Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Andere Buch. Umb dein geliebtes hertz Creusam/ mag nicht sehenDer Griechen königreich noch ümm-mit stoltzen-gehen/ Gleich wie die Doloper sich tragen/ wil auch nicht Den frauen dort zu land ablegen huld und pflicht. Ich bin geboren frey von Troischem geblüte Der Göttin Venus schnur von edelem gemüthe/ Die grosse Cybele der Götter mutter wolt/ Daß ich an diesem ort und lande bleiben solt. Hiemit gehab dich wol und laß dir aller wegen Seyn unsers sohnes leib und wolfahrt angelegen: Als sie diß außgeredt ließ sie mich weinend stehn/ Da ich mit antwort ihr gleich wolt entgegen gehn. Ich sahe sie nicht mehr/ weil sie von mir verschwunden; Ich hatte mich zwar sie zu greiffen unterwunden Zum öfftern/ aber so vielmahl floh ihre leich Und schien aus meiner hand den schnellen winden gleich. Als nun die lange nacht war dergestalt verflossen/ Da komm ich wiederumb zu meinen reißgenossen. Hier muß ich meinen sinn mit wundrung halten auff/ Wenn ich bedencke/ was für grosses zu gelauff Von vielen leuten war/ die mit uns wolten schiffen Und ziehen weg; Es war in dieser zahl begriffen Beyds mann- und weibesvolck auch jungen groß und klein/ Die mit uns alle sampt im elend wolten seyn/ Ein arm und schwaches volck! Sie kamen aller enden Und wolten bey uns stehn/ und alles daran wenden/ Was sie vermochten nur an haabe muht und gut/ Sie wolte sparen nicht ihr leben/ leib und blut. Ich
Das Andere Buch. Umb dein geliebtes hertz Creuſam/ mag nicht ſehenDer Griechen koͤnigreich noch uͤmm-mit ſtoltzen-gehen/ Gleich wie die Doloper ſich tragen/ wil auch nicht Den frauen dort zu land ablegen huld und pflicht. Ich bin geboren frey von Troiſchem gebluͤte Der Goͤttin Venus ſchnur von edelem gemuͤthe/ Die groſſe Cybele der Goͤtter mutter wolt/ Daß ich an dieſem ort und lande bleiben ſolt. Hiemit gehab dich wol und laß dir aller wegen Seyn unſers ſohnes leib und wolfahrt angelegen: Als ſie diß außgeredt ließ ſie mich weinend ſtehn/ Da ich mit antwort ihr gleich wolt entgegen gehn. Ich ſahe ſie nicht mehr/ weil ſie von mir verſchwunden; Ich hatte mich zwar ſie zu greiffen unterwunden Zum oͤfftern/ aber ſo vielmahl floh ihre leich Und ſchien aus meiner hand den ſchnellen winden gleich. Als nun die lange nacht war dergeſtalt verfloſſen/ Da komm ich wiederumb zu meinen reißgenoſſen. Hier muß ich meinen ſinn mit wundrung halten auff/ Wenn ich bedencke/ was fuͤr groſſes zu gelauff Von vielen leuten war/ die mit uns wolten ſchiffen Und ziehen weg; Es war in dieſer zahl begriffen Beyds mann- und weibesvolck auch jungẽ groß uñ klein/ Die mit uns alle ſampt im elend wolten ſeyn/ Ein arm und ſchwaches volck! Sie kamen aller enden Und wolten bey uns ſtehn/ und alles daran wenden/ Was ſie vermochten nur an haabe muht und gut/ Sie wolte ſparen nicht ihr leben/ leib und blut. Ich
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Das Andere Buch.
Umb dein geliebtes hertz Creuſam/ mag nicht ſehen
Der Griechen koͤnigreich noch uͤmm-mit ſtoltzen-gehen/
Gleich wie die Doloper ſich tragen/ wil auch nicht
Den frauen dort zu land ablegen huld und pflicht.
Ich bin geboren frey von Troiſchem gebluͤte
Der Goͤttin Venus ſchnur von edelem gemuͤthe/
Die groſſe Cybele der Goͤtter mutter wolt/
Daß ich an dieſem ort und lande bleiben ſolt.
Hiemit gehab dich wol und laß dir aller wegen
Seyn unſers ſohnes leib und wolfahrt angelegen:
Als ſie diß außgeredt ließ ſie mich weinend ſtehn/
Da ich mit antwort ihr gleich wolt entgegen gehn.
Ich ſahe ſie nicht mehr/ weil ſie von mir verſchwunden;
Ich hatte mich zwar ſie zu greiffen unterwunden
Zum oͤfftern/ aber ſo vielmahl floh ihre leich
Und ſchien aus meiner hand den ſchnellen winden gleich.
Als nun die lange nacht war dergeſtalt verfloſſen/
Da komm ich wiederumb zu meinen reißgenoſſen.
Hier muß ich meinen ſinn mit wundrung halten auff/
Wenn ich bedencke/ was fuͤr groſſes zu gelauff
Von vielen leuten war/ die mit uns wolten ſchiffen
Und ziehen weg; Es war in dieſer zahl begriffen
Beyds mann- und weibesvolck auch jungẽ groß uñ klein/
Die mit uns alle ſampt im elend wolten ſeyn/
Ein arm und ſchwaches volck! Sie kamen aller enden
Und wolten bey uns ſtehn/ und alles daran wenden/
Was ſie vermochten nur an haabe muht und gut/
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/128>, abgerufen am 16.02.2025. |