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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Zwölffte Buch.
Er rauschet durch die lufft/ und fleugt also geschwinde
Hindurch/ daß man sein nicht gewahr wird/ wie der
so fuhr die tochter gleich der düster-finstern nacht (winde:
Zur erden/ Als sie sah des Turni kriegesmacht/
Wie auch der Troerheer/ und auf das lager kommen/
Da hat sie die gestalt der nachteul angeuommen/
Die etwan gegen nacht sitzt auf den gräberen
Und häusern/ welche wüst und unbewohnet stehn/
Und hebt in düstrer dufft beschwerlich anzuschreyen/
Daß sich die sterblichen deßwegen offtmahls schewen;
In solches vogelbild verwandelt und verstellt
Kam dieses ungeheur geflogen in das feld/
Und schwebte Turno für den augen hin und wieder/
Und schlug ihn an den schild mit rauschendem gefieder/
Da wurd ihm sein gebein für angst so schlottrig gar/
Daß ihm zu berge stund für grausen haut und haar:
Und kunte nicht ein wort fürbringen für erstarren.
Juturna/ als sie noch vom weiten solches knarren
Und flügelrauschen kannt der höllschen wüterin/
Zerriss sie ihre haar aus toll-erhitztem sinn/
Zerkratzt das angesicht mit nägelen sehr häßlich
Und schlug an ihre brust mit fäusten roh und gräßlich/
Und sprach: Wie kan ich dir/ mein bruder/ stehen bey?
Ich armes weib bin ja/ nicht mehr/ wie vorhin/ frey.
Was hab ich übrig noch für mittel und gewalten?
Mit was behendigkeit kan ich dich nun erhalten
Beim lehen/ wie mag ich verlängern deine zeit?
Kan ich begegnen wol der starcken wütigkeit
Des
Das Zwoͤlffte Buch.
Er rauſchet durch die lufft/ und fleugt alſo geſchwinde
Hindurch/ daß man ſein nicht gewahr wird/ wie der
ſo fuhr die tochter gleich der duͤſter-finſtern nacht (winde:
Zur erden/ Als ſie ſah des Turni kriegesmacht/
Wie auch der Troerheer/ und auf das lager kommen/
Da hat ſie die geſtalt der nachteul angeuommen/
Die etwan gegen nacht ſitzt auf den graͤberen
Und haͤuſern/ welche wuͤſt und unbewohnet ſtehn/
Und hebt in duͤſtrer dufft beſchwerlich anzuſchreyen/
Daß ſich die ſterblichen deßwegen offtmahls ſchewen;
In ſolches vogelbild verwandelt und verſtellt
Kam dieſes ungeheur geflogen in das feld/
Und ſchwebte Turno fuͤr den augen hin und wieder/
Und ſchlug ihn an den ſchild mit rauſchendem gefieder/
Da wurd ihm ſein gebein fuͤr angſt ſo ſchlottrig gar/
Daß ihm zu berge ſtund fuͤr grauſen haut und haar:
Und kunte nicht ein wort fuͤrbringen fuͤr erſtarren.
Juturna/ als ſie noch vom weiten ſolches knarren
Und fluͤgelrauſchen kannt der hoͤllſchen wuͤterin/
Zerriſſ ſie ihre haar aus toll-erhitztem ſinn/
Zerkratzt das angeſicht mit naͤgelen ſehr haͤßlich
Und ſchlug an ihre bruſt mit faͤuſten roh und graͤßlich/
Und ſprach: Wie kan ich dir/ mein bruder/ ſtehen bey?
Ich armes weib bin ja/ nicht mehr/ wie vorhin/ frey.
Was hab ich uͤbrig noch fuͤr mittel und gewalten?
Mit was behendigkeit kan ich dich nun erhalten
Beim lehen/ wie mag ich verlaͤngern deine zeit?
Kan ich begegnen wol der ſtarcken wuͤtigkeit
Des
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[662/0684] Das Zwoͤlffte Buch. Er rauſchet durch die lufft/ und fleugt alſo geſchwinde Hindurch/ daß man ſein nicht gewahr wird/ wie der ſo fuhr die tochter gleich der duͤſter-finſtern nacht (winde: Zur erden/ Als ſie ſah des Turni kriegesmacht/ Wie auch der Troerheer/ und auf das lager kommen/ Da hat ſie die geſtalt der nachteul angeuommen/ Die etwan gegen nacht ſitzt auf den graͤberen Und haͤuſern/ welche wuͤſt und unbewohnet ſtehn/ Und hebt in duͤſtrer dufft beſchwerlich anzuſchreyen/ Daß ſich die ſterblichen deßwegen offtmahls ſchewen; In ſolches vogelbild verwandelt und verſtellt Kam dieſes ungeheur geflogen in das feld/ Und ſchwebte Turno fuͤr den augen hin und wieder/ Und ſchlug ihn an den ſchild mit rauſchendem gefieder/ Da wurd ihm ſein gebein fuͤr angſt ſo ſchlottrig gar/ Daß ihm zu berge ſtund fuͤr grauſen haut und haar: Und kunte nicht ein wort fuͤrbringen fuͤr erſtarren. Juturna/ als ſie noch vom weiten ſolches knarren Und fluͤgelrauſchen kannt der hoͤllſchen wuͤterin/ Zerriſſ ſie ihre haar aus toll-erhitztem ſinn/ Zerkratzt das angeſicht mit naͤgelen ſehr haͤßlich Und ſchlug an ihre bruſt mit faͤuſten roh und graͤßlich/ Und ſprach: Wie kan ich dir/ mein bruder/ ſtehen bey? Ich armes weib bin ja/ nicht mehr/ wie vorhin/ frey. Was hab ich uͤbrig noch fuͤr mittel und gewalten? Mit was behendigkeit kan ich dich nun erhalten Beim lehen/ wie mag ich verlaͤngern deine zeit? Kan ich begegnen wol der ſtarcken wuͤtigkeit Des

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/684>, abgerufen am 22.11.2024.