Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

ste vnd gröste Gebott. Das ander ist dem gleich: Du solt deinen Nechsten lieben / als dich selbst. In diesen zweyen Gebotten hanget das gantze Gesetz vnd die Propheten.

Darauff ist erstlich zu antworten / daß vornemblich auff die Gebott der andern Taffel gesehen wird / wann Paulus saget: Wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet; vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Denn wenn alle Gebott / wie viel deren auch seyn / die von der Gebühr eines Christen gegen dem Nechsten handeln / in eine Ordnung gefasset werden / so machen sie ein ziemlich langes vnd weitläufftiges Register. Wie aber Kauffleute jhre Schuldbücher schliessen mit einer Summa Summarum / so hat auch GOtt alle Schuld vnd Pflicht / damit wir von Gottes wegen dem Nechsten verhafftet / in diese Summa gebracht: Du solt deinen Nechsten lieben wie dich selbst. Ein jegliche Tugend / als Barmhertzigkeit / Miltigkeit / Warheit / Gerechugkeit / hat sein eigen Werck / aber die Liebe hat kein eigen Werck / sondern aller Tugenden Werck / die man gegen dem Nechsten übet / seyn der Liebe Werck. Vnd so etwas nicht auß der Liebe kompt / ists auch keine Tugend. Also ist das Gesetz der Liebe kurtz von Worten / aber sehr lang nach der Vbung. Es ist ein Gebott vnd alle Gebott / so viel deren jmmer seyn können / die vns lehren gegen dem Nechsten recht zu verhalten.

Zum andern / kan diß recht vnd wol auffs gantze Gesetz gezogen werden / wann man die Liebe deß Nechsten heisset deß Gesetzes Erfüllung. Denn das Gebott von der Liebe Gottes ist gantz herunter gezogen in die Liebe deß Nechsten. GOtt für sich selbsten bedarff vnserer Liebe nicht / er ist vns zu hoch gesessen / drumb hat er vns zum Nechsten gewiesen; in dem nothleidenden Menschen solt du GOtt finden / in demselben kanstu GOtt liebes vnd gutes er-

ste vnd gröste Gebott. Das ander ist dem gleich: Du solt deinen Nechsten lieben / als dich selbst. In diesen zweyen Gebotten hanget das gantze Gesetz vnd die Propheten.

Darauff ist erstlich zu antworten / daß vornemblich auff die Gebott der andern Taffel gesehen wird / wann Paulus saget: Wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet; vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Denn wenn alle Gebott / wie viel deren auch seyn / die von der Gebühr eines Christen gegen dem Nechsten handeln / in eine Ordnung gefasset werden / so machen sie ein ziemlich langes vnd weitläufftiges Register. Wie aber Kauffleute jhre Schuldbücher schliessen mit einer Summa Summarum / so hat auch GOtt alle Schuld vnd Pflicht / damit wir von Gottes wegen dem Nechsten verhafftet / in diese Summa gebracht: Du solt deinen Nechsten lieben wie dich selbst. Ein jegliche Tugend / als Barmhertzigkeit / Miltigkeit / Warheit / Gerechugkeit / hat sein eigen Werck / aber die Liebe hat kein eigen Werck / sondern aller Tugenden Werck / die man gegen dem Nechsten übet / seyn der Liebe Werck. Vnd so etwas nicht auß der Liebe kompt / ists auch keine Tugend. Also ist das Gesetz der Liebe kurtz von Worten / aber sehr lang nach der Vbung. Es ist ein Gebott vnd alle Gebott / so viel deren jmmer seyn können / die vns lehren gegen dem Nechsten recht zu verhalten.

Zum andern / kan diß recht vnd wol auffs gantze Gesetz gezogen werden / wann man die Liebe deß Nechsten heisset deß Gesetzes Erfüllung. Denn das Gebott von der Liebe Gottes ist gantz herunter gezogen in die Liebe deß Nechsten. GOtt für sich selbsten bedarff vnserer Liebe nicht / er ist vns zu hoch gesessen / drumb hat er vns zum Nechsten gewiesen; in dem nothleidenden Menschen solt du GOtt finden / in demselben kanstu GOtt liebes vnd gutes er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0309" n="289"/>
ste                      vnd gröste Gebott. Das ander ist dem gleich: Du solt deinen Nechsten lieben /                      als dich selbst. In diesen zweyen Gebotten hanget das gantze Gesetz vnd die                      Propheten.</p>
        <p>Darauff ist erstlich zu antworten / daß vornemblich auff die Gebott der andern                      Taffel gesehen wird / wann Paulus saget: Wer den andern liebet / der hat das                      Gesetz erfüllet; vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Denn wenn                      alle Gebott / wie viel deren auch seyn / die von der Gebühr eines Christen gegen                      dem Nechsten handeln / in eine Ordnung gefasset werden / so machen sie ein                      ziemlich langes vnd weitläufftiges Register. Wie aber Kauffleute jhre                      Schuldbücher schliessen mit einer Summa Summarum / so hat auch GOtt alle Schuld                      vnd Pflicht / damit wir von Gottes wegen dem Nechsten verhafftet / in diese                      Summa gebracht: Du solt deinen Nechsten lieben wie dich selbst. Ein jegliche                      Tugend / als Barmhertzigkeit / Miltigkeit / Warheit / Gerechugkeit / hat sein                      eigen Werck / aber die Liebe hat kein eigen Werck / sondern aller Tugenden Werck                      / die man gegen dem Nechsten übet / seyn der Liebe Werck. Vnd so etwas nicht auß                      der Liebe kompt / ists auch keine Tugend. Also ist das Gesetz der Liebe kurtz                      von Worten / aber sehr lang nach der Vbung. Es ist ein Gebott vnd alle Gebott /                      so viel deren jmmer seyn können / die vns lehren gegen dem Nechsten recht zu                      verhalten.</p>
        <p>Zum andern / kan diß recht vnd wol auffs gantze Gesetz gezogen werden / wann man                      die Liebe deß Nechsten heisset deß Gesetzes Erfüllung. Denn das Gebott von der                      Liebe Gottes ist gantz herunter gezogen in die Liebe deß Nechsten. GOtt für sich                      selbsten bedarff vnserer Liebe nicht / er ist vns zu hoch gesessen / drumb hat                      er vns zum Nechsten gewiesen; in dem nothleidenden Menschen solt du GOtt finden                      / in demselben kanstu GOtt liebes vnd gutes er-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0309] ste vnd gröste Gebott. Das ander ist dem gleich: Du solt deinen Nechsten lieben / als dich selbst. In diesen zweyen Gebotten hanget das gantze Gesetz vnd die Propheten. Darauff ist erstlich zu antworten / daß vornemblich auff die Gebott der andern Taffel gesehen wird / wann Paulus saget: Wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet; vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Denn wenn alle Gebott / wie viel deren auch seyn / die von der Gebühr eines Christen gegen dem Nechsten handeln / in eine Ordnung gefasset werden / so machen sie ein ziemlich langes vnd weitläufftiges Register. Wie aber Kauffleute jhre Schuldbücher schliessen mit einer Summa Summarum / so hat auch GOtt alle Schuld vnd Pflicht / damit wir von Gottes wegen dem Nechsten verhafftet / in diese Summa gebracht: Du solt deinen Nechsten lieben wie dich selbst. Ein jegliche Tugend / als Barmhertzigkeit / Miltigkeit / Warheit / Gerechugkeit / hat sein eigen Werck / aber die Liebe hat kein eigen Werck / sondern aller Tugenden Werck / die man gegen dem Nechsten übet / seyn der Liebe Werck. Vnd so etwas nicht auß der Liebe kompt / ists auch keine Tugend. Also ist das Gesetz der Liebe kurtz von Worten / aber sehr lang nach der Vbung. Es ist ein Gebott vnd alle Gebott / so viel deren jmmer seyn können / die vns lehren gegen dem Nechsten recht zu verhalten. Zum andern / kan diß recht vnd wol auffs gantze Gesetz gezogen werden / wann man die Liebe deß Nechsten heisset deß Gesetzes Erfüllung. Denn das Gebott von der Liebe Gottes ist gantz herunter gezogen in die Liebe deß Nechsten. GOtt für sich selbsten bedarff vnserer Liebe nicht / er ist vns zu hoch gesessen / drumb hat er vns zum Nechsten gewiesen; in dem nothleidenden Menschen solt du GOtt finden / in demselben kanstu GOtt liebes vnd gutes er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/309
Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/309>, abgerufen am 20.05.2024.