Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

anwenden soll? Gewiß! Gott würde durch ein blindes
Vertrauen auf seine Vorsehung, wenig geehrt werden.
So groß man sich auch damit macht, wenn man spricht.
Ich lasse Gott wallten, er mag es machen wie er will!
so ist dieses, wenn man nicht auch das Seinige dabey
thut, allezeit entweder ein Beweiß einer grosen Träg-
heit, oder eines unverzeihlichen Unverstands, und durch
beydes wird Gott nicht geehret.

Man braucht wenig Erkentniß von der natürli-
chen und christlichen Moral zu haben, um zu wissen;
daß die Erhaltung unsers und der unserigen Leben, so
wie die Erhaltung unserer Güter, eine der ersten
Pflichten ist, die wir uns selbst schuldig sind. Ja wir
müssen diese Pflicht sogar Gott, den Unserigen und
dem Staat leisten. Da nun der Blitz uns das Leben
und unsere Güter rauben kan; da uns Gott die Er-
kenntniß gegeben hat, diese Gefahr von uns abzuwen-
den; so sind wir verbunden dieselben anzuwenden.
Wer es unterläßt der kan ohnmöglich sich selbst wahr-
haftig lieben, oder er muß sehr sorgenloß -- Vieleiche
sogar tollkühn seyn, oder er muß in der Sonder-
barkeit, oder hartnäckigen Widersprechen sein Ver-
gnügen finden.

Dritter Beweiß. Ehe noch die Wetterableiter
erfunden wurden, hat es viele Gebäude gegeben wel-
che natürliche Wetterableiter waren. Man findet
ja genug Gebäude, deren Hohlkehlen, oder
Ecken des Dachs, mit Blech beschlagen sind; die
ferner küpferne Dachrinnen haben; von denen dann,
in einer kupfernen weiten Röhre, das Wasser gar biß
auf den Erdboden geleitet wird. Haben solche Gebäude

noch
H 4

anwenden ſoll? Gewiß! Gott wuͤrde durch ein blindes
Vertrauen auf ſeine Vorſehung, wenig geehrt werden.
So groß man ſich auch damit macht, wenn man ſpricht.
Ich laſſe Gott wallten, er mag es machen wie er will!
ſo iſt dieſes, wenn man nicht auch das Seinige dabey
thut, allezeit entweder ein Beweiß einer groſen Traͤg-
heit, oder eines unverzeihlichen Unverſtands, und durch
beydes wird Gott nicht geehret.

Man braucht wenig Erkentniß von der natuͤrli-
chen und chriſtlichen Moral zu haben, um zu wiſſen;
daß die Erhaltung unſers und der unſerigen Leben, ſo
wie die Erhaltung unſerer Guͤter, eine der erſten
Pflichten iſt, die wir uns ſelbſt ſchuldig ſind. Ja wir
muͤſſen dieſe Pflicht ſogar Gott, den Unſerigen und
dem Staat leiſten. Da nun der Blitz uns das Leben
und unſere Guͤter rauben kan; da uns Gott die Er-
kenntniß gegeben hat, dieſe Gefahr von uns abzuwen-
den; ſo ſind wir verbunden dieſelben anzuwenden.
Wer es unterlaͤßt der kan ohnmoͤglich ſich ſelbſt wahr-
haftig lieben, oder er muß ſehr ſorgenloß — Vieleiche
ſogar tollkuͤhn ſeyn, oder er muß in der Sonder-
barkeit, oder hartnaͤckigen Widerſprechen ſein Ver-
gnuͤgen finden.

Dritter Beweiß. Ehe noch die Wetterableiter
erfunden wurden, hat es viele Gebaͤude gegeben wel-
che natuͤrliche Wetterableiter waren. Man findet
ja genug Gebaͤude, deren Hohlkehlen, oder
Ecken des Dachs, mit Blech beſchlagen ſind; die
ferner kuͤpferne Dachrinnen haben; von denen dann,
in einer kupfernen weiten Roͤhre, das Waſſer gar biß
auf den Erdboden geleitet wird. Haben ſolche Gebaͤude

noch
H 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="119"/>
anwenden &#x017F;oll? Gewiß! Gott wu&#x0364;rde durch ein blindes<lb/>
Vertrauen auf &#x017F;eine Vor&#x017F;ehung, wenig geehrt werden.<lb/>
So groß man &#x017F;ich auch damit macht, wenn man &#x017F;pricht.<lb/>
Ich la&#x017F;&#x017F;e Gott wallten, er mag es machen wie er will!<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es, wenn man nicht auch das Seinige dabey<lb/>
thut, allezeit entweder ein Beweiß einer gro&#x017F;en Tra&#x0364;g-<lb/>
heit, oder eines unverzeihlichen Unver&#x017F;tands, und durch<lb/>
beydes wird Gott nicht geehret.</p><lb/>
          <p>Man braucht wenig Erkentniß von der natu&#x0364;rli-<lb/>
chen und chri&#x017F;tlichen Moral zu haben, um zu wi&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
daß die Erhaltung un&#x017F;ers und der un&#x017F;erigen Leben, &#x017F;o<lb/>
wie die Erhaltung un&#x017F;erer Gu&#x0364;ter, eine der er&#x017F;ten<lb/>
Pflichten i&#x017F;t, die wir uns &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chuldig &#x017F;ind. Ja wir<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e Pflicht &#x017F;ogar Gott, den Un&#x017F;erigen und<lb/>
dem Staat lei&#x017F;ten. Da nun der Blitz uns das Leben<lb/>
und un&#x017F;ere Gu&#x0364;ter rauben kan; da uns Gott die Er-<lb/>
kenntniß gegeben hat, die&#x017F;e Gefahr von uns abzuwen-<lb/>
den; &#x017F;o &#x017F;ind wir verbunden die&#x017F;elben anzuwenden.<lb/>
Wer es unterla&#x0364;ßt der kan ohnmo&#x0364;glich &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wahr-<lb/>
haftig lieben, oder er muß &#x017F;ehr &#x017F;orgenloß &#x2014; Vieleiche<lb/>
&#x017F;ogar tollku&#x0364;hn &#x017F;eyn, oder er muß in der Sonder-<lb/>
barkeit, oder hartna&#x0364;ckigen Wider&#x017F;prechen &#x017F;ein Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen finden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Dritter Beweiß.</hi> Ehe noch die Wetterableiter<lb/>
erfunden wurden, hat es viele Geba&#x0364;ude gegeben wel-<lb/>
che natu&#x0364;rliche Wetterableiter waren. Man findet<lb/>
ja genug Geba&#x0364;ude, deren Hohlkehlen, oder<lb/>
Ecken des Dachs, mit Blech be&#x017F;chlagen &#x017F;ind; die<lb/>
ferner ku&#x0364;pferne Dachrinnen haben; von denen dann,<lb/>
in einer kupfernen weiten Ro&#x0364;hre, das Wa&#x017F;&#x017F;er gar biß<lb/>
auf den Erdboden geleitet wird. Haben &#x017F;olche Geba&#x0364;ude<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 4</fw><fw place="bottom" type="catch">noch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0135] anwenden ſoll? Gewiß! Gott wuͤrde durch ein blindes Vertrauen auf ſeine Vorſehung, wenig geehrt werden. So groß man ſich auch damit macht, wenn man ſpricht. Ich laſſe Gott wallten, er mag es machen wie er will! ſo iſt dieſes, wenn man nicht auch das Seinige dabey thut, allezeit entweder ein Beweiß einer groſen Traͤg- heit, oder eines unverzeihlichen Unverſtands, und durch beydes wird Gott nicht geehret. Man braucht wenig Erkentniß von der natuͤrli- chen und chriſtlichen Moral zu haben, um zu wiſſen; daß die Erhaltung unſers und der unſerigen Leben, ſo wie die Erhaltung unſerer Guͤter, eine der erſten Pflichten iſt, die wir uns ſelbſt ſchuldig ſind. Ja wir muͤſſen dieſe Pflicht ſogar Gott, den Unſerigen und dem Staat leiſten. Da nun der Blitz uns das Leben und unſere Guͤter rauben kan; da uns Gott die Er- kenntniß gegeben hat, dieſe Gefahr von uns abzuwen- den; ſo ſind wir verbunden dieſelben anzuwenden. Wer es unterlaͤßt der kan ohnmoͤglich ſich ſelbſt wahr- haftig lieben, oder er muß ſehr ſorgenloß — Vieleiche ſogar tollkuͤhn ſeyn, oder er muß in der Sonder- barkeit, oder hartnaͤckigen Widerſprechen ſein Ver- gnuͤgen finden. Dritter Beweiß. Ehe noch die Wetterableiter erfunden wurden, hat es viele Gebaͤude gegeben wel- che natuͤrliche Wetterableiter waren. Man findet ja genug Gebaͤude, deren Hohlkehlen, oder Ecken des Dachs, mit Blech beſchlagen ſind; die ferner kuͤpferne Dachrinnen haben; von denen dann, in einer kupfernen weiten Roͤhre, das Waſſer gar biß auf den Erdboden geleitet wird. Haben ſolche Gebaͤude noch H 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/135
Zitationshilfe: Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/135>, abgerufen am 21.11.2024.