Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

Bild:
<< vorherige Seite

Die fünffte Betrachtung.
hin hinunter gefahren in die unterste örter der
Erden/hat sich aufs aller tieffeste herunter gelassen
und erniedriget; So ist Er nun in die Höhe ge-
fahren/ über alle Himmel/ so hoch gesetzet/ daß
nichts höhers mag gemacht noch erdacht werden.
Sonsten beschreibet die Schrifft die Erhöhung
Christi mit solchen Worten: Er ist auff gefah-
ren gen Himmel/und hat sich gesetzet zur Rechten
der Mäjestät Gottes. Was ist Sitzen? Ge-
wißlich nicht/ sich nieder setzen/ und außruhen.
Bekant ist diese Art zu reden/ wenn man von
Regenten redet: Der Käyser sitzt zu Wien;
Der Pabst hat seinen Sitz zu Rom. Da weiß
man wohl/ das Sitzen so viel heist als herr-
schen und regieren. So hat nun Ehristus sich
auch gesetzet in seiner Rigierung. Wie weit aber
gehet dieselbe? so weit die Rechte Gottes sich
strecket. Wo kan nun eine grössere Gewalt oder
Herrschafft erdacht werden/ als erlanget hat un-
ser Bruder/ unser Fleisch und Blut/ der treue
Erlöser Jesus Christus?

2. Er hat das Gefängniß gefangen. Die
Feinde/die vorhin die armen Menschen gefan-
gen genommen/ hat Christus Jesus wiederum
gefangen. Das Gefängniß ist zerstöret. Die
Feinde seynd in der Gewalt Christi. Zum Co-
lossern am 2. v. 15. redet der Apostel also hievon:

Er

Die fünffte Betrachtung.
hin hinunter gefahren in die unterſte örter der
Erdẽ/hat ſich aufs aller tieffeſte herunter gelaſſen
und erniedriget; So iſt Er nun in die Höhe ge-
fahren/ über alle Himmel/ ſo hoch geſetzet/ daß
nichts höhers mag gemacht noch erdacht werden.
Sonſten beſchreibet die Schrifft die Erhöhung
Chriſti mit ſolchen Worten: Er iſt auff gefah-
ren gen Him̃el/und hat ſich geſetzet zur Rechten
der Mäjeſtät Gottes. Was iſt Sitzen? Ge-
wißlich nicht/ ſich nieder ſetzen/ und außruhen.
Bekant iſt dieſe Art zu reden/ wenn man von
Regenten redet: Der Käyſer ſitzt zu Wien;
Der Pabſt hat ſeinen Sitz zu Rom. Da weiß
man wohl/ das Sitzen ſo viel heiſt als herr-
ſchen und regieren. So hat nun Ehriſtus ſich
auch geſetzet in ſeiner Rigierung. Wie weit aber
gehet dieſelbe? ſo weit die Rechte Gottes ſich
ſtrecket. Wo kan nun eine gröſſere Gewalt oder
Herrſchafft erdacht werden/ als erlanget hat un-
ſer Bruder/ unſer Fleiſch und Blut/ der treue
Erlöſer Jeſus Chriſtus?

2. Er hat das Gefängniß gefangen. Die
Feinde/die vorhin die armen Menſchen gefan-
gen genommen/ hat Chriſtus Jeſus wiederum
gefangen. Das Gefängniß iſt zerſtöret. Die
Feinde ſeynd in der Gewalt Chriſti. Zum Co-
loſſern am 2. v. 15. redet der Apoſtel alſo hievon:

Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0370" n="347"/><fw place="top" type="header">Die fünffte Betrachtung.</fw><lb/>
hin hinunter gefahren in die unter&#x017F;te örter der<lb/>
Erd&#x1EBD;/hat &#x017F;ich aufs aller tieffe&#x017F;te herunter gela&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und erniedriget; So i&#x017F;t Er nun in die Höhe ge-<lb/>
fahren/ über alle Himmel/ &#x017F;o hoch ge&#x017F;etzet/ daß<lb/>
nichts höhers mag gemacht noch erdacht werden.<lb/>
Son&#x017F;ten be&#x017F;chreibet die Schrifft die Erhöhung<lb/>
Chri&#x017F;ti mit &#x017F;olchen Worten: Er i&#x017F;t auff gefah-<lb/>
ren gen Him&#x0303;el/und hat &#x017F;ich ge&#x017F;etzet zur Rechten<lb/>
der Mäje&#x017F;tät Gottes. Was i&#x017F;t Sitzen? Ge-<lb/>
wißlich nicht/ &#x017F;ich nieder &#x017F;etzen/ und außruhen.<lb/>
Bekant i&#x017F;t die&#x017F;e Art zu reden/ wenn man von<lb/>
Regenten redet: Der Käy&#x017F;er &#x017F;itzt zu Wien;<lb/>
Der Pab&#x017F;t hat &#x017F;einen Sitz zu Rom. Da weiß<lb/>
man wohl/ das Sitzen &#x017F;o viel hei&#x017F;t als herr-<lb/>
&#x017F;chen und regieren. So hat nun Ehri&#x017F;tus &#x017F;ich<lb/>
auch ge&#x017F;etzet in &#x017F;einer Rigierung. Wie weit aber<lb/>
gehet die&#x017F;elbe? &#x017F;o weit die Rechte Gottes &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;trecket. Wo kan nun eine grö&#x017F;&#x017F;ere Gewalt oder<lb/>
Herr&#x017F;chafft erdacht werden/ als erlanget hat un-<lb/>
&#x017F;er Bruder/ un&#x017F;er Flei&#x017F;ch und Blut/ der treue<lb/>
Erlö&#x017F;er Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus?</p><lb/>
          <p>2. <hi rendition="#fr">Er hat das Gefängniß gefangen.</hi> Die<lb/>
Feinde/die vorhin die armen Men&#x017F;chen gefan-<lb/>
gen genommen/ hat Chri&#x017F;tus Je&#x017F;us wiederum<lb/>
gefangen. Das Gefängniß i&#x017F;t zer&#x017F;töret. Die<lb/>
Feinde &#x017F;eynd in der Gewalt Chri&#x017F;ti. Zum Co-<lb/>
lo&#x017F;&#x017F;ern am 2. v. 15. redet der Apo&#x017F;tel al&#x017F;o hievon:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Er</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0370] Die fünffte Betrachtung. hin hinunter gefahren in die unterſte örter der Erdẽ/hat ſich aufs aller tieffeſte herunter gelaſſen und erniedriget; So iſt Er nun in die Höhe ge- fahren/ über alle Himmel/ ſo hoch geſetzet/ daß nichts höhers mag gemacht noch erdacht werden. Sonſten beſchreibet die Schrifft die Erhöhung Chriſti mit ſolchen Worten: Er iſt auff gefah- ren gen Him̃el/und hat ſich geſetzet zur Rechten der Mäjeſtät Gottes. Was iſt Sitzen? Ge- wißlich nicht/ ſich nieder ſetzen/ und außruhen. Bekant iſt dieſe Art zu reden/ wenn man von Regenten redet: Der Käyſer ſitzt zu Wien; Der Pabſt hat ſeinen Sitz zu Rom. Da weiß man wohl/ das Sitzen ſo viel heiſt als herr- ſchen und regieren. So hat nun Ehriſtus ſich auch geſetzet in ſeiner Rigierung. Wie weit aber gehet dieſelbe? ſo weit die Rechte Gottes ſich ſtrecket. Wo kan nun eine gröſſere Gewalt oder Herrſchafft erdacht werden/ als erlanget hat un- ſer Bruder/ unſer Fleiſch und Blut/ der treue Erlöſer Jeſus Chriſtus? 2. Er hat das Gefängniß gefangen. Die Feinde/die vorhin die armen Menſchen gefan- gen genommen/ hat Chriſtus Jeſus wiederum gefangen. Das Gefängniß iſt zerſtöret. Die Feinde ſeynd in der Gewalt Chriſti. Zum Co- loſſern am 2. v. 15. redet der Apoſtel alſo hievon: Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/370
Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/370>, abgerufen am 22.11.2024.