Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Zwölffte Buch. Und sehn dem fechten zu. Ich wil mit meinen waffenDie allgemeine schand selbst aus dem wege schaffen. Wil dieses gehen nicht/ und ich sol büssen ein/ So mag er über die Latiner könig seyn. Die mögen fühlen dann sein joch und dienstbeschwerden/ Und mag Lavinia zum ehgemahl ihm werden. Der könig brachte drauff sein antwort glimpfflich ein/ Und wolte gerne sehn dem werck gerahten seyn. O tapffrer jüngeling/ wie weit du andern gehest An muht und tugend für/ und auf dem sinn bestehest/ Des sonderbaren streits; Umb so viel mehr wil mir Der sachen wichtigkeit obliegen nach gebühr/ Daß ich mit reiffem raht dieselbe vor betrachte/ Und unterschiedliche zufälle sorgsam achte: Dein vater Daunus hat gelassen dir ein reich/ Das diesem unserm ist an macht und ansehn gleich; Hast land und städte gnung/ die du mit deiner stärcke Und faust erobert hast; Es sind dir/ wie ich mercke/ Die leute wolgeneigt/ und haben grosses gut; Es sind mehr fräwelein von edlem stamm und muth Im Laurentiner kreiß/ die dir nicht übel solten Anstehen/ wenn es so die götter schicken wolten: Laß mich dis sagen frey ohn trug und arge list/ Was dir nicht angenehm vielleicht zu hören ist/ Und sey auf meine red zu mercken unverdrossen/ Es war im götter-raht vorsehen und beschlossen/ Es solte keiner je/ der/ eh Eneas kam/ Umb meine tochter warb/ seyn dero bräutigam. Diß P p 5
Das Zwoͤlffte Buch. Und ſehn dem fechten zu. Ich wil mit meinen waffenDie allgemeine ſchand ſelbſt aus dem wege ſchaffen. Wil dieſes gehen nicht/ und ich ſol buͤſſen ein/ So mag er uͤber die Latiner koͤnig ſeyn. Die moͤgen fuͤhlen dann ſein joch und dienſtbeſchwerden/ Und mag Lavinia zum ehgemahl ihm werden. Der koͤnig brachte drauff ſein antwort glimpfflich ein/ Und wolte gerne ſehn dem werck gerahten ſeyn. O tapffrer juͤngeling/ wie weit du andern geheſt An muht und tugend fuͤr/ und auf dem ſinn beſteheſt/ Des ſonderbaren ſtreits; Umb ſo viel mehr wil mir Der ſachen wichtigkeit obliegen nach gebuͤhr/ Daß ich mit reiffem raht dieſelbe vor betrachte/ Und unterſchiedliche zufaͤlle ſorgſam achte: Dein vater Daunus hat gelaſſen dir ein reich/ Das dieſem unſerm iſt an macht und anſehn gleich; Haſt land und ſtaͤdte gnung/ die du mit deiner ſtaͤrcke Und fauſt erobert haſt; Es ſind dir/ wie ich mercke/ Die leute wolgeneigt/ und haben groſſes gut; Es ſind mehr fraͤwelein von edlem ſtamm und muth Im Laurentiner kreiß/ die dir nicht uͤbel ſolten Anſtehen/ wenn es ſo die goͤtter ſchicken wolten: Laß mich dis ſagen frey ohn trug und arge liſt/ Was dir nicht angenehm vielleicht zu hoͤren iſt/ Und ſey auf meine red zu mercken unverdroſſen/ Es war im goͤtter-raht vorſehen und beſchloſſen/ Es ſolte keiner je/ der/ eh Eneas kam/ Umb meine tochter warb/ ſeyn dero braͤutigam. Diß P p 5
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Das Zwoͤlffte Buch.
Und ſehn dem fechten zu. Ich wil mit meinen waffen
Die allgemeine ſchand ſelbſt aus dem wege ſchaffen.
Wil dieſes gehen nicht/ und ich ſol buͤſſen ein/
So mag er uͤber die Latiner koͤnig ſeyn.
Die moͤgen fuͤhlen dann ſein joch und dienſtbeſchwerden/
Und mag Lavinia zum ehgemahl ihm werden.
Der koͤnig brachte drauff ſein antwort glimpfflich ein/
Und wolte gerne ſehn dem werck gerahten ſeyn.
O tapffrer juͤngeling/ wie weit du andern geheſt
An muht und tugend fuͤr/ und auf dem ſinn beſteheſt/
Des ſonderbaren ſtreits; Umb ſo viel mehr wil mir
Der ſachen wichtigkeit obliegen nach gebuͤhr/
Daß ich mit reiffem raht dieſelbe vor betrachte/
Und unterſchiedliche zufaͤlle ſorgſam achte:
Dein vater Daunus hat gelaſſen dir ein reich/
Das dieſem unſerm iſt an macht und anſehn gleich;
Haſt land und ſtaͤdte gnung/ die du mit deiner ſtaͤrcke
Und fauſt erobert haſt; Es ſind dir/ wie ich mercke/
Die leute wolgeneigt/ und haben groſſes gut;
Es ſind mehr fraͤwelein von edlem ſtamm und muth
Im Laurentiner kreiß/ die dir nicht uͤbel ſolten
Anſtehen/ wenn es ſo die goͤtter ſchicken wolten:
Laß mich dis ſagen frey ohn trug und arge liſt/
Was dir nicht angenehm vielleicht zu hoͤren iſt/
Und ſey auf meine red zu mercken unverdroſſen/
Es war im goͤtter-raht vorſehen und beſchloſſen/
Es ſolte keiner je/ der/ eh Eneas kam/
Umb meine tochter warb/ ſeyn dero braͤutigam.
Diß
P p 5
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