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Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

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men/ das wird in den Dactylischen zu einer Anmuth/ e. g.
Küssen läst fliessen den Nectar der Liebe.
vid. Part. 1. cap. 11. Reg. 16. Und ist diß hierinnen
die schönste Zierlichkeit/ wenn man viel omooteleuta
oder gleichlautende Worte zusammen setzet/ wo aber
der Verß einen Noth-Zwang und gebrochnen Sen-
sum
soll leiden/ so ist es am besten die Dactylischen
Reime/ ohne solche Reim-Wörter von der Hand hin
zu schreiben/ e. g.
Jauchzen ermuntert die traurigen Sinnen.

CAP. V.
Von den Anapästischen Verssen.

Reg. 1.

ANapästische Versse oder gegen-rollende genennt/
sind diejenigen/ welche die ersten 2. Sylben kurtz/
die dritte aber lang haben/ und diese leiden ebenfals
keinen Abschnitt.

Reg. 2. Diese sind demjenigen/ welchem die
Dactylische bekandt/ gantz nicht schwer/ sintemahl
unter diesen kein ander Unterscheid/ als daß ich ih-
nen eine lange Sylbe/ oder 2. kurtze voran setze/ e. g.
wenn man aus dem letzt angezognen Dactylischen
Versse einen Anapaestum machen wil/ so setzt man
nur einen Articul voran/ so wird es seyn/ also:

Das Jauchtzen ermuntert die traurigen Sinnen.
Und also bestehet die gantze Kunst darinnen/ daß ich

den
G 2

men/ das wird in den Dactyliſchē zu einer Anmuth/ e. g.
Kuͤſſen laͤſt flieſſen den Nectar der Liebe.
vid. Part. 1. cap. 11. Reg. 16. Und iſt diß hierinnen
die ſchoͤnſte Zierlichkeit/ wenn man viel ὁμοωτελευτα
oder gleichlautende Worte zuſammen ſetzet/ wo aber
der Verß einen Noth-Zwang und gebrochnen Sen-
ſum
ſoll leiden/ ſo iſt es am beſten die Dactyliſchen
Reime/ ohne ſolche Reim-Woͤrter von der Hand hin
zu ſchreiben/ e. g.
Jauchzen ermuntert die traurigen Sinnen.

CAP. V.
Von den Anapäſtiſchen Verſſen.

Reg. 1.

ANapäſtiſche Verſſe oder gegen-rollende geneñt/
ſind diejenigen/ welche die erſten 2. Sylben kurtz/
die dritte aber lang haben/ und dieſe leiden ebenfals
keinen Abſchnitt.

Reg. 2. Dieſe ſind demjenigen/ welchem die
Dactyliſche bekandt/ gantz nicht ſchwer/ ſintemahl
unter dieſen kein ander Unterſcheid/ als daß ich ih-
nen eine lange Sylbe/ oder 2. kurtze voran ſetze/ e. g.
wenn man aus dem letzt angezognen Dactyliſchen
Verſſe einen Anapæſtum machen wil/ ſo ſetzt man
nur einen Articul voran/ ſo wird es ſeyn/ alſo:

Das Jauchtzen ermuntert die traurigen Sinnen.
Und alſo beſtehet die gantze Kunſt darinnen/ daß ich

den
G 2
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[99/0111] men/ das wird in den Dactyliſchē zu einer Anmuth/ e. g. Kuͤſſen laͤſt flieſſen den Nectar der Liebe. vid. Part. 1. cap. 11. Reg. 16. Und iſt diß hierinnen die ſchoͤnſte Zierlichkeit/ wenn man viel ὁμοωτελευτα oder gleichlautende Worte zuſammen ſetzet/ wo aber der Verß einen Noth-Zwang und gebrochnen Sen- ſum ſoll leiden/ ſo iſt es am beſten die Dactyliſchen Reime/ ohne ſolche Reim-Woͤrter von der Hand hin zu ſchreiben/ e. g. Jauchzen ermuntert die traurigen Sinnen. CAP. V. Von den Anapäſtiſchen Verſſen. Reg. 1. ANapäſtiſche Verſſe oder gegen-rollende geneñt/ ſind diejenigen/ welche die erſten 2. Sylben kurtz/ die dritte aber lang haben/ und dieſe leiden ebenfals keinen Abſchnitt. Reg. 2. Dieſe ſind demjenigen/ welchem die Dactyliſche bekandt/ gantz nicht ſchwer/ ſintemahl unter dieſen kein ander Unterſcheid/ als daß ich ih- nen eine lange Sylbe/ oder 2. kurtze voran ſetze/ e. g. wenn man aus dem letzt angezognen Dactyliſchen Verſſe einen Anapæſtum machen wil/ ſo ſetzt man nur einen Articul voran/ ſo wird es ſeyn/ alſo: Das Jauchtzen ermuntert die traurigen Sinnen. Und alſo beſtehet die gantze Kunſt darinnen/ daß ich den G 2

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Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/111>, abgerufen am 26.11.2024.