Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Sechste Buch. Hätt sollen seyn alhier/ so würde Rom euch deuchten/Ihr Götter/ gar zu groß und in die augen leuchten. Mit was für seufftzen wird das völcklein von dem feld Bis in des Martis stadt begleiten diesen held? Was wirst du/ Tyberstrom/ für eine leiche sehen? Wie wirst du gantz bestürtzt mit deinen fluten stehen/ Wenn du wirst fliessen hin bey dem noch neuen grab? Es wird von Troer volck auch nicht ein einger knab Den Römschen eltern so berühmte hoffnung bringen/ Noch so nach ehr und ruhm mit vollem eyffer ringen/ Es wird sich Rom auch nicht erheben können so/ Noch eines säugelings inkünfftig werden froh. Die frömmigkeit ist hin/ die alte treu und tugend/ Die er erwiese bald in seiner zarten jugend Mit unverzagtem muth und tapffrer kriegeshand: Es dorffte keiner ihm thun kühnlich widerstand Ohn stössen/ beydes wenn er sich zu fusse schluge/ Und wenn er sich zu roß gebrauchen ließ im zuge. O armer jüngeling/ wenn du des todes netz Doch köntest reissen durch und brechen das gesetz Der frühen sterbens noth? Du bist Marcell geheissen/ Der du der tugend dich wirst ämbstglich befleissen. Gebt lilgenblumen her und rosen/ die ich streu Auff meines enckels grab/ des geist gezieret sey Mit solcherley geschenck; Doch ist der dienst vergebens! Dieweil er nicht mehr hat empfindnüß seines lebens. So strichen sie herümm in feldern weit und breit Und sahen alles durch mit gnauer mercksamkeit. Nach
Das Sechſte Buch. Haͤtt ſollen ſeyn alhier/ ſo wuͤrde Rom euch deuchten/Ihr Goͤtter/ gar zu groß und in die augen leuchten. Mit was fuͤr ſeufftzen wird das voͤlcklein von dem feld Bis in des Martis ſtadt begleiten dieſen held? Was wirſt du/ Tyberſtrom/ fuͤr eine leiche ſehen? Wie wirſt du gantz beſtuͤrtzt mit deinen fluten ſtehen/ Wenn du wirſt flieſſen hin bey dem noch neuen grab? Es wird von Troer volck auch nicht ein einger knab Den Roͤmſchen eltern ſo beruͤhmte hoffnung bringen/ Noch ſo nach ehr und ruhm mit vollem eyffer ringen/ Es wird ſich Rom auch nicht erheben koͤnnen ſo/ Noch eines ſaͤugelings inkuͤnfftig werden froh. Die froͤmmigkeit iſt hin/ die alte treu und tugend/ Die er erwieſe bald in ſeiner zarten jugend Mit unverzagtem muth und tapffrer kriegeshand: Es dorffte keiner ihm thun kuͤhnlich widerſtand Ohn ſtoͤſſen/ beydes wenn er ſich zu fuſſe ſchluge/ Und wenn er ſich zu roß gebrauchen ließ im zuge. O armer juͤngeling/ wenn du des todes netz Doch koͤnteſt reiſſen durch und brechen das geſetz Der fruͤhen ſterbens noth? Du biſt Marcell geheiſſen/ Der du der tugend dich wirſt aͤmbſtglich befleiſſen. Gebt lilgenblumen her und roſen/ die ich ſtreu Auff meines enckels grab/ des geiſt gezieret ſey Mit ſolcherley geſchenck; Doch iſt der dienſt vergebens! Dieweil er nicht mehr hat empfindnuͤß ſeines lebens. So ſtrichen ſie heruͤmm in feldern weit und breit Und ſahen alles durch mit gnauer merckſamkeit. Nach
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Das Sechſte Buch.
Haͤtt ſollen ſeyn alhier/ ſo wuͤrde Rom euch deuchten/
Ihr Goͤtter/ gar zu groß und in die augen leuchten.
Mit was fuͤr ſeufftzen wird das voͤlcklein von dem feld
Bis in des Martis ſtadt begleiten dieſen held?
Was wirſt du/ Tyberſtrom/ fuͤr eine leiche ſehen?
Wie wirſt du gantz beſtuͤrtzt mit deinen fluten ſtehen/
Wenn du wirſt flieſſen hin bey dem noch neuen grab?
Es wird von Troer volck auch nicht ein einger knab
Den Roͤmſchen eltern ſo beruͤhmte hoffnung bringen/
Noch ſo nach ehr und ruhm mit vollem eyffer ringen/
Es wird ſich Rom auch nicht erheben koͤnnen ſo/
Noch eines ſaͤugelings inkuͤnfftig werden froh.
Die froͤmmigkeit iſt hin/ die alte treu und tugend/
Die er erwieſe bald in ſeiner zarten jugend
Mit unverzagtem muth und tapffrer kriegeshand:
Es dorffte keiner ihm thun kuͤhnlich widerſtand
Ohn ſtoͤſſen/ beydes wenn er ſich zu fuſſe ſchluge/
Und wenn er ſich zu roß gebrauchen ließ im zuge.
O armer juͤngeling/ wenn du des todes netz
Doch koͤnteſt reiſſen durch und brechen das geſetz
Der fruͤhen ſterbens noth? Du biſt Marcell geheiſſen/
Der du der tugend dich wirſt aͤmbſtglich befleiſſen.
Gebt lilgenblumen her und roſen/ die ich ſtreu
Auff meines enckels grab/ des geiſt gezieret ſey
Mit ſolcherley geſchenck; Doch iſt der dienſt vergebens!
Dieweil er nicht mehr hat empfindnuͤß ſeines lebens.
So ſtrichen ſie heruͤmm in feldern weit und breit
Und ſahen alles durch mit gnauer merckſamkeit.
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