Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.Erstes Kapitel. Entwickelung der Principien der Statik. Er leitet aus diesen Voraussetzungen den Satz ab: "Commensurable Grössen sind im Gleichgewicht, Es scheint, als ob an diesen Voraussetzungen nicht Wir denken uns eine Stange, von deren Gewicht wir [Abbildung]
Fig. 2. könnte meinen, dies sei (nach dem sogenannten Satzedes zureichenden Grundes), abgesehen von aller Erfah- rung selbstverständlich, es sei bei der Symmetrie der ganzen Vorrichtung kein Grund, warum die Drehung eher in dem einen, als in dem andern Sinne eintreten sollte. Man vergisst aber hierbei, dass in der Voraussetzung schon eine Menge negativer und positiver Erfahrungen liegen, die negativen z. B., dass ungleiche Farben der Hebel- arme, die Stellung des Beschauers, ein Vorgang in der Nachbarschaft u. s. w., keinen Einfluss haben, die posi- tiven hingegen (wie in Voraussetzung 2 sich zeigt), dass nicht nur die Gewichte, sondern auch die Entfernungen vom Stützpunkte für die Gleichgewichtsstörung maassgebend sind, dass sie bewegungsbestimmende Umstände sind. Mit Hülfe dieser Erfahrungen sieht man allerdings ein, dass die Ruhe (keine Bewegung) die einzige durch die be- wegungsbestimmenden Umstände eindeutig bestimmte Bewegung ist.1 Nun können wir aber unsere Kenntniss der maass- 1 Würde man z. B. annehmen, dass das Gewicht rechter
Hand sinkt, so würde die Gegendrehung in gleicher Weise bestimmt, wenn der einflusslose Beschauer sich auf die ent- gegengesetzte Seite stellt. Erstes Kapitel. Entwickelung der Principien der Statik. Er leitet aus diesen Voraussetzungen den Satz ab: „Commensurable Grössen sind im Gleichgewicht, Es scheint, als ob an diesen Voraussetzungen nicht Wir denken uns eine Stange, von deren Gewicht wir [Abbildung]
Fig. 2. könnte meinen, dies sei (nach dem sogenannten Satzedes zureichenden Grundes), abgesehen von aller Erfah- rung selbstverständlich, es sei bei der Symmetrie der ganzen Vorrichtung kein Grund, warum die Drehung eher in dem einen, als in dem andern Sinne eintreten sollte. Man vergisst aber hierbei, dass in der Voraussetzung schon eine Menge negativer und positiver Erfahrungen liegen, die negativen z. B., dass ungleiche Farben der Hebel- arme, die Stellung des Beschauers, ein Vorgang in der Nachbarschaft u. s. w., keinen Einfluss haben, die posi- tiven hingegen (wie in Voraussetzung 2 sich zeigt), dass nicht nur die Gewichte, sondern auch die Entfernungen vom Stützpunkte für die Gleichgewichtsstörung maassgebend sind, dass sie bewegungsbestimmende Umstände sind. Mit Hülfe dieser Erfahrungen sieht man allerdings ein, dass die Ruhe (keine Bewegung) die einzige durch die be- wegungsbestimmenden Umstände eindeutig bestimmte Bewegung ist.1 Nun können wir aber unsere Kenntniss der maass- 1 Würde man z. B. annehmen, dass das Gewicht rechter
Hand sinkt, so würde die Gegendrehung in gleicher Weise bestimmt, wenn der einflusslose Beschauer sich auf die ent- gegengesetzte Seite stellt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0021" n="9"/> <fw place="top" type="header">Erstes Kapitel. Entwickelung der Principien der Statik.</fw><lb/> <p>Er leitet aus diesen Voraussetzungen den Satz ab:</p><lb/> <p>„Commensurable Grössen sind im Gleichgewicht,<lb/> wenn sie ihrer Entfernung (vom Unterstützungspunkte)<lb/> umgekehrt proportionirt sind.‟</p><lb/> <p>Es scheint, als ob an diesen Voraussetzungen nicht<lb/> mehr viel zu analysiren wäre; dem ist aber, wenn man<lb/> genau zusieht, nicht so.</p><lb/> <p>Wir denken uns eine Stange, von deren Gewicht wir<lb/> absehen; dieselbe hat einen Unterstützungspunkt. (Fig. 2.)<lb/> Wir hängen in gleicher Distanz<lb/> von diesem zwei gleiche Gewichte<lb/> an. Dass diese jetzt im Gleichge-<lb/> wicht sind, ist eine Voraussetzung,<lb/> von der Archimedes ausgeht. Man<lb/><figure><head><hi rendition="#i">Fig. 2.</hi></head></figure><lb/> könnte meinen, dies sei (nach dem sogenannten Satze<lb/> des zureichenden Grundes), abgesehen von aller Erfah-<lb/> rung selbstverständlich, es sei bei der Symmetrie der<lb/> ganzen Vorrichtung kein Grund, warum die Drehung eher<lb/> in dem einen, als in dem andern Sinne eintreten sollte.<lb/> Man vergisst aber hierbei, dass in der Voraussetzung schon<lb/> eine Menge negativer und positiver Erfahrungen liegen,<lb/> die negativen z. B., dass ungleiche Farben der Hebel-<lb/> arme, die Stellung des Beschauers, ein Vorgang in der<lb/> Nachbarschaft u. s. w., keinen Einfluss haben, die posi-<lb/> tiven hingegen (wie in Voraussetzung 2 sich zeigt), dass<lb/> nicht nur die Gewichte, sondern auch die Entfernungen vom<lb/> Stützpunkte für die Gleichgewichtsstörung maassgebend<lb/> sind, dass sie bewegungsbestimmende Umstände sind.<lb/> Mit Hülfe dieser Erfahrungen sieht man allerdings ein,<lb/> dass die Ruhe (keine Bewegung) die einzige durch die be-<lb/> wegungsbestimmenden Umstände <hi rendition="#g">eindeutig</hi> bestimmte<lb/> Bewegung ist.<note place="foot" n="1">Würde man z. B. annehmen, dass das Gewicht rechter<lb/> Hand sinkt, so würde die Gegendrehung in gleicher Weise<lb/> bestimmt, wenn der einflusslose Beschauer sich auf die ent-<lb/> gegengesetzte Seite stellt.</note></p><lb/> <p>Nun können wir aber unsere Kenntniss der <hi rendition="#g">maass-</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0021]
Erstes Kapitel. Entwickelung der Principien der Statik.
Er leitet aus diesen Voraussetzungen den Satz ab:
„Commensurable Grössen sind im Gleichgewicht,
wenn sie ihrer Entfernung (vom Unterstützungspunkte)
umgekehrt proportionirt sind.‟
Es scheint, als ob an diesen Voraussetzungen nicht
mehr viel zu analysiren wäre; dem ist aber, wenn man
genau zusieht, nicht so.
Wir denken uns eine Stange, von deren Gewicht wir
absehen; dieselbe hat einen Unterstützungspunkt. (Fig. 2.)
Wir hängen in gleicher Distanz
von diesem zwei gleiche Gewichte
an. Dass diese jetzt im Gleichge-
wicht sind, ist eine Voraussetzung,
von der Archimedes ausgeht. Man
[Abbildung Fig. 2.]
könnte meinen, dies sei (nach dem sogenannten Satze
des zureichenden Grundes), abgesehen von aller Erfah-
rung selbstverständlich, es sei bei der Symmetrie der
ganzen Vorrichtung kein Grund, warum die Drehung eher
in dem einen, als in dem andern Sinne eintreten sollte.
Man vergisst aber hierbei, dass in der Voraussetzung schon
eine Menge negativer und positiver Erfahrungen liegen,
die negativen z. B., dass ungleiche Farben der Hebel-
arme, die Stellung des Beschauers, ein Vorgang in der
Nachbarschaft u. s. w., keinen Einfluss haben, die posi-
tiven hingegen (wie in Voraussetzung 2 sich zeigt), dass
nicht nur die Gewichte, sondern auch die Entfernungen vom
Stützpunkte für die Gleichgewichtsstörung maassgebend
sind, dass sie bewegungsbestimmende Umstände sind.
Mit Hülfe dieser Erfahrungen sieht man allerdings ein,
dass die Ruhe (keine Bewegung) die einzige durch die be-
wegungsbestimmenden Umstände eindeutig bestimmte
Bewegung ist. 1
Nun können wir aber unsere Kenntniss der maass-
1 Würde man z. B. annehmen, dass das Gewicht rechter
Hand sinkt, so würde die Gegendrehung in gleicher Weise
bestimmt, wenn der einflusslose Beschauer sich auf die ent-
gegengesetzte Seite stellt.
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