Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Andere Buch.
Ich fang in finstern an gantz über laut zuschreyen/
Lauff hin und her und kan noch feind noch freunde scheuen;
Ich ruffe jämmerlich Creusam mein gemahl:
Umbsonst! ob ich schon schrey und ruffe sonder zahl.
Als ich so durch die stadt in häusern such und klage
Der sinnen fast beraubt und unauffhörlich zage/
Da kömmt ihr schatten bild mir unglückhafften für/
Und dünckt mich/ wie ich sie seh stehen noch bey mir
Viel grösser als sie war/ da wird mir muht und sinnen
Erschrecket und bestürtzt/ daß ich nichts kan beginnen;
Ich bleibe/ wie ein stock/ mir steht das haar empor
Für schrecken/ daß ich auch kein wort kan bringen vor
Darauff spricht sie mich an mein angst mir zu benehmen:
Mein liebster ehegemahl/ wie kanst du dich so grämen/
Was richtestu mit aus? Es kan je nichts geschehn/
Wenns von den Göttern nicht ist worden erst vorsehn.
Du solst nicht nehmen mit Creusam deinen gatten/
Der grosse Jupiter wil dieses nicht gestatten:
Du wirst noch lange zeit im elend ziehen her/
Und segeln mit gefahr durchs ungestüme meer.
Du wirst Italien erreichen endlich können/
Wo man die Tyber sieht mit lindem strome rinnen
Durch dieses weite feld/ das schön und wolgebaut
An welchen männiglich sein wolvergnügen schaut.
Da wirst du wiederumb dein glück und wolergehen
In freude/ fried und ruh nach hertzens wuntsche sehen
Mit einem königreich und königlichen frau
Begabet: Laß nur seyn die thränen/ die ich schau
Umb
G 5
Das Andere Buch.
Ich fang in finſtern an gantz uͤber laut zuſchreyen/
Lauff hin und heꝛ und kan noch feind noch fꝛeunde ſcheuẽ;
Ich ruffe jaͤmmerlich Creuſam mein gemahl:
Umbſonſt! ob ich ſchon ſchrey und ruffe ſonder zahl.
Als ich ſo durch die ſtadt in haͤuſern ſuch und klage
Der ſinnen faſt beraubt und unauffhoͤrlich zage/
Da koͤmmt ihr ſchatten bild mir ungluͤckhafften fuͤr/
Und duͤnckt mich/ wie ich ſie ſeh ſtehen noch bey mir
Viel groͤſſer als ſie war/ da wird mir muht und ſinnen
Erſchrecket und beſtuͤrtzt/ daß ich nichts kan beginnen;
Ich bleibe/ wie ein ſtock/ mir ſteht das haar empor
Fuͤr ſchrecken/ daß ich auch kein wort kan bringen vor
Daꝛauff ſpricht ſie mich an mein angſt mir zu benehmẽ:
Mein liebſter ehegemahl/ wie kanſt du dich ſo graͤmen/
Was richteſtu mit aus? Es kan je nichts geſchehn/
Wenns von den Goͤttern nicht iſt worden erſt vorſehn.
Du ſolſt nicht nehmen mit Creuſam deinen gatten/
Der groſſe Jupiter wil dieſes nicht geſtatten:
Du wirſt noch lange zeit im elend ziehen her/
Und ſegeln mit gefahr durchs ungeſtuͤme meer.
Du wirſt Italien erreichen endlich koͤnnen/
Wo man die Tyber ſieht mit lindem ſtrome rinnen
Durch dieſes weite feld/ das ſchoͤn und wolgebaut
An welchen maͤnniglich ſein wolvergnuͤgen ſchaut.
Da wirſt du wiederumb dein gluͤck und wolergehen
In freude/ fried und ruh nach hertzens wuntſche ſehen
Mit einem koͤnigreich und koͤniglichen frau
Begabet: Laß nur ſeyn die thraͤnen/ die ich ſchau
Umb
G 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0127" n="105"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Andere Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Ich fang in fin&#x017F;tern an gantz u&#x0364;ber laut zu&#x017F;chreyen/</l><lb/>
          <l>Lauff hin und he&#xA75B; und kan noch feind noch f&#xA75B;eunde &#x017F;cheue&#x0303;;</l><lb/>
          <l>Ich ruffe ja&#x0364;mmerlich Creu&#x017F;am mein gemahl:</l><lb/>
          <l>Umb&#x017F;on&#x017F;t! ob ich &#x017F;chon &#x017F;chrey und ruffe &#x017F;onder zahl.</l><lb/>
          <l>Als ich &#x017F;o durch die &#x017F;tadt in ha&#x0364;u&#x017F;ern &#x017F;uch und klage</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;innen fa&#x017F;t beraubt und unauffho&#x0364;rlich zage/</l><lb/>
          <l>Da ko&#x0364;mmt ihr &#x017F;chatten bild mir unglu&#x0364;ckhafften fu&#x0364;r/</l><lb/>
          <l>Und du&#x0364;nckt mich/ wie ich &#x017F;ie &#x017F;eh &#x017F;tehen noch bey mir</l><lb/>
          <l>Viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als &#x017F;ie war/ da wird mir muht und &#x017F;innen</l><lb/>
          <l>Er&#x017F;chrecket und be&#x017F;tu&#x0364;rtzt/ daß ich nichts kan beginnen;</l><lb/>
          <l>Ich bleibe/ wie ein &#x017F;tock/ mir &#x017F;teht das haar empor</l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;r &#x017F;chrecken/ daß ich auch kein wort kan bringen vor</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>a&#xA75B;auff &#x017F;pricht &#x017F;ie mich an mein ang&#x017F;t mir zu benehme&#x0303;:</l><lb/>
          <l>Mein lieb&#x017F;ter ehegemahl/ wie kan&#x017F;t du dich &#x017F;o gra&#x0364;men/</l><lb/>
          <l>Was richte&#x017F;tu mit aus? Es kan je nichts ge&#x017F;chehn/</l><lb/>
          <l>Wenns von den Go&#x0364;ttern nicht i&#x017F;t worden er&#x017F;t vor&#x017F;ehn.</l><lb/>
          <l>Du &#x017F;ol&#x017F;t nicht nehmen mit Creu&#x017F;am deinen gatten/</l><lb/>
          <l>Der gro&#x017F;&#x017F;e Jupiter wil die&#x017F;es nicht ge&#x017F;tatten:</l><lb/>
          <l>Du wir&#x017F;t noch lange zeit im elend ziehen her/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;egeln mit gefahr durchs unge&#x017F;tu&#x0364;me meer.</l><lb/>
          <l>Du wir&#x017F;t Italien erreichen endlich ko&#x0364;nnen/</l><lb/>
          <l>Wo man die Tyber &#x017F;ieht mit lindem &#x017F;trome rinnen</l><lb/>
          <l>Durch die&#x017F;es weite feld/ das &#x017F;cho&#x0364;n und wolgebaut</l><lb/>
          <l>An welchen ma&#x0364;nniglich &#x017F;ein wolvergnu&#x0364;gen &#x017F;chaut.</l><lb/>
          <l>Da wir&#x017F;t du wiederumb dein glu&#x0364;ck und wolergehen</l><lb/>
          <l>In freude/ fried und ruh nach hertzens wunt&#x017F;che &#x017F;ehen</l><lb/>
          <l>Mit einem ko&#x0364;nigreich und ko&#x0364;niglichen frau</l><lb/>
          <l>Begabet: Laß nur &#x017F;eyn die thra&#x0364;nen/ die ich &#x017F;chau</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">G 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Umb</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0127] Das Andere Buch. Ich fang in finſtern an gantz uͤber laut zuſchreyen/ Lauff hin und heꝛ und kan noch feind noch fꝛeunde ſcheuẽ; Ich ruffe jaͤmmerlich Creuſam mein gemahl: Umbſonſt! ob ich ſchon ſchrey und ruffe ſonder zahl. Als ich ſo durch die ſtadt in haͤuſern ſuch und klage Der ſinnen faſt beraubt und unauffhoͤrlich zage/ Da koͤmmt ihr ſchatten bild mir ungluͤckhafften fuͤr/ Und duͤnckt mich/ wie ich ſie ſeh ſtehen noch bey mir Viel groͤſſer als ſie war/ da wird mir muht und ſinnen Erſchrecket und beſtuͤrtzt/ daß ich nichts kan beginnen; Ich bleibe/ wie ein ſtock/ mir ſteht das haar empor Fuͤr ſchrecken/ daß ich auch kein wort kan bringen vor Daꝛauff ſpricht ſie mich an mein angſt mir zu benehmẽ: Mein liebſter ehegemahl/ wie kanſt du dich ſo graͤmen/ Was richteſtu mit aus? Es kan je nichts geſchehn/ Wenns von den Goͤttern nicht iſt worden erſt vorſehn. Du ſolſt nicht nehmen mit Creuſam deinen gatten/ Der groſſe Jupiter wil dieſes nicht geſtatten: Du wirſt noch lange zeit im elend ziehen her/ Und ſegeln mit gefahr durchs ungeſtuͤme meer. Du wirſt Italien erreichen endlich koͤnnen/ Wo man die Tyber ſieht mit lindem ſtrome rinnen Durch dieſes weite feld/ das ſchoͤn und wolgebaut An welchen maͤnniglich ſein wolvergnuͤgen ſchaut. Da wirſt du wiederumb dein gluͤck und wolergehen In freude/ fried und ruh nach hertzens wuntſche ſehen Mit einem koͤnigreich und koͤniglichen frau Begabet: Laß nur ſeyn die thraͤnen/ die ich ſchau Umb G 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/127
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/127>, abgerufen am 21.11.2024.