Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Beschreibung der Banqven. Halle (Saale) u. a., 1717.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XV. Capitel
sung und Veranstaltung in einem Lande auff ein solches papiernes Nego-
cium
machen wolte/ das finde ich gar unzuläßig/ es wäre denn/ daß die
höchste Nothwendigkeit und pressanteste Noth solches erforderte/ da es
sich/ wie an nachgesetzten Königl. Dänischen Edict zu ersehen/ tempore
calamitoso belli
noch etlicher massen entschuldigen läst/ weil alsdann
aus der Noth eine Tugend muß gemacht werden/ und ein ieder ohne
dem persvadirt ist/ daß ein sonst gütiger Landes-Vater so wenig/ als ein
Medicus zu bedencklichen und gefährlichen Medicinen würde geschritten
seyn/ wann es nicht der Status des Staats und natürlichen Cörpers al-
so erfordert hätte. Jndessen sollen doch alle Rent- und Financien-Cam-
mern dahin bedacht seyn/ bey Zeiten zu prospiciren/ daß es zu solchen
Extremitäten mit ihnen nicht kommen dörffte. Sie solten zu solchem
Ende ihren und des Landes Credit dergestalt menagiren/ daß man zu
denselbigen in andringenden Nothfällen seinen Recurs haben/ und nicht
solche violente Remedia oder der Juden und anderer Wucherer/ die
nicht als zu hoher Interesse dem Lande dienen/ ihre Hülffe ergreiffen
dörffte; Es würde aber solcher Credit erhalten werden können/ wann
ohne einige Chicane man die bey solchen Rent- und Financien-Cammern
verfallene Obligationes prompte und auff den Tag ihres Verfalls/
gleich denen Wechsel-Brieffen praecise und ohne Nehmung einiger Re-
spit-
Tage (wie bey krüppelhafften Kauffleuten gebräuchlich) einlösete/
und niemand gestattete mit dergleichen Rent-Cammer oder Steuer-Ob-
ligationibus
und Scheinen eine Kauffmannschafft oder Actien-Hand-
lung zu treiben/ sondern so der Jnhaber derselben vor ihrer Verfall-Zeit
Geld benöthiget wäre/ daß er sich dißfalls an die Cammer adressiren/
ihr den Nachlaß oder Rabatt zuwenden/ und so gleich seine baare und
prompte Bezahlung dagegen erwarten müste. Hierzu würde nun auch
nicht wenig contribuiren/ wenn man alle Rent-Cammer-Rechnungen/
nach Art des Jtaliänischen Buchhaltens/ in doppelten Posten einrichtete/
die Menage in Cameral-Ausgaben/ Besoldungen und Pensionen best-
möglichst suchte/ und/ welches ein sonderbares Arcanum, in einem confu-
s
en Cammer-Etat zur Richtigkeit zu kommen/ einen Terminum a quo
setzte/ von welchem man anfangen wolte/ alles richtig in der Cammer zu
tractiren/ jede Rechnung und Reliqua ordentlich zu praestiren/ und auch
sich von ihm oder ihnen wieder praestiren zu lassen/ und hierauff/ was
von der vorigen Unordnung noch hinterstellig wäre/ mit guter Gelegen-

heit

Das XV. Capitel
ſung und Veranſtaltung in einem Lande auff ein ſolches papiernes Nego-
cium
machen wolte/ das finde ich gar unzulaͤßig/ es waͤre denn/ daß die
hoͤchſte Nothwendigkeit und preſſanteſte Noth ſolches erforderte/ da es
ſich/ wie an nachgeſetzten Koͤnigl. Daͤniſchen Edict zu erſehen/ tempore
calamitoſo belli
noch etlicher maſſen entſchuldigen laͤſt/ weil alsdann
aus der Noth eine Tugend muß gemacht werden/ und ein ieder ohne
dem perſvadirt iſt/ daß ein ſonſt guͤtiger Landes-Vater ſo wenig/ als ein
Medicus zu bedencklichen und gefaͤhrlichen Medicinen wuͤrde geſchritten
ſeyn/ wann es nicht der Status des Staats und natuͤrlichen Coͤrpers al-
ſo erfordert haͤtte. Jndeſſen ſollen doch alle Rent- und Financien-Cam-
mern dahin bedacht ſeyn/ bey Zeiten zu proſpiciren/ daß es zu ſolchen
Extremitaͤten mit ihnen nicht kommen doͤrffte. Sie ſolten zu ſolchem
Ende ihren und des Landes Credit dergeſtalt menagiren/ daß man zu
denſelbigen in andringenden Nothfaͤllen ſeinen Recurs haben/ und nicht
ſolche violente Remedia oder der Juden und anderer Wucherer/ die
nicht als zu hoher Intereſſe dem Lande dienen/ ihre Huͤlffe ergreiffen
doͤrffte; Es wuͤrde aber ſolcher Credit erhalten werden koͤnnen/ wann
ohne einige Chicane man die bey ſolchen Rent- und Financien-Cam̃ern
verfallene Obligationes prompte und auff den Tag ihres Verfalls/
gleich denen Wechſel-Brieffen præciſe und ohne Nehmung einiger Re-
ſpit-
Tage (wie bey kruͤppelhafften Kauffleuten gebraͤuchlich) einloͤſete/
und niemand geſtattete mit dergleichen Rent-Cammer oder Steuer-Ob-
ligationibus
und Scheinen eine Kauffmannſchafft oder Actien-Hand-
lung zu treiben/ ſondern ſo der Jnhaber derſelben vor ihrer Verfall-Zeit
Geld benoͤthiget waͤre/ daß er ſich dißfalls an die Cammer adreſſiren/
ihr den Nachlaß oder Rabatt zuwenden/ und ſo gleich ſeine baare und
prompte Bezahlung dagegen erwarten muͤſte. Hierzu wuͤrde nun auch
nicht wenig contribuiren/ wenn man alle Rent-Cammer-Rechnungen/
nach Art des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens/ in doppelten Poſten einrichtete/
die Menage in Cameral-Ausgaben/ Beſoldungen und Penſionen beſt-
moͤglichſt ſuchte/ und/ welches ein ſonderbares Arcanum, in einem confu-
ſ
en Cammer-Etat zur Richtigkeit zu kommen/ einen Terminum a quo
ſetzte/ von welchem man anfangen wolte/ alles richtig in der Cammer zu
tractiren/ jede Rechnung und Reliqua ordentlich zu præſtiren/ und auch
ſich von ihm oder ihnen wieder præſtiren zu laſſen/ und hierauff/ was
von der vorigen Unordnung noch hinterſtellig waͤre/ mit guter Gelegen-

heit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0340" n="320"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XV.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
&#x017F;ung und Veran&#x017F;taltung in einem Lande auff ein &#x017F;olches papiernes <hi rendition="#aq">Nego-<lb/>
cium</hi> machen wolte/ das finde ich gar unzula&#x0364;ßig/ es wa&#x0364;re denn/ daß die<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te Nothwendigkeit und <hi rendition="#aq">pre&#x017F;&#x017F;ant</hi>e&#x017F;te Noth &#x017F;olches erforderte/ da es<lb/>
&#x017F;ich/ wie an nachge&#x017F;etzten Ko&#x0364;nigl. Da&#x0364;ni&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Edict</hi> zu er&#x017F;ehen/ <hi rendition="#aq">tempore<lb/>
calamito&#x017F;o belli</hi> noch etlicher ma&#x017F;&#x017F;en ent&#x017F;chuldigen la&#x0364;&#x017F;t/ weil alsdann<lb/>
aus der Noth eine Tugend muß gemacht werden/ und ein ieder ohne<lb/>
dem <hi rendition="#aq">per&#x017F;vad</hi>irt i&#x017F;t/ daß ein &#x017F;on&#x017F;t gu&#x0364;tiger Landes-Vater &#x017F;o wenig/ als ein<lb/><hi rendition="#aq">Medicus</hi> zu bedencklichen und gefa&#x0364;hrlichen <hi rendition="#aq">Medicin</hi>en wu&#x0364;rde ge&#x017F;chritten<lb/>
&#x017F;eyn/ wann es nicht der <hi rendition="#aq">Status</hi> des Staats und natu&#x0364;rlichen Co&#x0364;rpers al-<lb/>
&#x017F;o erfordert ha&#x0364;tte. Jnde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen doch alle Rent- und <hi rendition="#aq">Financ</hi>ien-Cam-<lb/>
mern dahin bedacht &#x017F;eyn/ bey Zeiten zu <hi rendition="#aq">pro&#x017F;pic</hi>iren/ daß es zu &#x017F;olchen<lb/><hi rendition="#aq">Extremit</hi>a&#x0364;ten mit ihnen nicht kommen do&#x0364;rffte. Sie &#x017F;olten zu &#x017F;olchem<lb/>
Ende ihren und des Landes <hi rendition="#aq">Credit</hi> derge&#x017F;talt <hi rendition="#aq">menag</hi>iren/ daß man zu<lb/>
den&#x017F;elbigen in andringenden Nothfa&#x0364;llen &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Recurs</hi> haben/ und nicht<lb/>
&#x017F;olche <hi rendition="#aq">violent</hi>e <hi rendition="#aq">Remedia</hi> oder der Juden und anderer Wucherer/ die<lb/>
nicht als zu hoher <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> dem Lande dienen/ ihre Hu&#x0364;lffe ergreiffen<lb/>
do&#x0364;rffte; Es wu&#x0364;rde aber &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">Credit</hi> erhalten werden ko&#x0364;nnen/ wann<lb/>
ohne einige <hi rendition="#aq">Chicane</hi> man die bey &#x017F;olchen Rent- und <hi rendition="#aq">Financi</hi>en-Cam&#x0303;ern<lb/>
verfallene <hi rendition="#aq">Obligationes prompte</hi> und auff den Tag ihres Verfalls/<lb/>
gleich denen Wech&#x017F;el-Brieffen <hi rendition="#aq">præci&#x017F;e</hi> und ohne Nehmung einiger <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
&#x017F;pit-</hi>Tage (wie bey kru&#x0364;ppelhafften Kauffleuten gebra&#x0364;uchlich) einlo&#x0364;&#x017F;ete/<lb/>
und niemand ge&#x017F;tattete mit dergleichen Rent-Cammer oder Steuer-<hi rendition="#aq">Ob-<lb/>
ligationibus</hi> und Scheinen eine Kauffmann&#x017F;chafft oder <hi rendition="#aq">Act</hi>ien-Hand-<lb/>
lung zu treiben/ &#x017F;ondern &#x017F;o der Jnhaber der&#x017F;elben vor ihrer Verfall-Zeit<lb/>
Geld beno&#x0364;thiget wa&#x0364;re/ daß er &#x017F;ich dißfalls an die Cammer <hi rendition="#aq">adre&#x017F;&#x017F;i</hi>ren/<lb/>
ihr den Nachlaß oder <hi rendition="#aq">Rabatt</hi> zuwenden/ und &#x017F;o gleich &#x017F;eine baare und<lb/><hi rendition="#aq">prompte</hi> Bezahlung dagegen erwarten mu&#x0364;&#x017F;te. Hierzu wu&#x0364;rde nun auch<lb/>
nicht wenig <hi rendition="#aq">contribu</hi>iren/ wenn man alle Rent-Cammer-Rechnungen/<lb/>
nach Art des Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen Buchhaltens/ in doppelten Po&#x017F;ten einrichtete/<lb/>
die <hi rendition="#aq">Menage</hi> in <hi rendition="#aq">Cameral-</hi>Ausgaben/ Be&#x017F;oldungen und <hi rendition="#aq">Pen&#x017F;io</hi>nen be&#x017F;t-<lb/>
mo&#x0364;glich&#x017F;t &#x017F;uchte/ und/ welches ein &#x017F;onderbares <hi rendition="#aq">Arcanum,</hi> in einem <hi rendition="#aq">confu-<lb/>
&#x017F;</hi>en Cammer-<hi rendition="#aq">Etat</hi> zur Richtigkeit zu kommen/ einen <hi rendition="#aq">Terminum a quo</hi><lb/>
&#x017F;etzte/ von welchem man anfangen wolte/ alles richtig in der Cammer zu<lb/><hi rendition="#aq">tract</hi>iren/ jede Rechnung und <hi rendition="#aq">Reliqua</hi> ordentlich zu <hi rendition="#aq">præ&#x017F;t</hi>iren/ und auch<lb/>
&#x017F;ich von ihm oder ihnen wieder <hi rendition="#aq">præ&#x017F;t</hi>iren zu la&#x017F;&#x017F;en/ und hierauff/ was<lb/>
von der vorigen Unordnung noch hinter&#x017F;tellig wa&#x0364;re/ mit guter Gelegen-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0340] Das XV. Capitel ſung und Veranſtaltung in einem Lande auff ein ſolches papiernes Nego- cium machen wolte/ das finde ich gar unzulaͤßig/ es waͤre denn/ daß die hoͤchſte Nothwendigkeit und preſſanteſte Noth ſolches erforderte/ da es ſich/ wie an nachgeſetzten Koͤnigl. Daͤniſchen Edict zu erſehen/ tempore calamitoſo belli noch etlicher maſſen entſchuldigen laͤſt/ weil alsdann aus der Noth eine Tugend muß gemacht werden/ und ein ieder ohne dem perſvadirt iſt/ daß ein ſonſt guͤtiger Landes-Vater ſo wenig/ als ein Medicus zu bedencklichen und gefaͤhrlichen Medicinen wuͤrde geſchritten ſeyn/ wann es nicht der Status des Staats und natuͤrlichen Coͤrpers al- ſo erfordert haͤtte. Jndeſſen ſollen doch alle Rent- und Financien-Cam- mern dahin bedacht ſeyn/ bey Zeiten zu proſpiciren/ daß es zu ſolchen Extremitaͤten mit ihnen nicht kommen doͤrffte. Sie ſolten zu ſolchem Ende ihren und des Landes Credit dergeſtalt menagiren/ daß man zu denſelbigen in andringenden Nothfaͤllen ſeinen Recurs haben/ und nicht ſolche violente Remedia oder der Juden und anderer Wucherer/ die nicht als zu hoher Intereſſe dem Lande dienen/ ihre Huͤlffe ergreiffen doͤrffte; Es wuͤrde aber ſolcher Credit erhalten werden koͤnnen/ wann ohne einige Chicane man die bey ſolchen Rent- und Financien-Cam̃ern verfallene Obligationes prompte und auff den Tag ihres Verfalls/ gleich denen Wechſel-Brieffen præciſe und ohne Nehmung einiger Re- ſpit-Tage (wie bey kruͤppelhafften Kauffleuten gebraͤuchlich) einloͤſete/ und niemand geſtattete mit dergleichen Rent-Cammer oder Steuer-Ob- ligationibus und Scheinen eine Kauffmannſchafft oder Actien-Hand- lung zu treiben/ ſondern ſo der Jnhaber derſelben vor ihrer Verfall-Zeit Geld benoͤthiget waͤre/ daß er ſich dißfalls an die Cammer adreſſiren/ ihr den Nachlaß oder Rabatt zuwenden/ und ſo gleich ſeine baare und prompte Bezahlung dagegen erwarten muͤſte. Hierzu wuͤrde nun auch nicht wenig contribuiren/ wenn man alle Rent-Cammer-Rechnungen/ nach Art des Jtaliaͤniſchen Buchhaltens/ in doppelten Poſten einrichtete/ die Menage in Cameral-Ausgaben/ Beſoldungen und Penſionen beſt- moͤglichſt ſuchte/ und/ welches ein ſonderbares Arcanum, in einem confu- ſen Cammer-Etat zur Richtigkeit zu kommen/ einen Terminum a quo ſetzte/ von welchem man anfangen wolte/ alles richtig in der Cammer zu tractiren/ jede Rechnung und Reliqua ordentlich zu præſtiren/ und auch ſich von ihm oder ihnen wieder præſtiren zu laſſen/ und hierauff/ was von der vorigen Unordnung noch hinterſtellig waͤre/ mit guter Gelegen- heit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717/340
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Beschreibung der Banqven. Halle (Saale) u. a., 1717, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717/340>, abgerufen am 22.11.2024.