oder kleiner als Null. Der allgemeine Ausdruck der Gleichgewichtsbedingung lautet also P·p+P'·p'+P"·p"...0.
Wenn für jede virtuelle Verschiebung eine gleiche und entgegengesetzte existirt, wie dies z. B. bei den Ma- schinen der Fall ist, so können wir uns auf das obere Zeichen, auf die Gleichung beschränken. Denn wenn bei gewissen Verschiebungen der Schwerpunkt steigen könnte, so müsste er wegen der vorausgesetzten Um- kehrbarkeit aller virtuellen Verschiebungen auch sinken können. Es ist also in diesem Falle auch eine mög- liche Erhebung des Schwerpunktes mit dem Gleich- gewicht unverträglich.
Anders gestaltet sich die Sache, wenn nicht alle Ver- schiebungen umkehrbar sind. Zwei durch Fäden mit- einander verbundene Körper können sich zwar einander nähern, sie können sich aber nicht über die Länge der Fäden voneinander entfernen. Ein Körper kann auf der Oberfläche eines andern Körpers gleiten oder rollen, sodass er sich von dieser Oberfläche zwar entfernen, dieselbe aber nicht durchdringen kann. In diesen Fällen können also gewisse Verschiebungen nicht um- gekehrt werden. Es kann also für gewisse Verschie- bungen eine Schwerpunkterhebung stattfinden, wäh- rend die entgegengesetzten Verschiebungen, welchen die Schwerpunktsenkung entspricht, gar nicht ausführbar sind. Dann müssen wir also die allgemeinere Gleich- gewichtsbedingung festhalten und sagen, die Summe der virtuellen Momente ist gleich oder kleiner als Null.
13. Lagrange hat in seiner analytischen Mechanik eine Ableitung des Princips der virtuellen Verschie- bungen versucht, die wir jetzt betrachten wollen. Auf die Punkte A, B, C .... wirken die Kräfte P, P', P" .... Wir denken uns an den Punkten Ringe angebracht, und in den Richtungen der Kräfte ebenfalls Ringe A', B', C' .... befestigt. Wir suchen ein gemeinschaftliches
Erstes Kapitel.
oder kleiner als Null. Der allgemeine Ausdruck der Gleichgewichtsbedingung lautet also P·p+P′·p′+P″·p″…≤0.
Wenn für jede virtuelle Verschiebung eine gleiche und entgegengesetzte existirt, wie dies z. B. bei den Ma- schinen der Fall ist, so können wir uns auf das obere Zeichen, auf die Gleichung beschränken. Denn wenn bei gewissen Verschiebungen der Schwerpunkt steigen könnte, so müsste er wegen der vorausgesetzten Um- kehrbarkeit aller virtuellen Verschiebungen auch sinken können. Es ist also in diesem Falle auch eine mög- liche Erhebung des Schwerpunktes mit dem Gleich- gewicht unverträglich.
Anders gestaltet sich die Sache, wenn nicht alle Ver- schiebungen umkehrbar sind. Zwei durch Fäden mit- einander verbundene Körper können sich zwar einander nähern, sie können sich aber nicht über die Länge der Fäden voneinander entfernen. Ein Körper kann auf der Oberfläche eines andern Körpers gleiten oder rollen, sodass er sich von dieser Oberfläche zwar entfernen, dieselbe aber nicht durchdringen kann. In diesen Fällen können also gewisse Verschiebungen nicht um- gekehrt werden. Es kann also für gewisse Verschie- bungen eine Schwerpunkterhebung stattfinden, wäh- rend die entgegengesetzten Verschiebungen, welchen die Schwerpunktsenkung entspricht, gar nicht ausführbar sind. Dann müssen wir also die allgemeinere Gleich- gewichtsbedingung festhalten und sagen, die Summe der virtuellen Momente ist gleich oder kleiner als Null.
13. Lagrange hat in seiner analytischen Mechanik eine Ableitung des Princips der virtuellen Verschie- bungen versucht, die wir jetzt betrachten wollen. Auf die Punkte A, B, C .... wirken die Kräfte P, P′, P″ .... Wir denken uns an den Punkten Ringe angebracht, und in den Richtungen der Kräfte ebenfalls Ringe A′, B′, C′ .... befestigt. Wir suchen ein gemeinschaftliches
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0072"n="60"/><fwplace="top"type="header">Erstes Kapitel.</fw><lb/>
oder kleiner als Null. Der allgemeine Ausdruck der<lb/>
Gleichgewichtsbedingung lautet also<lb/><hirendition="#g"><hirendition="#i">P·p+P′·p′+P″·p″</hi>…≤0</hi>.</p><lb/><p>Wenn für jede virtuelle Verschiebung eine <hirendition="#g">gleiche</hi> und<lb/><hirendition="#g">entgegengesetzte</hi> existirt, wie dies z. B. bei den Ma-<lb/>
schinen der Fall ist, so können wir uns auf das obere<lb/>
Zeichen, auf die <hirendition="#g">Gleichung</hi> beschränken. Denn wenn<lb/>
bei gewissen Verschiebungen der Schwerpunkt steigen<lb/>
könnte, so müsste er wegen der vorausgesetzten Um-<lb/>
kehrbarkeit aller virtuellen Verschiebungen auch sinken<lb/>
können. Es ist also in diesem Falle auch eine mög-<lb/>
liche Erhebung des Schwerpunktes mit dem Gleich-<lb/>
gewicht unverträglich.</p><lb/><p>Anders gestaltet sich die Sache, wenn nicht alle Ver-<lb/>
schiebungen <hirendition="#g">umkehrbar</hi> sind. Zwei durch Fäden mit-<lb/>
einander verbundene Körper können sich zwar einander<lb/>
nähern, sie können sich aber nicht über die Länge der<lb/>
Fäden voneinander entfernen. Ein Körper kann auf<lb/>
der Oberfläche eines andern Körpers gleiten oder rollen,<lb/>
sodass er sich von dieser Oberfläche zwar entfernen,<lb/>
dieselbe aber nicht durchdringen kann. In diesen<lb/>
Fällen können also gewisse Verschiebungen nicht um-<lb/>
gekehrt werden. Es kann also für gewisse Verschie-<lb/>
bungen eine Schwerpunkt<hirendition="#g">erhebung</hi> stattfinden, wäh-<lb/>
rend die entgegengesetzten Verschiebungen, welchen die<lb/>
Schwerpunkt<hirendition="#g">senkung</hi> entspricht, gar nicht ausführbar<lb/>
sind. Dann müssen wir also die allgemeinere Gleich-<lb/>
gewichtsbedingung festhalten und sagen, die Summe<lb/>
der virtuellen Momente ist <hirendition="#g">gleich oder kleiner</hi> als<lb/>
Null.</p><lb/><p>13. Lagrange hat in seiner analytischen Mechanik<lb/>
eine Ableitung des Princips der virtuellen Verschie-<lb/>
bungen versucht, die wir jetzt betrachten wollen. Auf<lb/>
die Punkte <hirendition="#i">A, B, C</hi> .... wirken die Kräfte <hirendition="#i">P, P′, P″</hi> ....<lb/>
Wir denken uns an den Punkten Ringe angebracht, und<lb/>
in den Richtungen der Kräfte ebenfalls Ringe <hirendition="#i">A′, B′,<lb/>
C′</hi> .... befestigt. Wir suchen ein gemeinschaftliches<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[60/0072]
Erstes Kapitel.
oder kleiner als Null. Der allgemeine Ausdruck der
Gleichgewichtsbedingung lautet also
P·p+P′·p′+P″·p″…≤0.
Wenn für jede virtuelle Verschiebung eine gleiche und
entgegengesetzte existirt, wie dies z. B. bei den Ma-
schinen der Fall ist, so können wir uns auf das obere
Zeichen, auf die Gleichung beschränken. Denn wenn
bei gewissen Verschiebungen der Schwerpunkt steigen
könnte, so müsste er wegen der vorausgesetzten Um-
kehrbarkeit aller virtuellen Verschiebungen auch sinken
können. Es ist also in diesem Falle auch eine mög-
liche Erhebung des Schwerpunktes mit dem Gleich-
gewicht unverträglich.
Anders gestaltet sich die Sache, wenn nicht alle Ver-
schiebungen umkehrbar sind. Zwei durch Fäden mit-
einander verbundene Körper können sich zwar einander
nähern, sie können sich aber nicht über die Länge der
Fäden voneinander entfernen. Ein Körper kann auf
der Oberfläche eines andern Körpers gleiten oder rollen,
sodass er sich von dieser Oberfläche zwar entfernen,
dieselbe aber nicht durchdringen kann. In diesen
Fällen können also gewisse Verschiebungen nicht um-
gekehrt werden. Es kann also für gewisse Verschie-
bungen eine Schwerpunkterhebung stattfinden, wäh-
rend die entgegengesetzten Verschiebungen, welchen die
Schwerpunktsenkung entspricht, gar nicht ausführbar
sind. Dann müssen wir also die allgemeinere Gleich-
gewichtsbedingung festhalten und sagen, die Summe
der virtuellen Momente ist gleich oder kleiner als
Null.
13. Lagrange hat in seiner analytischen Mechanik
eine Ableitung des Princips der virtuellen Verschie-
bungen versucht, die wir jetzt betrachten wollen. Auf
die Punkte A, B, C .... wirken die Kräfte P, P′, P″ ....
Wir denken uns an den Punkten Ringe angebracht, und
in den Richtungen der Kräfte ebenfalls Ringe A′, B′,
C′ .... befestigt. Wir suchen ein gemeinschaftliches
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/72>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.