Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Kapitel.
andern Masse zutrifft. Dann ist aber die relative Ent-
fernungsgeschwindigkeit nach dem Stosse gleich der An-
näherungsgeschwindigkeit vor dem Stosse. Jeder be-
liebige Fall kann auf diesen zurückgeführt werden. Es
seien c und c' die der Grösse und dem Zeichen nach
beliebigen Geschwindigkeiten der Masse m vor und
nach dem Stosse. Wir nehmen an, das ganze System
erhalte eine Geschwindigkeit u von der Grösse, dass
u+c=--(u+c') oder [Formel 1] . Man kann also
eine solche Transportgeschwindigkeit des Systems immer
finden, durch welche die Geschwindigkeit der einen Masse
nur ihr Zeichen wechselt, und somit gilt der Satz be-
züglich der Annäherungs- und Entfernungsgeschwindig-
keiten allgemein.

Da Huyghens' eigenthümlicher Gedankenkreis nicht
ganz abgeschlossen ist, so wird er dazu gedrängt, wo die
Geschwindigkeitsverhältnisse der stossenden Massen
nicht von vornherein bekannt sind, gewisse Anschauun-
gen dem Galilei-Newton'schen Gedankenkreise zu ent-
lehnen, wie dies schon früher angedeutet wurde. Eine
solche Entlehnung der Begriffe Masse und Bewegungs-
quantität liegt, wenn auch nicht offen ausgesprochen, in
dem Satze, nach welchem die Geschwindigkeit jeder
stossenden Masse nur das Zeichen wechselt, wenn vor
dem Stosse [Formel 2] . Sich auf seinen eigenthüm-
lichen Standpunkt beschränkend, würde Huyghens kaum
den einfachen Satz gefunden haben, wenngleich er den
gefundenen in seiner Weise abzuleiten vermochte. In
diesem Fall ist zunächst, wegen der gleichen und ent-
gegengesetzten Bewegungsquantitäten, die Ausgleichs-
geschwindigkeit nach vollendeter Formänderung u=o.
Wird die Formänderung rückgängig, und dieselbe Ar-
beit geleistet, welche das System zuvor erlitten hat, so
werden dieselben Geschwindigkeiten mit verkehrtem
Zeichen wiederhergestellt.

Drittes Kapitel.
andern Masse zutrifft. Dann ist aber die relative Ent-
fernungsgeschwindigkeit nach dem Stosse gleich der An-
näherungsgeschwindigkeit vor dem Stosse. Jeder be-
liebige Fall kann auf diesen zurückgeführt werden. Es
seien c und c′ die der Grösse und dem Zeichen nach
beliebigen Geschwindigkeiten der Masse m vor und
nach dem Stosse. Wir nehmen an, das ganze System
erhalte eine Geschwindigkeit u von der Grösse, dass
u+c=—(u+c′) oder [Formel 1] . Man kann also
eine solche Transportgeschwindigkeit des Systems immer
finden, durch welche die Geschwindigkeit der einen Masse
nur ihr Zeichen wechselt, und somit gilt der Satz be-
züglich der Annäherungs- und Entfernungsgeschwindig-
keiten allgemein.

Da Huyghens’ eigenthümlicher Gedankenkreis nicht
ganz abgeschlossen ist, so wird er dazu gedrängt, wo die
Geschwindigkeitsverhältnisse der stossenden Massen
nicht von vornherein bekannt sind, gewisse Anschauun-
gen dem Galilei-Newton’schen Gedankenkreise zu ent-
lehnen, wie dies schon früher angedeutet wurde. Eine
solche Entlehnung der Begriffe Masse und Bewegungs-
quantität liegt, wenn auch nicht offen ausgesprochen, in
dem Satze, nach welchem die Geschwindigkeit jeder
stossenden Masse nur das Zeichen wechselt, wenn vor
dem Stosse [Formel 2] . Sich auf seinen eigenthüm-
lichen Standpunkt beschränkend, würde Huyghens kaum
den einfachen Satz gefunden haben, wenngleich er den
gefundenen in seiner Weise abzuleiten vermochte. In
diesem Fall ist zunächst, wegen der gleichen und ent-
gegengesetzten Bewegungsquantitäten, die Ausgleichs-
geschwindigkeit nach vollendeter Formänderung u=o.
Wird die Formänderung rückgängig, und dieselbe Ar-
beit geleistet, welche das System zuvor erlitten hat, so
werden dieselben Geschwindigkeiten mit verkehrtem
Zeichen wiederhergestellt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0312" n="300"/><fw place="top" type="header">Drittes Kapitel.</fw><lb/>
andern Masse zutrifft. Dann ist aber die relative Ent-<lb/>
fernungsgeschwindigkeit nach dem Stosse gleich der An-<lb/>
näherungsgeschwindigkeit vor dem Stosse. Jeder be-<lb/>
liebige Fall kann auf diesen zurückgeführt werden. Es<lb/>
seien <hi rendition="#i">c</hi> und <hi rendition="#i">c&#x2032;</hi> die der Grösse und dem Zeichen nach<lb/>
beliebigen Geschwindigkeiten der Masse <hi rendition="#i">m</hi> vor und<lb/>
nach dem Stosse. Wir nehmen an, das <hi rendition="#g">ganze</hi> System<lb/>
erhalte eine Geschwindigkeit <hi rendition="#i">u</hi> von der Grösse, dass<lb/><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">u+c</hi>=&#x2014;(<hi rendition="#i">u+c&#x2032;</hi>)</hi> oder <formula/>. Man kann also<lb/>
eine solche Transportgeschwindigkeit des Systems immer<lb/>
finden, durch welche die Geschwindigkeit der <hi rendition="#g">einen</hi> Masse<lb/><hi rendition="#g">nur</hi> ihr Zeichen wechselt, und somit gilt der Satz be-<lb/>
züglich der Annäherungs- und Entfernungsgeschwindig-<lb/>
keiten allgemein.</p><lb/>
          <p>Da Huyghens&#x2019; eigenthümlicher Gedankenkreis nicht<lb/>
ganz abgeschlossen ist, so wird er dazu gedrängt, wo die<lb/>
Geschwindigkeits<hi rendition="#g">verhältnisse</hi> der stossenden Massen<lb/>
nicht von vornherein bekannt sind, gewisse Anschauun-<lb/>
gen dem Galilei-Newton&#x2019;schen Gedankenkreise zu ent-<lb/>
lehnen, wie dies schon früher angedeutet wurde. Eine<lb/>
solche Entlehnung der Begriffe Masse und Bewegungs-<lb/>
quantität liegt, wenn auch nicht offen ausgesprochen, in<lb/>
dem Satze, nach welchem die Geschwindigkeit jeder<lb/>
stossenden Masse nur das Zeichen wechselt, wenn vor<lb/>
dem Stosse <formula/>. Sich auf seinen eigenthüm-<lb/>
lichen Standpunkt beschränkend, würde Huyghens kaum<lb/>
den einfachen Satz <hi rendition="#g">gefunden</hi> haben, wenngleich er den<lb/>
gefundenen in seiner Weise <hi rendition="#g">abzuleiten</hi> vermochte. In<lb/>
diesem Fall ist zunächst, wegen der gleichen und ent-<lb/>
gegengesetzten Bewegungsquantitäten, die Ausgleichs-<lb/>
geschwindigkeit nach vollendeter Formänderung <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">u=o</hi></hi>.<lb/>
Wird die Formänderung rückgängig, und dieselbe Ar-<lb/>
beit geleistet, welche das System zuvor erlitten hat, so<lb/>
werden <hi rendition="#g">dieselben</hi> Geschwindigkeiten mit <hi rendition="#g">verkehrtem</hi><lb/>
Zeichen <hi rendition="#g">wiederhergestellt</hi>.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0312] Drittes Kapitel. andern Masse zutrifft. Dann ist aber die relative Ent- fernungsgeschwindigkeit nach dem Stosse gleich der An- näherungsgeschwindigkeit vor dem Stosse. Jeder be- liebige Fall kann auf diesen zurückgeführt werden. Es seien c und c′ die der Grösse und dem Zeichen nach beliebigen Geschwindigkeiten der Masse m vor und nach dem Stosse. Wir nehmen an, das ganze System erhalte eine Geschwindigkeit u von der Grösse, dass u+c=—(u+c′) oder [FORMEL]. Man kann also eine solche Transportgeschwindigkeit des Systems immer finden, durch welche die Geschwindigkeit der einen Masse nur ihr Zeichen wechselt, und somit gilt der Satz be- züglich der Annäherungs- und Entfernungsgeschwindig- keiten allgemein. Da Huyghens’ eigenthümlicher Gedankenkreis nicht ganz abgeschlossen ist, so wird er dazu gedrängt, wo die Geschwindigkeitsverhältnisse der stossenden Massen nicht von vornherein bekannt sind, gewisse Anschauun- gen dem Galilei-Newton’schen Gedankenkreise zu ent- lehnen, wie dies schon früher angedeutet wurde. Eine solche Entlehnung der Begriffe Masse und Bewegungs- quantität liegt, wenn auch nicht offen ausgesprochen, in dem Satze, nach welchem die Geschwindigkeit jeder stossenden Masse nur das Zeichen wechselt, wenn vor dem Stosse [FORMEL]. Sich auf seinen eigenthüm- lichen Standpunkt beschränkend, würde Huyghens kaum den einfachen Satz gefunden haben, wenngleich er den gefundenen in seiner Weise abzuleiten vermochte. In diesem Fall ist zunächst, wegen der gleichen und ent- gegengesetzten Bewegungsquantitäten, die Ausgleichs- geschwindigkeit nach vollendeter Formänderung u=o. Wird die Formänderung rückgängig, und dieselbe Ar- beit geleistet, welche das System zuvor erlitten hat, so werden dieselben Geschwindigkeiten mit verkehrtem Zeichen wiederhergestellt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/312
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/312>, abgerufen am 27.11.2024.