vnnd laß die Sonne vber deinen Zorn nicht vntergehen. Das ist ein Werck deß newen Menschen / der betet wieder den Zorn / vnd redet mit seinem GOtt / vnd bey sich selbst in seinem Gemüth auß GOttes Wort / vnd so er deß Abends bettet: Vatter / vergib vns vnsere Schuld / als wir vergeben vnseren Schuldenern; gedenckt er: Sihe / GOtt hat dir viel mehr vergeben / als ein Mensch immer wieder dich sündigen kan. Was solten aber das für Christen seyn / die nicht eine Nacht Zorn behalten / sondern wol Jahr vnnd Tag? Das ist ein recht teuflischer Zorn / dann deß Teuffels Zorn in der Höllen ist nicht zu sättigen noch zu löschen. Er hat einen grossen Zorn gefasset / vnnd suchet wen er verschlinge. 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Da wird dir auch ein Wort entfahren / daß einem andern nicht mit ist / diß müssen wir fühlen / so lang wir vnter Leuthen vmbgehen / vnd können vns deß nicht erwehren. Dann ohne daß die Natur so schwach ist / stellet vns der Sathan zu sehr nach / macht es dem Menschen zu viel / biß daß er jhn verbittere / vnnd in Zorn jage. Darumb bistu ein Christ / mustu acht auff deinen Zorn haben / daß du so zürnest / daß du nicht vber dem Zorn deinen Gott verlierest. Hüte dich / daß du nicht thuest / was dir dein Zorn gebeut; wirstu aber vbereilet im Zorn / vund greiffest zu weit / so fahre nicht fort / sondern schlag in dich / vnnd laß die Sonne vber deinen Zorn nicht vntergehen. Das ist ein Werck deß newen Menschen / der betet wieder den Zorn / vnd redet mit seinem GOtt / vnd bey sich selbst in seinem Gemüth auß GOttes Wort / vnd so er deß Abends bettet: Vatter / vergib vns vnsere Schuld / als wir vergeben vnseren Schuldenern; gedenckt er: Sihe / GOtt hat dir viel mehr vergeben / als ein Mensch immer wieder dich sündigen kan. Was solten aber das für Christen seyn / die nicht eine Nacht Zorn behalten / sondern wol Jahr vnnd Tag? Das ist ein recht teuflischer Zorn / dann deß Teuffels Zorn in der Höllen ist nicht zu sättigen noch zu löschen. Er hat einen grossen Zorn gefasset / vnnd suchet wen er verschlinge. Er ist nicht befriedigt damit / daß er das gantze </p> </div> </body> </text> </TEI> [398/0414]
alte Mensch / der durch die verführische Lüste sich verderbet / will allen seinen Zorn für gut vnd gerecht gehalten haben. Er will nicht das Ansehen haben / daß er vnbillich zürne / vnnd damit verderbt er sich / vnd wird immer ärger. Dagegen spricht der Geist: Wolt jhr zürnen / so zürnet vber das böse. Zürnet aber also / daß ewer Zorn nicht zur Sünden werde. Solches kan leicht geschehen / entweder wann wir vnbillig vnd ohn Vrsach zürnen; oder so wir zu hefftig / oder auch zu lange zürnen / daß auß dem Zorn ein Haß wirdt. Hie kans ein Christenmensch leicht versehen. Die erste Bewegung vnd Trieb zum Zorn stehet nicht in vnser Hand. Bey deinen guten Freunden vnd Bekandten wirstu offt viel sehen vnd hören / daß dich verdreust. Da wird dir auch ein Wort entfahren / daß einem andern nicht mit ist / diß müssen wir fühlen / so lang wir vnter Leuthen vmbgehen / vnd können vns deß nicht erwehren. Dann ohne daß die Natur so schwach ist / stellet vns der Sathan zu sehr nach / macht es dem Menschen zu viel / biß daß er jhn verbittere / vnnd in Zorn jage. Darumb bistu ein Christ / mustu acht auff deinen Zorn haben / daß du so zürnest / daß du nicht vber dem Zorn deinen Gott verlierest. Hüte dich / daß du nicht thuest / was dir dein Zorn gebeut; wirstu aber vbereilet im Zorn / vund greiffest zu weit / so fahre nicht fort / sondern schlag in dich / vnnd laß die Sonne vber deinen Zorn nicht vntergehen. Das ist ein Werck deß newen Menschen / der betet wieder den Zorn / vnd redet mit seinem GOtt / vnd bey sich selbst in seinem Gemüth auß GOttes Wort / vnd so er deß Abends bettet: Vatter / vergib vns vnsere Schuld / als wir vergeben vnseren Schuldenern; gedenckt er: Sihe / GOtt hat dir viel mehr vergeben / als ein Mensch immer wieder dich sündigen kan. Was solten aber das für Christen seyn / die nicht eine Nacht Zorn behalten / sondern wol Jahr vnnd Tag? Das ist ein recht teuflischer Zorn / dann deß Teuffels Zorn in der Höllen ist nicht zu sättigen noch zu löschen. Er hat einen grossen Zorn gefasset / vnnd suchet wen er verschlinge. Er ist nicht befriedigt damit / daß er das gantze
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/414>, abgerufen am 16.06.2024. |