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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Die kranke Mutter.
zu erhalten suchen und das Leben so lange zu geniesen
wünschen, als wir des Genusses desselben fähig
sind. -- Und welche neue und starke Bande fesseln
nicht insbesondere mich an das gegenwärtige Leben,
die ich Mutter, Mutter von noch unerzogenen und
unversorgten Kindern bin! O ich müßte diese nicht als
meine Kinder lieben, ich müßte nicht Mutter seyn,
wenn ich mich empfindungslos und ungerührt von ih-
nen trennen könnte, wenn ich nicht zu ihrem Besten
noch ferner hin mit ihnen vereiniget zu seyn und für sie
sorgen zu können wünschte. Ja, o Gott, meine Kinder
sind es vorzüglich, die mir das Leben recht werthvoll und
angenehm machen. Meine Kinder sind es vorzüglich,
die den Wunsch in mir erzeugen, daß es dir gefal-
len möchte, mir mein Daseyn auf Erden zu verlän-
gern. O welche Empfindungen fühle ich da, wenn
ich sie um mein Lager herumstehen und mit nassen
Augen auf mich blicken sehe! Welche Gedanken und
Wünsche steigen da in meinem Jnnersten auf, wenn
ich mir ihre künftigen Schicksale und ihre Lage in der
Welt vorstelle!

Aber -- bin ich nicht eine Christin? Kenne
und verehre ich dich nicht so, wie Jesus dich den
Menschen bekannt gemacht hat? Bist du nicht der
Allweise, der Allgütige, der Vater und Versorger
aller deiner Geschöpfe, der Gott und Urquell der Liebe?
Thust und veranstaltest du wohl je etwas, das nicht
das Beste wäre, das nicht heilsame Folgen und Wir-
kungen hätte? Kann wohl irgend ein Uebel, ein
Verlust, ein Unglück uns treffen, das du nicht zum

Glücke

Die kranke Mutter.
zu erhalten ſuchen und das Leben ſo lange zu genieſen
wünſchen, als wir des Genuſſes deſſelben fähig
ſind. — Und welche neue und ſtarke Bande feſſeln
nicht insbeſondere mich an das gegenwärtige Leben,
die ich Mutter, Mutter von noch unerzogenen und
unverſorgten Kindern bin! O ich müßte dieſe nicht als
meine Kinder lieben, ich müßte nicht Mutter ſeyn,
wenn ich mich empfindungslos und ungerührt von ih-
nen trennen könnte, wenn ich nicht zu ihrem Beſten
noch ferner hin mit ihnen vereiniget zu ſeyn und für ſie
ſorgen zu können wünſchte. Ja, o Gott, meine Kinder
ſind es vorzüglich, die mir das Leben recht werthvoll und
angenehm machen. Meine Kinder ſind es vorzüglich,
die den Wunſch in mir erzeugen, daß es dir gefal-
len möchte, mir mein Daſeyn auf Erden zu verlän-
gern. O welche Empfindungen fühle ich da, wenn
ich ſie um mein Lager herumſtehen und mit naſſen
Augen auf mich blicken ſehe! Welche Gedanken und
Wünſche ſteigen da in meinem Jnnerſten auf, wenn
ich mir ihre künftigen Schickſale und ihre Lage in der
Welt vorſtelle!

Aber — bin ich nicht eine Chriſtin? Kenne
und verehre ich dich nicht ſo, wie Jeſus dich den
Menſchen bekannt gemacht hat? Biſt du nicht der
Allweiſe, der Allgütige, der Vater und Verſorger
aller deiner Geſchöpfe, der Gott und Urquell der Liebe?
Thuſt und veranſtalteſt du wohl je etwas, das nicht
das Beſte wäre, das nicht heilſame Folgen und Wir-
kungen hätte? Kann wohl irgend ein Uebel, ein
Verluſt, ein Unglück uns treffen, das du nicht zum

Glücke
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[253/0265] Die kranke Mutter. zu erhalten ſuchen und das Leben ſo lange zu genieſen wünſchen, als wir des Genuſſes deſſelben fähig ſind. — Und welche neue und ſtarke Bande feſſeln nicht insbeſondere mich an das gegenwärtige Leben, die ich Mutter, Mutter von noch unerzogenen und unverſorgten Kindern bin! O ich müßte dieſe nicht als meine Kinder lieben, ich müßte nicht Mutter ſeyn, wenn ich mich empfindungslos und ungerührt von ih- nen trennen könnte, wenn ich nicht zu ihrem Beſten noch ferner hin mit ihnen vereiniget zu ſeyn und für ſie ſorgen zu können wünſchte. Ja, o Gott, meine Kinder ſind es vorzüglich, die mir das Leben recht werthvoll und angenehm machen. Meine Kinder ſind es vorzüglich, die den Wunſch in mir erzeugen, daß es dir gefal- len möchte, mir mein Daſeyn auf Erden zu verlän- gern. O welche Empfindungen fühle ich da, wenn ich ſie um mein Lager herumſtehen und mit naſſen Augen auf mich blicken ſehe! Welche Gedanken und Wünſche ſteigen da in meinem Jnnerſten auf, wenn ich mir ihre künftigen Schickſale und ihre Lage in der Welt vorſtelle! Aber — bin ich nicht eine Chriſtin? Kenne und verehre ich dich nicht ſo, wie Jeſus dich den Menſchen bekannt gemacht hat? Biſt du nicht der Allweiſe, der Allgütige, der Vater und Verſorger aller deiner Geſchöpfe, der Gott und Urquell der Liebe? Thuſt und veranſtalteſt du wohl je etwas, das nicht das Beſte wäre, das nicht heilſame Folgen und Wir- kungen hätte? Kann wohl irgend ein Uebel, ein Verluſt, ein Unglück uns treffen, das du nicht zum Glücke

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/265>, abgerufen am 22.11.2024.