Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Fünffte Buch Mit dicken wust und schlamm und macht ein groß gebrudel/Und warff hin allen sand aus seinem tieffen strudel Bis in Cocytus bach. Der fehrmanu/ Charon/ der Vom unflat starret und beschmutzt war hefftig sehr/ Hält diese flüß in acht/ ist schrecklich an zu sehen/ Und ließ den grauen bart gar tieff hinunter gehen Und wachsen ungekämmt: Die augen flammten ihm/ Sein kleid war sehr bekleckt/ und hieng zerlapt herüm: Er lenckt den schwartzen kahn mit einer stang und rührte Den grund/ dem segel gab er nach und überführte Die seelen/ war zwar alt und hatte graue haar/ Gleichwol das alter ihm als Gott grün-kräfftig war. An dieses ufer kam ein grosses volck der seelen/ Die in den leibern sich mit kummer noht und quälen Gehalten hatten auff/ und wurd ein groß gedräng An weib-und mannes volck in ungezehlter meng. Es waren in der zahl auch helden mit begriffen/ Die knab-und mägdelein ohn unterscheid mit lieffen/ Auch jüngling/ welche für der eltern angesicht Mit hertzleid büßten ein das süsse lebens licht/ Da ihnen sie aus noth den letzten dienst erwiesen/ Und sie nach sitt und brauch zur erde bringen liessen. Wie viel zur herbsteszeit/ wenns erstlich wieder kalt Wil werden/ fallen ab der blätter in dem wald/ Ja wie der störche heer mit dickem hauffen ziehen/ Wenn sie die winterzeit ins warme land zu fliehen Treibt übers hohe meer: So dick gehäuffte schaar Der seelen stunde hier und betens eiffrig war. Ein
Das Fuͤnffte Buch Mit dickẽ wuſt und ſchlam̃ und macht ein groß gebrudel/Und warff hin allen ſand aus ſeinem tieffen ſtrudel Bis in Cocytus bach. Der fehrmanu/ Charon/ der Vom unflat ſtarret und beſchmutzt war hefftig ſehr/ Haͤlt dieſe fluͤß in acht/ iſt ſchrecklich an zu ſehen/ Und ließ den grauen bart gar tieff hinunter gehen Und wachſen ungekaͤmmt: Die augen flammten ihm/ Sein kleid war ſehr bekleckt/ und hieng zerlapt heruͤm: Er lenckt den ſchwartzen kahn mit einer ſtang und ruͤhrte Den grund/ dem ſegel gab er nach und uͤberfuͤhrte Die ſeelen/ war zwar alt und hatte graue haar/ Gleichwol das alter ihm als Gott gruͤn-kraͤfftig war. An dieſes ufer kam ein groſſes volck der ſeelen/ Die in den leibern ſich mit kummer noht und quaͤlen Gehalten hatten auff/ und wurd ein groß gedraͤng An weib-und mannes volck in ungezehlter meng. Es waren in der zahl auch helden mit begriffen/ Die knab-und maͤgdelein ohn unteꝛſcheid mit lieffen/ Auch juͤngling/ welche fuͤr der eltern angeſicht Mit hertzleid buͤßten ein das ſuͤſſe lebens licht/ Da ihnen ſie aus noth den letzten dienſt erwieſen/ Und ſie nach ſitt und brauch zur erde bringen lieſſen. Wie viel zur herbſteszeit/ wenns erſtlich wieder kalt Wil werden/ fallen ab der blaͤtter in dem wald/ Ja wie der ſtoͤrche heer mit dickem hauffen ziehen/ Wenn ſie die winterzeit ins warme land zu fliehen Treibt uͤbers hohe meer: So dick gehaͤuffte ſchaar Der ſeelen ſtunde hier und betens eiffrig war. Ein
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0301" n="279"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Fuͤnffte Buch</hi> </fw><lb/> <l>Mit dickẽ wuſt und ſchlam̃ und macht ein groß gebrudel/</l><lb/> <l>Und warff hin allen ſand aus ſeinem tieffen ſtrudel</l><lb/> <l>Bis in Cocytus bach. Der fehrmanu/ Charon/ der</l><lb/> <l>Vom unflat ſtarret und beſchmutzt war hefftig ſehr/</l><lb/> <l>Haͤlt dieſe fluͤß in acht/ iſt ſchrecklich an zu ſehen/</l><lb/> <l>Und ließ den grauen bart gar tieff hinunter gehen</l><lb/> <l>Und wachſen ungekaͤmmt: <hi rendition="#fr">D</hi>ie augen flammten ihm/</l><lb/> <l>Sein kleid war ſehr bekleckt/ und hieng zerlapt heruͤm:</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">E</hi>r lenckt den ſchwartzen kahn mit einer ſtang und ruͤhrte</l><lb/> <l>Den grund/ dem ſegel gab er nach und uͤberfuͤhrte</l><lb/> <l>Die ſeelen/ war zwar alt und hatte graue haar/</l><lb/> <l>Gleichwol das alter ihm als Gott gruͤn-kraͤfftig war.</l><lb/> <l>An dieſes ufer kam ein groſſes volck der ſeelen/</l><lb/> <l>Die in den leibern ſich mit kummer noht und quaͤlen</l><lb/> <l>Gehalten hatten auff/ und wurd ein groß gedraͤng</l><lb/> <l>An weib-und mannes volck in ungezehlter meng.</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">E</hi>s waren in der zahl auch helden mit begriffen/</l><lb/> <l>Die knab-und maͤgdelein ohn unteꝛſcheid mit lieffen/</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">A</hi>uch juͤngling/ welche fuͤr der eltern angeſicht</l><lb/> <l>Mit hertzleid buͤßten ein das ſuͤſſe lebens licht/</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">D</hi>a ihnen ſie aus noth den letzten dienſt erwieſen/</l><lb/> <l>Und ſie nach ſitt und brauch zur erde bringen lieſſen.</l><lb/> <l>Wie viel zur herbſteszeit/ wenns erſtlich wieder kalt</l><lb/> <l>Wil werden/ fallen ab der blaͤtter in dem wald/</l><lb/> <l>Ja wie der ſtoͤrche heer mit dickem hauffen ziehen/</l><lb/> <l>Wenn ſie die winterzeit ins warme land zu fliehen</l><lb/> <l>Treibt uͤbers hohe meer: So dick gehaͤuffte ſchaar</l><lb/> <l>Der ſeelen ſtunde hier und betens eiffrig war.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [279/0301]
Das Fuͤnffte Buch
Mit dickẽ wuſt und ſchlam̃ und macht ein groß gebrudel/
Und warff hin allen ſand aus ſeinem tieffen ſtrudel
Bis in Cocytus bach. Der fehrmanu/ Charon/ der
Vom unflat ſtarret und beſchmutzt war hefftig ſehr/
Haͤlt dieſe fluͤß in acht/ iſt ſchrecklich an zu ſehen/
Und ließ den grauen bart gar tieff hinunter gehen
Und wachſen ungekaͤmmt: Die augen flammten ihm/
Sein kleid war ſehr bekleckt/ und hieng zerlapt heruͤm:
Er lenckt den ſchwartzen kahn mit einer ſtang und ruͤhrte
Den grund/ dem ſegel gab er nach und uͤberfuͤhrte
Die ſeelen/ war zwar alt und hatte graue haar/
Gleichwol das alter ihm als Gott gruͤn-kraͤfftig war.
An dieſes ufer kam ein groſſes volck der ſeelen/
Die in den leibern ſich mit kummer noht und quaͤlen
Gehalten hatten auff/ und wurd ein groß gedraͤng
An weib-und mannes volck in ungezehlter meng.
Es waren in der zahl auch helden mit begriffen/
Die knab-und maͤgdelein ohn unteꝛſcheid mit lieffen/
Auch juͤngling/ welche fuͤr der eltern angeſicht
Mit hertzleid buͤßten ein das ſuͤſſe lebens licht/
Da ihnen ſie aus noth den letzten dienſt erwieſen/
Und ſie nach ſitt und brauch zur erde bringen lieſſen.
Wie viel zur herbſteszeit/ wenns erſtlich wieder kalt
Wil werden/ fallen ab der blaͤtter in dem wald/
Ja wie der ſtoͤrche heer mit dickem hauffen ziehen/
Wenn ſie die winterzeit ins warme land zu fliehen
Treibt uͤbers hohe meer: So dick gehaͤuffte ſchaar
Der ſeelen ſtunde hier und betens eiffrig war.
Ein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |