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Marperger, Paul Jacob: Das Wohl-eingerichtete Seminarium Militare. Dresden, 1724.

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ingleichen sind auch die Einwohner in Dalmatien, Bosnien, Servien und Bul-
garien darzu verbunden, es wäre dann, daß gewisse Familien dadurch befreyet
wären, weil sie mit andern Frohn-Diensten bey Kriegs- und Friedens-Zeiten
dafür beladen seyn, dergleichen unter andern auch diese seyn, die Kayserliche
Pferde auf ihren Weyden zu unterhalten, der Armee Proviant und Bagage
nachzuführen, und was etwan dergleichen Dienste mehr seyn möchten.

Sobald diese also zusamm getriebene Knaben in Constantinopel angelangt,
schliesset man sie in das Serrail ein, daselbst unterrichtet man sie in Lesen und
Schreiben, und in der Türckischen Sprache, lässet sie auch in Kayserlichen Hof-
Garten arbeiten, oder führet sie zu anderer Hand-Arbeit an, und dieses biß in
das 20ste Jahr ihres Alters, da man sie prächtig bekleidet, und alle zu Pferd
nach Hof durch die Stadt führet, worauf sie dann mit allerhand Hof- oder
Kriegs-Chargen, nachdem jeder seiner Leibs- und Verstands-Qualitäten nach,
darzu capable ist, versehen werden, man schneidet ihnen auch alsdann den Zopf
ab, den sie in währender Zeit, da sie in ihren Seminario in den Serail gewesen, vor
denen Ohren haben tragen müssen.

CAPUT III.

Von der Einrichtung der Seminariorum selbst, sowohl dem
Ort als dem Gebäu nach, wo und wie solche solten angeleget werden,
auch was es damit bey denen alten Römern vor eine Beschaf-
fenheit gehabt habe.

VOn diesen nehmlich der alten Römer ihren Seminariis erst zu reden, so
wurden solche ausserhalb der Stadt angeleget, dann also schreibet Ve-
getius Lib. I. Cap. 3. Tyrones plurimum detinendi sunt in Angariis,
proculque habendi a Civitatis illecebris,
die Tyronen oder Kriegs-
Schüler müssen meistentheils in denen vor sie aufgerichteten Gebäuen, (welche
man damahls Angarias nennte) eingeschlossen werden, damit sie von denen Up-
pigkeiten der Städte nicht angesteckt, sondern gar von solchen unbefleckt erhal-
ten werden. Idem lib.3. cap. 16. in Bello qui plus in Angariis vigilaverit plus in
exercendo Milite laboraverit, minus periculum sustinebit,
wer zur Zeit des
Kriegs am meisten in denen Angariis gewachet, und seine untergebene Kriegs-
Schüler am besten geübet hat, der hat sich der wenigsten Gefahr zu befürch-
ten, diese Angarias oder Kriegs-Schul-Gebäude, mit ihren gantzen Jnbegriff,
nennten sie auch Castra Tyronum, Läger- oder Stadt- und Schul-Quartiere
der Kriegs-Schüler, und distinguirten sie dadurch a Castris Militum, von denen

rechten

ingleichen ſind auch die Einwohner in Dalmatien, Boſnien, Servien und Bul-
garien darzu verbunden, es waͤre dann, daß gewiſſe Familien dadurch befreyet
waͤren, weil ſie mit andern Frohn-Dienſten bey Kriegs- und Friedens-Zeiten
dafuͤr beladen ſeyn, dergleichen unter andern auch dieſe ſeyn, die Kayſerliche
Pferde auf ihren Weyden zu unterhalten, der Armée Proviant und Bagage
nachzufuͤhren, und was etwan dergleichen Dienſte mehr ſeyn moͤchten.

Sobald dieſe alſo zuſamm getriebene Knaben in Conſtantinopel angelangt,
ſchlieſſet man ſie in das Serrail ein, daſelbſt unterrichtet man ſie in Leſen und
Schreiben, und in der Tuͤrckiſchen Sprache, laͤſſet ſie auch in Kayſerlichen Hof-
Garten arbeiten, oder fuͤhret ſie zu anderer Hand-Arbeit an, und dieſes biß in
das 20ſte Jahr ihres Alters, da man ſie praͤchtig bekleidet, und alle zu Pferd
nach Hof durch die Stadt fuͤhret, worauf ſie dann mit allerhand Hof- oder
Kriegs-Chargen, nachdem jeder ſeiner Leibs- und Verſtands-Qualitaͤten nach,
darzu capable iſt, verſehen werden, man ſchneidet ihnen auch alsdann den Zopf
ab, den ſie in waͤhrender Zeit, da ſie in ihren Seminario in den Serail geweſen, vor
denen Ohren haben tragen muͤſſen.

CAPUT III.

Von der Einrichtung der Seminariorum ſelbſt, ſowohl dem
Ort als dem Gebaͤu nach, wo und wie ſolche ſolten angeleget werden,
auch was es damit bey denen alten Roͤmern vor eine Beſchaf-
fenheit gehabt habe.

VOn dieſen nehmlich der alten Roͤmer ihren Seminariis erſt zu reden, ſo
wurden ſolche auſſerhalb der Stadt angeleget, dann alſo ſchreibet Ve-
getius Lib. I. Cap. 3. Tyrones plurimum detinendi ſunt in Angariis,
proculque habendi â Civitatis illecebris,
die Tyronen oder Kriegs-
Schuͤler muͤſſen meiſtentheils in denen vor ſie aufgerichteten Gebaͤuen, (welche
man damahls Angarias nennte) eingeſchloſſen werden, damit ſie von denen Up-
pigkeiten der Staͤdte nicht angeſteckt, ſondern gar von ſolchen unbefleckt erhal-
ten werden. Idem lib.3. cap. 16. in Bello qui plus in Angariis vigilaverit plus in
exercendo Milite laboraverit, minus periculum ſuſtinebit,
wer zur Zeit des
Kriegs am meiſten in denen Angariis gewachet, und ſeine untergebene Kriegs-
Schuͤler am beſten geuͤbet hat, der hat ſich der wenigſten Gefahr zu befuͤrch-
ten, dieſe Angarias oder Kriegs-Schul-Gebaͤude, mit ihren gantzen Jnbegriff,
nennten ſie auch Caſtra Tyronum, Laͤger- oder Stadt- und Schul-Quartiere
der Kriegs-Schuͤler, und diſtinguirten ſie dadurch a Caſtris Militum, von denen

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[32/0032] ingleichen ſind auch die Einwohner in Dalmatien, Boſnien, Servien und Bul- garien darzu verbunden, es waͤre dann, daß gewiſſe Familien dadurch befreyet waͤren, weil ſie mit andern Frohn-Dienſten bey Kriegs- und Friedens-Zeiten dafuͤr beladen ſeyn, dergleichen unter andern auch dieſe ſeyn, die Kayſerliche Pferde auf ihren Weyden zu unterhalten, der Armée Proviant und Bagage nachzufuͤhren, und was etwan dergleichen Dienſte mehr ſeyn moͤchten. Sobald dieſe alſo zuſamm getriebene Knaben in Conſtantinopel angelangt, ſchlieſſet man ſie in das Serrail ein, daſelbſt unterrichtet man ſie in Leſen und Schreiben, und in der Tuͤrckiſchen Sprache, laͤſſet ſie auch in Kayſerlichen Hof- Garten arbeiten, oder fuͤhret ſie zu anderer Hand-Arbeit an, und dieſes biß in das 20ſte Jahr ihres Alters, da man ſie praͤchtig bekleidet, und alle zu Pferd nach Hof durch die Stadt fuͤhret, worauf ſie dann mit allerhand Hof- oder Kriegs-Chargen, nachdem jeder ſeiner Leibs- und Verſtands-Qualitaͤten nach, darzu capable iſt, verſehen werden, man ſchneidet ihnen auch alsdann den Zopf ab, den ſie in waͤhrender Zeit, da ſie in ihren Seminario in den Serail geweſen, vor denen Ohren haben tragen muͤſſen. CAPUT III. Von der Einrichtung der Seminariorum ſelbſt, ſowohl dem Ort als dem Gebaͤu nach, wo und wie ſolche ſolten angeleget werden, auch was es damit bey denen alten Roͤmern vor eine Beſchaf- fenheit gehabt habe. VOn dieſen nehmlich der alten Roͤmer ihren Seminariis erſt zu reden, ſo wurden ſolche auſſerhalb der Stadt angeleget, dann alſo ſchreibet Ve- getius Lib. I. Cap. 3. Tyrones plurimum detinendi ſunt in Angariis, proculque habendi â Civitatis illecebris, die Tyronen oder Kriegs- Schuͤler muͤſſen meiſtentheils in denen vor ſie aufgerichteten Gebaͤuen, (welche man damahls Angarias nennte) eingeſchloſſen werden, damit ſie von denen Up- pigkeiten der Staͤdte nicht angeſteckt, ſondern gar von ſolchen unbefleckt erhal- ten werden. Idem lib.3. cap. 16. in Bello qui plus in Angariis vigilaverit plus in exercendo Milite laboraverit, minus periculum ſuſtinebit, wer zur Zeit des Kriegs am meiſten in denen Angariis gewachet, und ſeine untergebene Kriegs- Schuͤler am beſten geuͤbet hat, der hat ſich der wenigſten Gefahr zu befuͤrch- ten, dieſe Angarias oder Kriegs-Schul-Gebaͤude, mit ihren gantzen Jnbegriff, nennten ſie auch Caſtra Tyronum, Laͤger- oder Stadt- und Schul-Quartiere der Kriegs-Schuͤler, und diſtinguirten ſie dadurch a Caſtris Militum, von denen rechten

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Das Wohl-eingerichtete Seminarium Militare. Dresden, 1724, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_militare_1724/32>, abgerufen am 26.04.2024.