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Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

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Sünde vnd Beleydigung / sondern der Sünden Menge / die vergräbet sie vnter die Erden / vnnd vergißt derselben also / als wann nimmermehr keine Beleydigung geschehen were. Solche Antwort bekam Petrus selbst von vnserm HERRN Christo / als er denselbigen fragte: Wie offt soll ich im Tage meinem Nächsten vergeben / ists genug siebenmal; dann der HERR sprach: Nicht siebenmal / sondern siebentzig mal siebenmal. Also gar ist die Christliche Liebe viel anders als die Welt Liebe. Die Weltkinder lieben sich auch / aber so lang jhnen gutes / vnd nicht böses geschicht; wiederfähret jhnen etwas zu nahe / so höret die Liebe auff / vnd wird die Feindschafft so vil grösser / als viel grösser die Freundschafft gewesen ist. Da höret man offt solche Rede: Ich habe den Menschen so lieb gehabt / ich hätte wol das Hertz im Leibe mit jhm theilen wollen / vnnd er thut mir das zuwieder. So lang ich lebe / begereich keine Freundschafft mehr mit jhm zu halten. Wo bleibt da die Christliche Liebe / die der Sünde Menge zudecket / vnnd in die Erde verscharret?

Es ist aber damit der Obrigkeit vnd Haußvättern jhr Recht nicht benommen / sie müssen straffen / darzu seynd sie gesetzet. Wie wolte sonsten dem bösen gewehret werden? Ja ein jeglicher / wann er den Nächsten sihet böses thun / mag er jhn brüderlich vermahnen vnd straffen; dann die Liebe wehret dem bösen / vnnd den Schaden deß Nächsten / wo sie kan vnd mag. Wo man nun Gewissens vnd Ampts halben nicht auffdecken vnd straffen muß / daß dem bösen gewehret werde; da behält die Liebe jhr Eigenschafft; die hasset nicht / lässet sich nicht verbittern / decket die Schande nicht auff / ist nicht rachgierig / vnd will gerne vergeben.

Diese Eigenschafft erhebet die Liebe sehr hoch / dann wir müssen nicht em solches Christenthumb erdencken daß ohn Mangel ist. Wo Leuthe bey einander leben / da findet sich Sünde. Da thut einer nicht allzeit / was dem andern wolgefällt. Wann dann einer nichts ertragen wolte / der würde gar zu ein stoltzer Heyliger

Sünde vnd Beleydigung / sondern der Sünden Menge / die vergräbet sie vnter die Erden / vnnd vergißt derselben also / als wann nim̃ermehr keine Beleydigung geschehen were. Solche Antwort bekam Petrus selbst von vnserm HERRN Christo / als er denselbigen fragte: Wie offt soll ich im Tage meinem Nächsten vergeben / ists genug siebenmal; dann der HERR sprach: Nicht siebenmal / sondern siebentzig mal siebenmal. Also gar ist die Christliche Liebe viel anders als die Welt Liebe. Die Weltkinder lieben sich auch / aber so lang jhnen gutes / vnd nicht böses geschicht; wiederfähret jhnen etwas zu nahe / so höret die Liebe auff / vnd wird die Feindschafft so vil grösser / als viel grösser die Freundschafft gewesen ist. Da höret man offt solche Rede: Ich habe den Menschen so lieb gehabt / ich hätte wol das Hertz im Leibe mit jhm theilen wollen / vnnd er thut mir das zuwieder. So lang ich lebe / begereich keine Freundschafft mehr mit jhm zu halten. Wo bleibt da die Christliche Liebe / die der Sünde Menge zudecket / vnnd in die Erde verscharret?

Es ist aber damit der Obrigkeit vnd Haußvättern jhr Recht nicht benommen / sie müssen straffen / darzu seynd sie gesetzet. Wie wolte sonsten dem bösen gewehret werden? Ja ein jeglicher / wann er den Nächsten sihet böses thun / mag er jhn brüderlich vermahnen vnd straffen; dann die Liebe wehret dem bösen / vnnd den Schaden deß Nächsten / wo sie kan vnd mag. Wo man nun Gewissens vnd Ampts halben nicht auffdecken vnd straffen muß / daß dem bösen gewehret werde; da behält die Liebe jhr Eigenschafft; die hasset nicht / lässet sich nicht verbittern / decket die Schande nicht auff / ist nicht rachgierig / vnd will gerne vergeben.

Diese Eigenschafft erhebet die Liebe sehr hoch / dann wir müssen nicht em solches Christenthumb erdencken daß ohn Mangel ist. Wo Leuthe bey einander leben / da findet sich Sünde. Da thut einer nicht allzeit / was dem andern wolgefällt. Wann dann einer nichts ertragen wolte / der würde gar zu ein stoltzer Heyliger

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[794/0814] Sünde vnd Beleydigung / sondern der Sünden Menge / die vergräbet sie vnter die Erden / vnnd vergißt derselben also / als wann nim̃ermehr keine Beleydigung geschehen were. Solche Antwort bekam Petrus selbst von vnserm HERRN Christo / als er denselbigen fragte: Wie offt soll ich im Tage meinem Nächsten vergeben / ists genug siebenmal; dann der HERR sprach: Nicht siebenmal / sondern siebentzig mal siebenmal. Also gar ist die Christliche Liebe viel anders als die Welt Liebe. Die Weltkinder lieben sich auch / aber so lang jhnen gutes / vnd nicht böses geschicht; wiederfähret jhnen etwas zu nahe / so höret die Liebe auff / vnd wird die Feindschafft so vil grösser / als viel grösser die Freundschafft gewesen ist. Da höret man offt solche Rede: Ich habe den Menschen so lieb gehabt / ich hätte wol das Hertz im Leibe mit jhm theilen wollen / vnnd er thut mir das zuwieder. So lang ich lebe / begereich keine Freundschafft mehr mit jhm zu halten. Wo bleibt da die Christliche Liebe / die der Sünde Menge zudecket / vnnd in die Erde verscharret? Es ist aber damit der Obrigkeit vnd Haußvättern jhr Recht nicht benommen / sie müssen straffen / darzu seynd sie gesetzet. Wie wolte sonsten dem bösen gewehret werden? Ja ein jeglicher / wann er den Nächsten sihet böses thun / mag er jhn brüderlich vermahnen vnd straffen; dann die Liebe wehret dem bösen / vnnd den Schaden deß Nächsten / wo sie kan vnd mag. Wo man nun Gewissens vnd Ampts halben nicht auffdecken vnd straffen muß / daß dem bösen gewehret werde; da behält die Liebe jhr Eigenschafft; die hasset nicht / lässet sich nicht verbittern / decket die Schande nicht auff / ist nicht rachgierig / vnd will gerne vergeben. Diese Eigenschafft erhebet die Liebe sehr hoch / dann wir müssen nicht em solches Christenthumb erdencken daß ohn Mangel ist. Wo Leuthe bey einander leben / da findet sich Sünde. Da thut einer nicht allzeit / was dem andern wolgefällt. Wann dann einer nichts ertragen wolte / der würde gar zu ein stoltzer Heyliger

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 794. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/814>, abgerufen am 21.11.2024.