Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
einem ganz andern Sinn. Für die Brechung soll der
Ausdruck m·AR+n·RB ein Minimum sein, wobei
AR und RB die Lichtwege im ersten und zweiten
Medium, m und n die zugehörigen Geschwindigkeiten be-
deuten. Allerdings erhält man, wenn R der Minimumbe-
dingung entsprechend bestimmt wird, [Formel 1] .
Allein vorher bestand die "Wirkung" in der Aenderung
der Ausdrücke Masse x Geschwindigkeit x Weg, hier
besteht sie in der Summe derselben. Vorher kamen
die in der Zeiteinheit zurückgelegten Wege, jetzt
kommen die überhaupt durchlaufenen Wege in Be-
tracht. Haben wir nicht mAR--nRB oder (m--n).
(AR--RB) als ein Minimum
zu betrachten, und warum nicht?
Nimmt man aber auch die Mau-
pertuis'sche Auffassung an, so
kommen doch die reciproken
Werthe der Lichtgeschwindig-
keiten statt der wirklichen zum
Vorschein.

Wie man sieht, kann von
einem Maupertuis'schen Prin-

[Abbildung] Fig. 188.
cip eigentlich nicht die Rede sein, sondern nur von einer
verschwommenen symbolischen Formel, welche mit
Hülfe grosser Ungenauigkeit und einiger Gewalt verschie-
dene bekannte Fälle unter einen Hut bringt. Es war noth-
wendig hierauf einzugehen, weil Maupertuis' Leistung
noch immer mit einem gewissen historischen Nimbus
umgeben ist. Fast scheint es, als ob etwas von dem
frommen Glauben der Kirche in die Mechanik über-
gegangen wäre. Doch ist Maupertuis' Streben, einen
weitern Blick zu thun, wenn auch seine Kräfte nicht
zureichten, nicht ganz erfolglos gewesen. Euler, viel-
leicht auch Gauss, ist durch diese Versuche angeregt
worden
.

5. Euler meint, man könne die Naturerscheinungen
sowol aus den wirkenden Ursachen wie aus dem End-

Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
einem ganz andern Sinn. Für die Brechung soll der
Ausdruck m·AR+n·RB ein Minimum sein, wobei
AR und RB die Lichtwege im ersten und zweiten
Medium, m und n die zugehörigen Geschwindigkeiten be-
deuten. Allerdings erhält man, wenn R der Minimumbe-
dingung entsprechend bestimmt wird, [Formel 1] .
Allein vorher bestand die „Wirkung‟ in der Aenderung
der Ausdrücke Masse × Geschwindigkeit × Weg, hier
besteht sie in der Summe derselben. Vorher kamen
die in der Zeiteinheit zurückgelegten Wege, jetzt
kommen die überhaupt durchlaufenen Wege in Be-
tracht. Haben wir nicht mAR—nRB oder (m—n).
(AR—RB) als ein Minimum
zu betrachten, und warum nicht?
Nimmt man aber auch die Mau-
pertuis’sche Auffassung an, so
kommen doch die reciproken
Werthe der Lichtgeschwindig-
keiten statt der wirklichen zum
Vorschein.

Wie man sieht, kann von
einem Maupertuis’schen Prin-

[Abbildung] Fig. 188.
cip eigentlich nicht die Rede sein, sondern nur von einer
verschwommenen symbolischen Formel, welche mit
Hülfe grosser Ungenauigkeit und einiger Gewalt verschie-
dene bekannte Fälle unter einen Hut bringt. Es war noth-
wendig hierauf einzugehen, weil Maupertuis’ Leistung
noch immer mit einem gewissen historischen Nimbus
umgeben ist. Fast scheint es, als ob etwas von dem
frommen Glauben der Kirche in die Mechanik über-
gegangen wäre. Doch ist Maupertuis’ Streben, einen
weitern Blick zu thun, wenn auch seine Kräfte nicht
zureichten, nicht ganz erfolglos gewesen. Euler, viel-
leicht auch Gauss, ist durch diese Versuche angeregt
worden
.

5. Euler meint, man könne die Naturerscheinungen
sowol aus den wirkenden Ursachen wie aus dem End-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0355" n="343"/><fw place="top" type="header">Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.</fw><lb/>
einem <hi rendition="#g">ganz andern Sinn</hi>. Für die Brechung soll der<lb/>
Ausdruck <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">m·AR+n·RB</hi></hi> ein Minimum sein, wobei<lb/><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">AR</hi></hi> und <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">RB</hi></hi> die Lichtwege im ersten und zweiten<lb/>
Medium, <hi rendition="#i">m</hi> und <hi rendition="#i">n</hi> die zugehörigen Geschwindigkeiten be-<lb/>
deuten. Allerdings erhält man, wenn <hi rendition="#i">R</hi> der Minimumbe-<lb/>
dingung entsprechend bestimmt wird, <formula/>.<lb/>
Allein vorher bestand die &#x201E;Wirkung&#x201F; in der <hi rendition="#g">Aenderung</hi><lb/>
der Ausdrücke Masse × Geschwindigkeit × Weg, hier<lb/>
besteht sie in der <hi rendition="#g">Summe</hi> derselben. Vorher kamen<lb/>
die in der <hi rendition="#g">Zeiteinheit</hi> zurückgelegten Wege, jetzt<lb/>
kommen die <hi rendition="#g">überhaupt</hi> durchlaufenen Wege in Be-<lb/>
tracht. Haben wir nicht <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">mAR&#x2014;nRB</hi></hi> oder <hi rendition="#g">(<hi rendition="#i">m&#x2014;n</hi>)</hi>.<lb/>
(<hi rendition="#g"><hi rendition="#i">AR&#x2014;RB</hi></hi>) als ein Minimum<lb/>
zu betrachten, und warum nicht?<lb/>
Nimmt man aber auch die Mau-<lb/>
pertuis&#x2019;sche Auffassung an, so<lb/>
kommen doch die reciproken<lb/>
Werthe der Lichtgeschwindig-<lb/>
keiten statt der wirklichen zum<lb/>
Vorschein.</p><lb/>
          <p>Wie man sieht, kann von<lb/>
einem Maupertuis&#x2019;schen <hi rendition="#g">Prin-<lb/><figure><head><hi rendition="#i">Fig. 188.</hi></head></figure><lb/>
cip</hi> eigentlich nicht die Rede sein, sondern nur von einer<lb/>
verschwommenen <hi rendition="#g">symbolischen Formel</hi>, welche mit<lb/>
Hülfe grosser Ungenauigkeit und einiger Gewalt verschie-<lb/>
dene bekannte Fälle unter einen Hut bringt. Es war noth-<lb/>
wendig hierauf einzugehen, weil Maupertuis&#x2019; Leistung<lb/>
noch immer mit einem gewissen historischen Nimbus<lb/>
umgeben ist. Fast scheint es, als ob etwas von dem<lb/>
frommen Glauben der Kirche in die Mechanik über-<lb/>
gegangen wäre. Doch ist Maupertuis&#x2019; <hi rendition="#g">Streben</hi>, einen<lb/>
weitern Blick zu thun, wenn auch seine Kräfte nicht<lb/>
zureichten, nicht ganz erfolglos gewesen. Euler, viel-<lb/>
leicht auch Gauss, ist durch diese Versuche <hi rendition="#g">angeregt<lb/>
worden</hi>.</p><lb/>
          <p>5. Euler meint, man könne die Naturerscheinungen<lb/>
sowol aus den <hi rendition="#g">wirkenden</hi> Ursachen wie aus dem <hi rendition="#g">End-</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0355] Die weitere Verwendung der Principien u. s. w. einem ganz andern Sinn. Für die Brechung soll der Ausdruck m·AR+n·RB ein Minimum sein, wobei AR und RB die Lichtwege im ersten und zweiten Medium, m und n die zugehörigen Geschwindigkeiten be- deuten. Allerdings erhält man, wenn R der Minimumbe- dingung entsprechend bestimmt wird, [FORMEL]. Allein vorher bestand die „Wirkung‟ in der Aenderung der Ausdrücke Masse × Geschwindigkeit × Weg, hier besteht sie in der Summe derselben. Vorher kamen die in der Zeiteinheit zurückgelegten Wege, jetzt kommen die überhaupt durchlaufenen Wege in Be- tracht. Haben wir nicht mAR—nRB oder (m—n). (AR—RB) als ein Minimum zu betrachten, und warum nicht? Nimmt man aber auch die Mau- pertuis’sche Auffassung an, so kommen doch die reciproken Werthe der Lichtgeschwindig- keiten statt der wirklichen zum Vorschein. Wie man sieht, kann von einem Maupertuis’schen Prin- [Abbildung Fig. 188.] cip eigentlich nicht die Rede sein, sondern nur von einer verschwommenen symbolischen Formel, welche mit Hülfe grosser Ungenauigkeit und einiger Gewalt verschie- dene bekannte Fälle unter einen Hut bringt. Es war noth- wendig hierauf einzugehen, weil Maupertuis’ Leistung noch immer mit einem gewissen historischen Nimbus umgeben ist. Fast scheint es, als ob etwas von dem frommen Glauben der Kirche in die Mechanik über- gegangen wäre. Doch ist Maupertuis’ Streben, einen weitern Blick zu thun, wenn auch seine Kräfte nicht zureichten, nicht ganz erfolglos gewesen. Euler, viel- leicht auch Gauss, ist durch diese Versuche angeregt worden. 5. Euler meint, man könne die Naturerscheinungen sowol aus den wirkenden Ursachen wie aus dem End-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/355
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/355>, abgerufen am 10.11.2024.