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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die erste Betrachtung.
Warheit/ daß du deine Seele mit Gottes Ver-
heissungen auffrichtest und tröstet. Denn darinn
wird Gottes Warheit gepreiset/ wenn ich in der
grösten Trübsal/ wenn alle Hülff verlohren/
mich an Gottes Zusag halte/ und gläube daß
GOtt dieselbe einmahl gewißlich erfüllen wer-
de/ Syrach spricht c. 11. v. 27: Wenn dirs wol
gehet/ so gedenck/ daß dirs wieder übel ge-
hen kan/ und wenn dirs übel gehet/ so gedenc-
ke/ daß dirs wieder wohl gehen kan.
Woher
aber bin ichs gewiß/ daß es zu letzt mir muß wohl
gehen? Der Grund meiner Hoffnung ist Got-
tes Warheit.

Ein lebendiges Muster der gläubigen See-
len/ wie sie sich in der Nacht der Trübsal geber-
de/ nehmet auß dem 77. Ps. v. 3. & seqq. allda
hören wir solche Klag und Trost-Rede: In
der Zeit meiner Noth suche ich den HErrn/
meine Hand ist deß Nachts außgereckt/ und
lässet nicht ab: Denn meine Seele wil sich
nicht trösten lassen. Wenn ich betrübt bin/
so dencke ich an GOtt/ wenn mein Hertz in
ängsten ist/ so rede ich/ Sela. Meine Augen
hältest du/ daß sie wachen/ ich bin so ohn-
mächtig/ daß ich nicht reden kan. Ich denc-
ke der alten Zeit/ der vorigen Jahre. Ich
dencke deß Nachts an mein Seytenspiel/ und

rede

Die erſte Betrachtung.
Warheit/ daß du deine Seele mit Gottes Ver-
heiſſungen auffrichteſt und tröſtet. Denn darinn
wird Gottes Warheit gepreiſet/ wenn ich in der
gröſten Trübſal/ wenn alle Hülff verlohren/
mich an Gottes Zuſag halte/ und gläube daß
GOtt dieſelbe einmahl gewißlich erfüllen wer-
de/ Syrach ſpricht c. 11. v. 27: Wenn dirs wol
gehet/ ſo gedenck/ daß dirs wieder übel ge-
hen kan/ und weñ dirs übel gehet/ ſo gedenc-
ke/ daß dirs wieder wohl gehen kan.
Woher
aber bin ichs gewiß/ daß es zu letzt mir muß wohl
gehen? Der Grund meiner Hoffnung iſt Got-
tes Warheit.

Ein lebendiges Muſter der gläubigen See-
len/ wie ſie ſich in der Nacht der Trübſal geber-
de/ nehmet auß dem 77. Pſ. v. 3. & ſeqq. allda
hören wir ſolche Klag und Troſt-Rede: In
der Zeit meiner Noth ſuche ich den HErrn/
meine Hand iſt deß Nachts außgereckt/ und
läſſet nicht ab: Denn meine Seele wil ſich
nicht tröſten laſſen. Wenn ich betrübt bin/
ſo dencke ich an GOtt/ wenn mein Hertz in
ängſten iſt/ ſo rede ich/ Sela. Meine Augen
hälteſt du/ daß ſie wachen/ ich bin ſo ohn-
mächtig/ daß ich nicht reden kan. Ich denc-
ke der alten Zeit/ der vorigen Jahre. Ich
dencke deß Nachts an mein Seytenſpiel/ und

rede
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[507/0530] Die erſte Betrachtung. Warheit/ daß du deine Seele mit Gottes Ver- heiſſungen auffrichteſt und tröſtet. Denn darinn wird Gottes Warheit gepreiſet/ wenn ich in der gröſten Trübſal/ wenn alle Hülff verlohren/ mich an Gottes Zuſag halte/ und gläube daß GOtt dieſelbe einmahl gewißlich erfüllen wer- de/ Syrach ſpricht c. 11. v. 27: Wenn dirs wol gehet/ ſo gedenck/ daß dirs wieder übel ge- hen kan/ und weñ dirs übel gehet/ ſo gedenc- ke/ daß dirs wieder wohl gehen kan. Woher aber bin ichs gewiß/ daß es zu letzt mir muß wohl gehen? Der Grund meiner Hoffnung iſt Got- tes Warheit. Ein lebendiges Muſter der gläubigen See- len/ wie ſie ſich in der Nacht der Trübſal geber- de/ nehmet auß dem 77. Pſ. v. 3. & ſeqq. allda hören wir ſolche Klag und Troſt-Rede: In der Zeit meiner Noth ſuche ich den HErrn/ meine Hand iſt deß Nachts außgereckt/ und läſſet nicht ab: Denn meine Seele wil ſich nicht tröſten laſſen. Wenn ich betrübt bin/ ſo dencke ich an GOtt/ wenn mein Hertz in ängſten iſt/ ſo rede ich/ Sela. Meine Augen hälteſt du/ daß ſie wachen/ ich bin ſo ohn- mächtig/ daß ich nicht reden kan. Ich denc- ke der alten Zeit/ der vorigen Jahre. Ich dencke deß Nachts an mein Seytenſpiel/ und rede

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/530>, abgerufen am 22.11.2024.