intermundiis Epicuri, cum libet scribimus. Solus post Deos Miracula facit Poeta, mortuis vitam red- dit, & immortalitate donat Achillem. Caesis visum dat &c. probosq; superlativis donat-nec abest a Mi- raculo, grandem caeli Machinam in Epigrammatis punctum contrahere, & numerosos Exercitus clas- sesque Terras omnes & Insulas paucis pagellis com- plecti, &c. Wuste Orpheus seine Proserpinam aus der Hölle mit seiner Harffe zu bringen/ so weiß die Dichterey durch ihren lieblichen Thon einen verir- ten melancholischen Saul wiederum auffzurichten.
4. Einige deriviren das Wort Poeterey/ von poieo, ich mache/ arbeite/ formire, baue auf/ dichte/ ahme nach/ etc. Also daß ein Poet der sey/ welcher stets arbeite/ nachsinne/ und occupat in der Mühe sich erweise. Garzon will/ es komme her von poiethes, welches so viel heist/ als eine schöne Rede. Aber kurtz zu fassen/ so stammt es her von poietes, wel- ches so viel anzeiget/ als ein Poet sey ein stattlicher Macher oder Kunst-Würcker/ der seine Rede geschick- lich ausarbeite/ ziere/ in gute Ordnung stelle/ sein Vornehmen recht wol ausführe/ dem Original natu- rel nachahme/ fingere enim seu effingere est imitari, nempe Rem illam, cujus imago & similitudo fingi- tur, & qui imitatur, effingit quippiam schreibt Buch- lerus in Institut. Poet. p. 2. Conf. Pasor. Lexico Grae- co pag. 592.
5. Die Poesie ist gleichsam das Confect aller Wis- schafften/ so unsere Sinnen vergnüget; Und wie das Latein der Zucker ist/ so keine Suppen verdirbt/ son-
dern
intermundiis Epicuri, cum libet ſcribimus. Solus poſt Deos Miracula facit Poeta, mortuis vitam red- dit, & immortalitate donat Achillem. Cæſis viſum dat &c. probosq́; ſuperlativis donat-nec abeſt a Mi- raculo, grandem cæli Machinam in Epigrammatis punctum contrahere, & numeroſos Exercitus claſ- ſesque Terras omnes & Inſulas paucis pagellis com- plecti, &c. Wuſte Orpheus ſeine Proſerpinam aus der Hoͤlle mit ſeiner Harffe zu bringen/ ſo weiß die Dichterey durch ihren lieblichen Thon einen verir- ten melancholiſchen Saul wiederum auffzurichten.
4. Einige deriviren das Wort Poeterey/ von ϖοίεω, ich mache/ arbeite/ formire, baue auf/ dichte/ ahme nach/ ꝛc. Alſo daß ein Poet der ſey/ welcher ſtets arbeite/ nachſinne/ und occupat in der Muͤhe ſich erweiſe. Garzon will/ es komme her von ϖοιηϑὴς, welches ſo viel heiſt/ als eine ſchoͤne Rede. Aber kurtz zu faſſen/ ſo ſtammt es her von ϖοιητὴς, wel- ches ſo viel anzeiget/ als ein Poet ſey ein ſtattlicher Macher oder Kunſt-Wuͤrcker/ der ſeine Rede geſchick- lich ausarbeite/ ziere/ in gute Ordnung ſtelle/ ſein Vornehmen recht wol ausfuͤhre/ dem Original natu- rel nachahme/ fingere enim ſeu effingere eſt imitari, nempe Rem illam, cujus imago & ſimilitudo fingi- tur, & qui imitatur, effingit quippiam ſchreibt Buch- lerus in Inſtitut. Poet. p. 2. Conf. Paſor. Lexico Græ- co pag. 592.
5. Die Poeſie iſt gleichſam das Confect aller Wiſ- ſchafften/ ſo unſere Sinnen vergnuͤget; Und wie das Latein der Zucker iſt/ ſo keine Suppen verdirbt/ ſon-
dern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><cit><quote><pbfacs="#f0023"n="11"/><hirendition="#aq">intermundiis Epicuri, cum libet ſcribimus. Solus<lb/>
poſt Deos Miracula facit Poeta, mortuis vitam red-<lb/>
dit, & immortalitate donat Achillem. Cæſis viſum<lb/>
dat &c. probosq́; ſuperlativis donat-nec abeſt a Mi-<lb/>
raculo, grandem cæli Machinam in Epigrammatis<lb/>
punctum contrahere, & numeroſos Exercitus claſ-<lb/>ſesque Terras omnes & Inſulas paucis pagellis com-<lb/>
plecti, &c.</hi></quote><bibl/></cit> Wuſte <hirendition="#aq">Orpheus</hi>ſeine <hirendition="#aq">Proſerpinam</hi> aus<lb/>
der Hoͤlle mit ſeiner Harffe zu bringen/ ſo weiß die<lb/>
Dichterey durch ihren lieblichen Thon einen verir-<lb/>
ten melancholiſchen Saul wiederum auffzurichten.</p><lb/><p>4. Einige <hirendition="#aq">deriviren</hi> das Wort Poeterey/ von<lb/>ϖοίεω, ich mache/ arbeite/ <hirendition="#aq">formire,</hi> baue auf/ dichte/<lb/>
ahme nach/ ꝛc. Alſo daß ein Poet der ſey/ welcher<lb/>ſtets arbeite/ nachſinne/ und <hirendition="#aq">occupat</hi> in der Muͤhe<lb/>ſich erweiſe. <hirendition="#aq">Garzon</hi> will/ es komme her von ϖοιηϑὴς,<lb/>
welches ſo viel heiſt/ als eine ſchoͤne Rede. Aber<lb/>
kurtz zu faſſen/ ſo ſtammt es her von ϖοιητὴς, wel-<lb/>
ches ſo viel anzeiget/ als ein Poet ſey ein ſtattlicher<lb/>
Macher oder Kunſt-Wuͤrcker/ der ſeine Rede geſchick-<lb/>
lich ausarbeite/ ziere/ in gute Ordnung ſtelle/ ſein<lb/>
Vornehmen recht wol ausfuͤhre/ dem <hirendition="#aq">Original natu-<lb/>
rel</hi> nachahme/ <cit><quote><hirendition="#aq">fingere enim ſeu effingere eſt imitari,<lb/>
nempe Rem illam, cujus imago &ſimilitudo fingi-<lb/>
tur, & qui imitatur, effingit quippiam</hi></quote><bibl/></cit>ſchreibt <hirendition="#aq">Buch-<lb/>
lerus in Inſtitut. Poet. p. 2. Conf. Paſor. Lexico Græ-<lb/>
co pag.</hi> 592.</p><lb/><p>5. Die Poeſie iſt gleichſam das <hirendition="#aq">Confect</hi> aller Wiſ-<lb/>ſchafften/ ſo unſere Sinnen vergnuͤget; Und wie das<lb/>
Latein der Zucker iſt/ ſo keine Suppen verdirbt/ ſon-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dern</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[11/0023]
intermundiis Epicuri, cum libet ſcribimus. Solus
poſt Deos Miracula facit Poeta, mortuis vitam red-
dit, & immortalitate donat Achillem. Cæſis viſum
dat &c. probosq́; ſuperlativis donat-nec abeſt a Mi-
raculo, grandem cæli Machinam in Epigrammatis
punctum contrahere, & numeroſos Exercitus claſ-
ſesque Terras omnes & Inſulas paucis pagellis com-
plecti, &c. Wuſte Orpheus ſeine Proſerpinam aus
der Hoͤlle mit ſeiner Harffe zu bringen/ ſo weiß die
Dichterey durch ihren lieblichen Thon einen verir-
ten melancholiſchen Saul wiederum auffzurichten.
4. Einige deriviren das Wort Poeterey/ von
ϖοίεω, ich mache/ arbeite/ formire, baue auf/ dichte/
ahme nach/ ꝛc. Alſo daß ein Poet der ſey/ welcher
ſtets arbeite/ nachſinne/ und occupat in der Muͤhe
ſich erweiſe. Garzon will/ es komme her von ϖοιηϑὴς,
welches ſo viel heiſt/ als eine ſchoͤne Rede. Aber
kurtz zu faſſen/ ſo ſtammt es her von ϖοιητὴς, wel-
ches ſo viel anzeiget/ als ein Poet ſey ein ſtattlicher
Macher oder Kunſt-Wuͤrcker/ der ſeine Rede geſchick-
lich ausarbeite/ ziere/ in gute Ordnung ſtelle/ ſein
Vornehmen recht wol ausfuͤhre/ dem Original natu-
rel nachahme/ fingere enim ſeu effingere eſt imitari,
nempe Rem illam, cujus imago & ſimilitudo fingi-
tur, & qui imitatur, effingit quippiam ſchreibt Buch-
lerus in Inſtitut. Poet. p. 2. Conf. Paſor. Lexico Græ-
co pag. 592.
5. Die Poeſie iſt gleichſam das Confect aller Wiſ-
ſchafften/ ſo unſere Sinnen vergnuͤget; Und wie das
Latein der Zucker iſt/ ſo keine Suppen verdirbt/ ſon-
dern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Bei der Ausgabe von 1704 handelt es sich, um die … [mehr]
Bei der Ausgabe von 1704 handelt es sich, um die erweiterte Neufassung der Erstausgabe (1685), die unter dem Titel "Europaeische Parnassus, Oder Kurtze und deutliche Anweisung Zu der Deutschen Dicht-Kunst. Wittenberg, 1685." veröffentlicht wurde.
Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/23>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.